2205/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Klaus Köchl,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Stabilität am Lehrstellenmarkt und Sicherung der Lehrstellen trotz Corona-Krise

Die COVID-19-Pandemie und die damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen der Bundesregierung zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus ziehen dramatische wirtschaftliche, bildungspolitische und soziale Auswirkungen nach sich, vor allem auch für Lehrlinge. Im September 2020 droht ein dramatischer Rückgang des Lehrstellenangebots. In einem Antrag in der Nationalratssitzung vom 28. April 2020 wurden daher von der SPÖ bereits vorausschauende Maßnahmen von der Kurz II-Regierung und die Errichtung eines „Corona-Not-Ausbildungsfonds" gefordert. Die zuständigen BundesministerInnen werden im Antrag aufgefordert, umgehend gemeinsam mit den Sozialpartnern ein umfassendes Maßnahmenpaket auszuarbeiten, um den Wegfall tausender Lehrstellen im Herbst zu verhindern. Ein „Corona-Not-Ausbildungsfonds" soll Ausbildungsplätze sichern.

Einerseits müssen Ausbildungsplätze im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung aufgestockt werden. Andererseits müssen auch Betriebe, die trotz die Corona-Krise und wirtschaftlichen Schwierigkeiten Lehrlinge ausbilden, unterstützt werden. Darüber hinaus sind zusätzliche Lehrstellen im staatlichen und staatsnahen Bereich zu schaffen.

Die geltende gesetzliche Ausbildungsverpflichtung bis zum 18. Lebensjahr wird nur dann umsetzbar sein, wenn vorausschauend geplant und rechtzeitig für ein Ausbildungsangebot für die Zielgruppe der über 15-jährigen gesorgt wird. Um den lehrstellensuchenden Jugendlichen eine Alternative mit Ausbildungsqualität im Herbst 2020 anzubieten, ist die Finanzierung des zu erwartenden Bedarfes an Ausbildungsplätzen in den überbetrieblichen Einrichtungen rechtzeitig zu sichern. Den überbetrieblichen Ausbildungsstätten ist hier besondere Bedeutung zuzumessen und die Finanzierung zusätzlicher Raum-, Ausstattungs- und Personalressourcen im Sommer 2020 zu sichern, um die zu erwartende Nachfrage nach Ausbildungsplätzen vorausschauend anpassen zu können.

Die erforderlichen Maßnahmen und vor allem die dringend notwendige Aufstockung der Finanzmittel in diesem Bereich sind in einem Maßnahmenpaket und „Corona-Not-Ausbildungsfonds" zeitgerecht festzuhalten. Rasches Handeln ist gefordert, da sonst aus der derzeitigen Gesundheitskrise eine Ausbildungskrise im dualen Ausbildungssystem im Herbst droht und viele angehende Lehrlinge ohne Lehrstelle und Jobchancen dastehen werden. Es wird im „Standard"-Artikel vom 4. Mai 2020 darauf hingewiesen, dass vor allem die Lehrlinge und Lehrberufe besonders hart getroffen sein werden und der Lehrstellenmarkt durch die Pandemie insgesamt unter Druck geraten wird und Mehrinvestitionen erforderlich sein werden. Der Arbeitsmarktexperte vom Wirtschaftsforschungsinstitut Helmut Mahringer warnt darin eindringlich vor einer Verschärfung der Situation am Lehrstellenmarkt im Herbst. Mahringer verweist auf den Anspruch auf einen Ausbildungsplatz in einer überbetrieblichen Lehre, sofern kein freier Ausbildungsplatz in einem Betrieb zur Verfügung steht und dass es in Folge auch hier Mehrinvestitionen brauchen wird. Laut medialer Berichterstattung liegen noch keine Ergebnisse vor. Im Rahmen von Arbeitsgruppen sollen nun Details ausgearbeitet werden.

Aus diesem Grund stellen unterzeichnete Abgeordnete an die Bundesministerin

Digitalisierung und Wirtschaftsstandort folgende

ANFRAGE:

1.      Wer wird den im Standard-Artikel erwähnten jeweiligen Arbeitsgruppen angehören?

2.       Wird es eine eigene Arbeitsgruppe geben, die sich mit dem Bereich der Lehrlingsausbildung und dem drohenden Lehrvertragsabschlussengpass befasst?

