2190/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.05.2020
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Kein Aktenvermerk des Treffens von Hochegger-Anwalt und WKStA-Chefin

 

Die Zeitung „Kurier“ hat am 28.2.2020 folgende Presseaussendung geschalten:

 

Hocheggers Anwalt traf WKStA-Chefin Vrabl-Sanda

 

Amtsmissbrauch? Kein Aktenvermerk der WKStA-Chefin zum Treffen mit Hochegger-Anwalt, Meischberger bringt Anzeige ein

 

Wien (OTS) - Walter Meischberger, Angeklagter in der Buwog-Affäre, hat die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ilse-Maria Vrabl-Sanda angezeigt – und zwar wegen Amtsmissbrauch. Meischberger wirft der Behördenleiterin etwas vor, was kürzlich im Justizministerium für Aufregung gesorgt hat. Sektionschef Christian Pilnacek hatte zwei prominente Beschuldigte in der Casinos-Affäre getroffen. Darüber gibt es einen Aktenvermerk. Von Justizministerin Alma Zadic gab es dennoch eine Weisung, dass solche Treffen künftig zu unterlassen seien. Bei Vrabl-Sanda ist die Sache delikater.

 

Der Anwalt des angeklagten Peter Hochegger hat in einem Brief um ein Treffen mit Vrabl-Sanda gebeten. Das Treffen hat laut Hochegger tatsächlich stattgefunden. Das Problem dabei: Weder der Brief noch das Treffen mit dem Anwalt wurden laut Anzeige von Vrabl-Sanda in dem Akt vermerkt, was aber per Gesetz sein müsste. Auch dass nach Anklage überhaupt ein Treffen stattfand, ist unüblich.

 

 

Ein ausführlicher Artikel erschien am nächsten Tag in der Tageszeitung:

https://www.pressreader.com/austria/kurier-samstag/20200229/281543702964639

 

 

 

Sollten derartige Treffen stattgefunden haben, sind diese Vorgangsweisen der WKSTA äußerst fragwürdig und scharf zu kritisieren. In Anbetracht der laufenden Justizdebatte würde die österreichische Justiz in der Öffentlichkeit weiter Schaden nehmen.  Dass das im Artikel gegenständliche Gespräch zustande gekommen ist, ergeht aus der Aussage des Angeklagten Hochegger, wonach es zeitnah zum 13. Oktober, nämlich am 24. Oktober 2016, um 14.00 Uhr stattgefunden haben soll. Der Terminkalender des Anwaltes von Hochegger liefert hierzu ebenfalls den Hinweis.

 

Hochegger hat vor Gericht unter Wahrheitspflicht folgendes ausgesagt: „Mittlerweile habe ich mit meinem Anwalt telefoniert. […] Er hat mir auch bestätigt, dass es ein Gespräch mit der Leiterin der WKStA gegeben hat. […] Im Rahmen dieses Gespräches hat man über Möglichkeiten gesprochen, die mir offenstehen, wenn ich noch was sagen will.“

 

Welche „Möglichkeiten Hochegger offenstehen“, lag auch ohne eine brisante Besprechung bei der Leiterin der WKStA für jeden Anwalt und den bereits Angeklagten Hochegger auf der Hand, nämlich vor Gericht auszusagen. Deshalb steht der öffentliche Verdacht nahe, dass es bei diesem aufwendig eingefädelten Gespräch noch um andere Inhalte gegangen zu sein scheint, die bis heute nicht ihren Weg zu den Akten gefunden haben. Diesen Verdacht einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit gilt es auszuräumen um weiteren Schaden vom Ansehen der Justiz abzuwenden.

 

Von diesem - möglicherweise rechtswidrigen - Gespräch wurde bis heute kein Aktenvermerk angelegt, obwohl ein solcher jedenfalls gesetzlich verpflichtend wäre und dieser Aktenvermerk bereits vor mehr als zwei Jahren von den Angeklagten gegenüber der WKStA eingemahnt wurde. Sämtliche Briefe blieben unbeantwortet. Eine solche Vorgangsweise verschlechtert zusehends das Ansehen dieser wichtigen Behörde in der Öffentlichkeit.

 

Des Weiteren hat sich der Journalist Florian Klenk in diesem Zusammenhang auf seinen Social-Media-Kanälen damit gebrüstet, von der brisanten Aussage Hocheggers bereits seit Ende 2016 gewusst zu haben. Seine konkrete Twitter-Nachricht vom 20. Dezember 2017, lautete: „Dass Hochegger auspackt, war seit Dezember 2016 in höchsten Justizkreisen bekannt. Ich bekam die Info auch - war aber streng off records.“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Können Sie das Stattfinden dieses Gesprächs am 24. Oktober 2016     bestätigen?

2)    Wenn ja, wer waren die Teilnehmer an dieser Besprechung?

3)    Wenn ja, in welcher Funktion haben die verschiedenen Teilnehmer, darunter Ilse Maria Vrabl-Sanda, an der Besprechung teilgenommen?

4)    Was war der Inhalt dieses Gesprächs?

5)    Hat die Anklagebehörde einem solchen Treffen zugestimmt und wenn ja, warum?

6)    Halten Sie eine derartige Vorgangsweise für richtig im Sinne der gesetzlichen Auslegung?

7)    Sind Ihnen Beschwerden von betroffenen Angeklagten in dieser Sache bekannt?

8)    Hat es schriftliche Hinweise oder Aufforderungen darüber gegeben, den längst fälligen Aktenvermerk über dieses Treffen dem Gerichtsakt beizubringen?

9)    Wenn ja, wann?

10) Wenn ja, welche?

11) Warum wurde von der Behörde dieser wichtige Teil des Aktes bis heute nicht vervollständigt?

12) Hat die WKStA auf Anträge oder Briefe der Betroffenen geantwortet?

13) Wenn nein, warum nicht?

14) Können Sie ausschließen, dass dieses angebliche Wissen nicht mit den Inhalten des zeitnahen Gespräches vom 24.10.2016 in Zusammenhang steht?

15) Ist Ihre Behörde dieser Twitter-Nachricht nachgegangen um in Erfahrung zu bringen, wer diese Information über ein laufendes Strafverfahren an den Journalisten Klenk weitergegeben haben soll?

16) Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser Erhebungen?

17) Wenn nein, warum gab es keine Erhebungen?

18) Werden Sie die Behörde anweisen eine solche Erhebung anzustellen?

19) Haben Sie nach Bekanntwerden des Gespräches vom 24.10.2016 gegenüber der WKStA reagiert?

20) Wenn ja, wie?

21) Wenn nein, warum nicht?

22) Haben Sie seitens Ihrer Behörde die gesetzliche Grundlage eines solchen Treffens untersucht?

23) Haben Sie mögliche Rechts- und Haftungsfolgen für die Republik aus einer derartigen Vorgangsweise erhoben?

24) Wenn ja, zu welchem Schluss sind Sie gekommen?

25) Wenn nein, warum nicht?