2207/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.05.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend weiteres Vorgehen bezüglich der Liederbuchaffäre ÖVP naher Vereine

 

Wie aus einer Anfrage der FPÖ (106/J) hervorgeht, berichtete die Zeitung Österreich am 31.10.2019, dass „Nazi-Strophen“ auch in Liederbüchern von sogenannten „Schützenhöfer-Verbindungen“ zu finden seien.

Dies bewahrheitet sich, betrachtet man den Umstand, dass im Jahr 1999 das Liederbuch "Gaudeamus", in dem sich besagte Texte finden, durch den Mittelschüler-Kartell-Verband der katholischen, farbentragenden Studentenkorporationen Österreichs (in Folge: MKV)[1], herausgebracht wurden. Hierbei handelt es sich um die aktuellste Auflage, die von zahlreichen Verbindungen auch zurzeit verwendet wird. 

Konkret geht es um das Lied „Es lagen die alten Germanen", das auf Seite 66 des „Gaudeamus“ zu finden ist. Ein Ausschnitt des inkriminierten Textes:

1. [: Es lagen die alten Germanen zu beiden Seiten des Rheins.:] [: sie tagen auf Bärenhäu1en und tranken immer noch eins. :]
2. Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß: "Heil Hitler, ihr alten Germanen ich bin der Tacitus. I

3. Da hoben die alten Germanen zum Gruß die rechte Hand. Heil Dir, du Bruder der Achse du bist uns anverwandt!"

Der Kartellverband beteuere allerdings, dass die Drucklegung mit einem erklärenden Textzusatz erfolgte. Dies ist jedoch eindeutig falsch wie anhand einiger Belegexemplare des Liederbuchs klar zu erkennen ist. Denn der Druck erfolgte, wie bereits in 106/J dargestellt, OHNE einen Hinweis und wurde offenbar zu einem späteren Zeitpunkt eingeklebt.

In einer, dieser Causa folgenden Anfragebeantwortung (179/AB) bestätigte der damalige Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz eine Anfangsverdachtsprüfung sowie zweckmäßige Ermittlungen (gem. §3g Verbotsgesetz) gegen unbekannte und derzeit auszuforschende MKV-Verantwortliche durch die Staatsanwaltschaften Wien und Graz. Darüber hinaus habe das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (in Folge: BMVRDJ) keine Weisungen erteilt.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

1.    Wie ist der aktuelle Stand besagter Verfahren?

2.    Wurde das Ermittlungsverfahren mittlerweile abgeschlossen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, zu welchem Schluss kamen die jeweiligen Staatsanwaltschaften?

c.    Wenn nein, wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen?

3.    Ist beabsichtigt, gegen einzelne oder mehrere der Beschuldigten Anklage zu erheben?

a.    Wenn ja, gegen welche Personen?

b.    Wenn ja, wann ist mit einer solchen Anklage zu rechnen?

4.    Aus welchem Grund gehen die österreichischen Staatsanwaltschaften davon aus, keine Anhaltspunkte für Ermittlungen gegen MKV und ÖCV nahe Personen (siehe Fußnote 1) zu haben? (siehe 179/AB)

5.    Beabsichtigen Sie in dieser Causa Weisungen zu erteilen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, aus welchem Grund?

 

 



[1] Sowohl Normannia Graz, als auch Markomannia-Eppstein (bei beiden ist Hermann Schützenhöfer Ehrenmitglied), gehören dem MKV an. Das Österreichische Kommersbuch des Österreichischen Cartellverbands (in Folge: ÖCV), Liederbuch der katholischen Couleurstudenten, herausgegeben durch den MKV im Namen des ÖCV, dem zahlreiche Politiker angehören (unter anderen Nationalratspräsident Mag. Wolfgang Sobotka vulgo Hortulanus; Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich; Salzburger Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer jun.; einer der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas; Sonderberater für EU-Erweiterungsländer Dr. Franz Schausberger; Dr. Michael Spindelegger; Abgeordneter zum Vorarlberger Landtag Dr.Thomas Winsauer), enthält ebenso das Lied „Es liegen die alten Germanen“ mit der „Heil Hitler“-Passage. (siehe 106/J)