3.       Bis wann wird mit Ergebnissen aus der Arbeitsgruppe zu rechnen sein?

4.       Welche Maßnahmen planen Sie als zuständige Ministerin im Vorfeld der herannahenden Lehrstellenengpässe, um eine ausreichende Anzahl an Ausbildungsplätzen im Bereich von Lehrberufen sicherzustellen?

5.       Welche Maßnahmen sind seitens Ihres Ressorts in Zusammenhang mit der Corona-Situation am Arbeits- und Lehrstellenmarkt bereits in Umsetzung, um Betrieben die Aufnahme von Lehrlingen im Herbst zu erleichtern? (Angabe der Maßnahmen im Details und der jeweils zuzuordnenden geplanten Budgetmittel und voraussichtliche Anzahl der Lehrstellen, die durch die jeweiligen Maßnahmen zu erwarten sind)

6.       Welche Prognose betreffend Entwicklung der Anzahl an offenen betrieblichen Lehrstellen im September 2020 liegen diesen Maßnahmen gemäß Frage 4) und 5) zugrunde? (Aufschlüsselung nach Branchen)

7.       Welche Maßnahmen gemäß Frage 4) und 5) werden Ihren vorliegenden Daten und Fakten nach speziell im Bereich der KMU Wirkung zeigen?

8.       Sehen Sie eine Notwendigkeit, einen „Corona-Not-Ausbildungsfonds" einzurichten, um eine drohende Ausbildungskatastrophe im Herbst 2020 als Folge der Corona-Krise abzuwenden?

a.       Wenn ja, wie hoch wird der von Ihnen festgelegte finanzielle Rahmen für diesen Ausbildungsfonds sein?

b.      Wenn ja, an welche Kriterien wird eine Inanspruchnahme von Mitteln aus dem „Corona-Not-Ausfallsplan" geknüpft sein?

c.       Wenn nein, warum nicht?

9.      Warum sind Ihrerseits als zuständige Ministerin keine zusätzlichen Mittel für Jugendbeschäftigung oder Ausbildung für Ihr Ressort im Zuge der Erstellung des BFG budgetiert worden?

10.   Wurde Ihrerseits eine Aufstockung der Finanzmittel für überbetriebliche Ausbildungsstätten im Zuge der Budgeterstellung beansprucht?

a.       Wenn ja, wie viel?

b.      Wenn nein, warum nicht?

11.   Werden die von der türkis-blauen Regierung durchgeführten Kürzungen im Bereiche der überbetrieblichen Ausbildungsstätten zurückgenommen?

a.       Wenn ja, wann?

b.      Wenn nein, warum nicht?

12.   Wie viele Lehrstellen werden Ihrer Datengrundlage nach in Betrieben durch die Corona-Krise bis Herbst 2020 und 2021 verloren gehen? (Detaillierte Angaben nach Bundesländern und Bezirken)

13.   Wie viele Lehranfänger werden nach den Ihnen vorliegenden Daten und Fakten im ersten Lehrjahr im September 2020 starten? (Detaillierte Angabe der Anzahl betrieblicher Lehrstellenantritte sowie Anzahl der Lehrstellenantritte in überbetrieblichen Ausbildungsplätzen)

14.   In welchem Umfang ist eine Finanzierung der überbetrieblichen Ausbildungsplätze seitens Ihres Ministeriums geplant? (Angabe des genauen Finanzierungsplans sowie der Zahl der zusätzlichen Ausbildungsplätze ab September 2020)

15.  Sind Sie bereits in Lehrlingsangelegenheiten (überbetrieblichen sowie betrieblichen Ausbildungsstätten) mit den Verantwortlichen von Betrieben und Verantwortlichen von überbetrieblichen Ausbildungsstätten in Kontakt?

a.       Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn nein, bis wann werden Sie die Gespräche für die Lehrlinge führen?

c.       Wenn nein, bis wann wird die Finanzplanung und Sicherung von betrieblichen und überbetrieblichen Lehrstellen fertig sein?

d.      Wenn ja, warum wurde seitens der Regierung noch kein Plan zur Absicherung von Lehrstellen der Öffentlichkeit kommuniziert?

