2152/J XXVII. GP
Eingelangt am 28.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Michael Seemayer, Nurten Yilmaz
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend: Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde
Ab 1. Jänner 2021 wird die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) die Rechtsberatung im Asylverfahren übernehmen. Bislang wurde die Rechtsberatung von unabhängigen Nichtregierungsorganisation, nämlich der ARGE Rechtsberatung (Volkshilfe und Diakonie) und dem Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) durchgeführt. Der neuen Regelung wird von UNHCR, RichterInnen, RechtsanwältInnen, führenden Verfassungs- und VölkerrechtsprofessorInnen uvm. die Aushöhlung des Rechtsstaates vorgeworfen. Besonders gefährdet sehen die ExpertInnen die Unabhängigkeit der Rechtsberatung, da diese dann im direkten Einflussbereich des Bundesminister für Inneres steht, dem auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl untersteht. Zudem sind viele zentrale Fragen, die aus dem Gesetzesentwurf und den entsprechenden Materialien herausgehen, bislang nicht hinreichend beantwortet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Wie
hoch sind derzeit in der Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde die Pauschalbeträge
pro Fall für die Beratung, aufgelistet nach den Teilkategorien?
2. Wie
hoch sind derzeit in der Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde die Pauschalbeträge
pro Fall für eine Vertretung, aufgelistet nach den Teilkategorien?
3. Wie
hoch sind derzeit in der Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde die
Pauschalbeträge pro Fall für eine Verhandlung?
4. Wie
sind die Pauschalbeträge hinsichtlich der Reduktionsstufe gestaffelt?
5. Wie
werden die Pauschalbeträge ausgelöst? Wird bei jeder Beratung (auch
Folgeberatung) ein Pauschalbetrag fällig?
6. Wie
hoch sind derzeit die gesamten Kosten der Rechtsberatung für
Asylwerbende/Fremde pro Fall, aufgelistet nach den einzelnen Teilkategorien von
Beginn bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens?
7. Wie
hoch sind derzeit die gesamten Kosten der Rechtsberatung für
Asylwebende/Fremde pro Fall, aufgelistet nach den einzelnen Teilkategorien von
Beginn des zweitinstanzlichen Verfahrens bis zu dessen Abschluss?
8. Falls derzeit bei einer Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde DolmetscherInnen benötigt werden, wer trägt diese Kosten? Sind diese Kosten bereits in den Pauschalbeträgen inkludiert?
9. Aus
welchen Faktoren setzen sich die Pauschalbeträge im jeweiligen Verfahren
zusammen?
a.) Wie schlüsseln sich die Kosten innerhalb einer
Pauschale auf?
b.) Welche Leistungen sind inkludiert?
10. Wie hoch werden die gesamten Kosten (inkl. aller Kosten wie etwa Personalkosten, Infrastrukturkosten, Fahrtkosten, DolmetscherInnenkosten, Verwaltungskosten, etc.) der Rechtsberatung für Asylwerber/Fremde pro Fall, aufgelistet nach den einzelnen Teilkategorien für die BBU von Beginn bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, veranschlagt?
11. Wie hoch werden die gesamten Kosten (inkl. aller Kosten wie etwa Personalkosten, Infrastrukturkosten, Fahrtkosten, Sachkosten, DolmetscherInnenkosten, Verwaltungskosten, etc.) der Rechtsberatung für Asylwerber/Fremde pro Fall, aufgelistet nach den einzelnen Teilkategorien für die BBU von Beginn des zweitinstanzlichen Verfahrens bis zu dessen Ende, veranschlagt?
12. a.) Wie hoch wird der durchschnittliche Zeitaufwand in der Rechtsberatung der BBU pro Fall für eine Beratung veranschlagt?
b.) Welche Arbeitsschritte, wie etwa das Studium umfassender Länderberichte, Verfassen von Stellungnahmen, Vorbereitung zur Verhandlung, wurden bei der Festsetzung des Zeitaufwandes berücksichtigt?
13. a.) Wie hoch wird der durchschnittliche Zeitaufwand in der Rechtsberatung der BBU pro Fall für eine Vertretung veranschlagt?
b.) Welche Arbeitsschritte wie etwa das Studium der Bescheide und Länderinformationen, Beratungsgespräch, verfassen von Beschwerden, etc wurde bei der Festsetzung des Zeitaufwandes berücksichtigt?
14. a.) Welche Faktoren wurden bei der Kostenberechnung berücksichtigt?
b.) Wie schlüsseln sich die Kosten auf?
c.) Welche Leistungen sind inkludiert?
15. Wie viele DolmetscherInnen, aufgelistet nach Sprachen und Standorten, werden der BBU insgesamt zur Verfügung stehen (aufgelistet nach den einzelnen Standorten) ?
16. In
welchen Bereichen der Rechtsberatung wird mit Kostenersparnissen gerechnet? Wo
nicht?
17. Ab
wann rechnen Sie mit dieser Kostenersparnis?
18. Wieviel
Kosten hat der Aufbau der BBU aufgeschlüsselt nach Zuständigkeitsbereichen
seit Inkrafttreten verursacht?
19. a.) Wie
viele RechtsberaterInnen sind in der BBU vorgesehen?
b.) Falls Sie weniger RechtsberaterInnen einstellen werden, als
derzeit beim VMÖ und der ARGE Rechtsberatung zusammen tätig sind,
warum glauben Sie mit weniger RechtsberaterInnen auszukommen?
20. a.)
Werden Sie den MitarbeiterInnen der ARGE Rechtsberatung und des VMÖ
gleichermaßen die Übernahme anbieten?
b.) Wenn ja, welche Kriterien sind hierbei ausschlaggebend?
c.) Gibt es hinsichtlich RechtsberaterInnen, die mit der der
Rechtsberatung in die BBU voraussichtlich ihre Arbeit verlieren, Unterstützung
um die negativen Folgen einzudämmen?