16.   Wie hoch wird die geplante Förderung der betrieblichen Lehre Ihren Maßnahmenplänen entsprechend ausfallen?

a.       Wie viele KMUs werden von dieser Form der Förderung beim Ausbilden von Lehrlingen unterstützt? (Angabe der Anzahl der Betriebe, des durchschnittlichen Fördervolumens sowie Anzahl der Ausbildungsplätze nach Bundesländern und Bezirken im Detail)

17.   Sind Sie bereits in Gesprächen mit Betrieben bezüglich Lehrstellenangebot und Förderung? (Angaben zu Betrieben, mit denen bereits Gespräche stattfinden, im Detail nach Bundesländern, Bezirken und Lehrstellenanzahl sowie Fördervolumen)

18.   Wie hoch ist das Lehrstellenangebot in Betrieben nach den Ihnen vorliegenden Daten und Fakten? (nach Ihren Berechnungen im September 2020 und im Vergleich September 2019)

19.   Wie viele Lehrlinge im ersten Lehrjahr gab es nach Ihren Daten und Fakten im Jahr 2018, 2019 und wird es nach Berechnungen und derzeitiger Einschätzung nach Ihren vorliegenden Fakten im September 2020 geben?

20.   Nach welchem Zeitrahmen sind Lehrlinge Ihrer Erkenntnis nach aus überbetrieblichen Ausbildungsstätten (ÜBA) in den ersten Lehrstellenmarkt integriert worden, also möglichst bald in Betriebe vermittelt worden?

a.       Wie viele Lehrlinge wurden Ihrer Informationen bereits im ersten Lehrjahr aus einer ÜBA in die betriebliche Lehre vermittelt?

b.      Wenn ja, wie lange sind wie viele Lehrlinge in den ÜBA?

21.   Ist Ihnen bekannt, dass junge Menschen in der Probezeit gekündigt werden, diese dann weder schulisch noch beruflich in ein Arbeits- und Ausbildungsverhältnis zurückkehren können und so ohne Beschäftigung und Aufgabe den Alltag zu bewältigen haben?

a.       Welche Vorkehrungen sind Ihrerseits vor allem hinsichtlich der ohnehin belasteten Zeit durch die Corona-Krise geplant, um Lehrvertragsauflösungen in der Probezeit beim ersten Lehrstellenmarkt abzufedern?

b.      Wie lange ist Ihren Kenntnissen nach die Vermittlungsdauer, bis in der Probezeit gekündigte Lehrlinge wieder in ein Ausbildungsverhältnis gelangen? (Angabe der Anzahl der Lehrlinge sowie Dauer der Vermittlungszeit)

c.       Welche unterstützenden Maßnahmen setzen Sie, dass in einem Fall der Auflösung des Lehrvertrags ein Lehrling die facheinschlägige Berufsschule abschließen kann?

22.   Wie hoch war die Anzahl an Auflösungen von Lehrverträgen im Jänner 2020, Februar 2020, März 2020, April 2020 sowie Mai 2020 österreichweit? (Detailangaben nach Bundesländern und Bezirken)

23.   Ist geplant, in staatsnahen Betrieben mehr Lehrlinge als im vergangenen Jahr neu auszubilden?

a.       Wenn ja, wie viele Lehrlinge werden im Herbst eine Lehre in staatsnahen Betrieben beginnen?

b.      Wenn nein, warum nicht?

24.   Ist geplant, bei zukünftigen öffentlichen Ausschreibungen der Lehrlingsausbildung einen höheren Stellenwert bei der Vergabeentscheidung einzuräumen?

a. Wenn nein, warum nicht?

25.   Das aktuelle Regierungsprogramm enthält eine Reihe von lehrlingsbezogenen Vorhaben (z.B. „Blum-Bonus-Neu). Welche dieser Vorhaben werden aufgrund der Corona-Krise rascher bzw. später umgesetzt als ursprünglich geplant? (Detailangaben nach Projekten und aktuell geplantem Umsetzungsdatum)