21. Welchem
Ministerium wird die Rechtsberatung zugeordnet?
22. Wird
auch in anderen Rechtsbereichen die Verfahrenshilfe von einer dem Bund unterstehenden
Agentur durchgeführt werden?
23. Mit
welcher Begründung gewährleistet die Eingliederung der Rechtsberatung
für Asylwerbende/Fremde in der BBU im Vergleich zum derzeitigen System
eine Kostenersparnis, kürzere Verfahrensdauern, Optimierung der
Kosteneffizienz und Qualitätssicherung auf hohem Niveau?
24. Wenn
ein/e Asylwerberln trotz vorangehender Aufklärung über die geringen
Erfolgsaussichten eine Beschwerde wünscht, wird diese von der BBU trotzdem
eingebracht?
25. a.) Gab
es bei dem Gesetz, das die Eingliederung der Rechtsberatung in die BBU regelt,
verfassungsrechtliche Bedenken?
b.) Wie wurde die Verfassungsmäßigkeit der Regelung
geprüft?
c.) Wessen Fachexpertisen wurden dabei herangezogen?
26.
a.) Besteht für die Republik durch das
BBU-Einrichtungsgesetz, das die Eingliederung der Rechtsberatung in diese
Bundesagentur regelt, das Risiko eines Vertragsverletzungsverfahrens, wie etwa
die ehemalige Justizministerin und Richterin des EuGH Maria Berger im Standard
vom 15. Oktober 2019 anmerkte?
b.) Wie wurde das Gesetz, das die Eingliederung der
Rechtsberatung in die BBU regelt, an den Vorgaben der EU geprüft?
c.) Wessen Fachexpertisen wurden dabei einbezogen?
27. Im
Standard vom 15. Oktober 2019 war von Seiten des Innenministeriums von mehreren
Bestimmungen im Gesetz die Rede, welche die Unabhängigkeit der
RechtsberaterInnen weiterhin gewähren soll:
a.) Welche Bestimmungen sind das konkret?
b.) Wie kann die Unabhängigkeit der RechtsberaterInnen - abgesehen von derWeisungsfreiheit
- de facto gewährleistet werden?
c.) Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Unabhängigkeit der Rechtsberatung zu stärken?
28. Wie
gewährleisten Sie den geregelten Übergang der offenen Verfahren auf
die BBU und wie wird der ÜÜbergang
der offenen Verfahren auf die BBU aus datenschutzrechtlicher Sicht erfolgen?
29. Wie
hoch wurden die Kosten für einen der offenen Verfahren auf die BBU veranschlagt
und wie setzen sich diese Kosten aufgeschlüsselt nach den einzelnen Posten
zusammen?
30. Welchen
Einfluss haben Sie als Innenminister auf die Rechtsberatung?
a.) Welche Funktion nimmt er in der BBU ein?
b.) Welche Aufgaben hat er innerhalb der BBU zu erfüllen?
c.) Welche Rechte hat er innerhalb der BBU?
31. Welchen
Einfluss haben Sie als Innenminister auf die Auswahl der RechtsberaterInnen und
die Modalitäten bzw. Ausgestaltung der Rechtsberatung?
32. Können
Sie als Innenminister in Ausübung Ihrer Rechte Informationen über
Beratungsinhalte erheben?
33. Wie ist
die im Gesetz festgeschriebene Unabhängigkeit der RechtsberaterInnen mit
der Funktion, den Aufgaben und Rechten des Innenministers innerhalb der BBU und
der Tatsache, dass Sie als Innenminister Oberbehörde des Bundesamtes
für Fremdenwesen und Asyl sind, vereinbar?
34. Sie
haben in Ihrem Regierungsprogramm die Schaffung eines Qualitätsbeirates
zur zusätzlichen Absicherung der Unabhängigkeit der
Rechtsberatung verankert.
a.) Wie und von wem wird dieser Qualitätsbeirat eingesetzt?
b.) Wie stellt sich dieser zusammen?
c.) Welche Aufgaben hat der Qualitätsbeirat?
d.) Welche Rechte hat der Qualitätsbeirat?
e.) Welchen Einfluss hat dieser auf die tatsächliche Arbeit der
RechtsberaterInnen?
f.) Wie sieht die Arbeit des Qualitätsbeirates konkret aus?
g.) Hat dieser lediglich beratende Funktion oder müssen die
Vorgaben verpflichtend umgesetzt werden?
h.) Wann wird es eine diesbezügliche Gesetzesnovelle geben?
35. Wird es eine Gesetzesnovelle zum 2019 beschlossenen BBU-Einrichtungsgesetz geben? Wenn ja wann und mit welchem Inhalt?
36. a.) An
welchem Ort bzw. an welchen Orten werden die Leistungen der Rechtsberatung
erbracht?
b.) Welche Infrastruktur haben Sie für die Koordination der
Rechtsberatung geplant?
37. § 2 Abs. 1 Z 3 BBU-G sieht die Durchführung der Rückkehrberatung und der Rückkehrhilfe vor. Einem Fremden darf nicht Rückkehrberatung oder Rückkehrhilfe und Rechtsberatung von demselben/derselben Beschäftigten der Bundesagentur gewährt werden. Werden in der BBBU RechtsberaterInnen in verschiedenen Fällen auch als RückkehrberaterInnen eingesetzt werden oder ist eine strikte personelle Trennung von RechtberaterInnen einerseits und RückkehrberaterInnen andererseits vorgesehen?