2247/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.06.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Fallen beim Fixkostenzuschuss

 

 

 

Der "Anhang zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)" definiert die Fixkosten:

 

"4.1.1 Fixkosten im Sinne dieser Richtlinien sind ausschließlich Aufwendungen aus einer operativen inländischen Geschäftstätigkeit des Unternehmens, die im Zeitraum vom 16. März 2020 bis 15. September 2020 entstehen und unter einen oder mehrere der folgenden Punkte fallen:

(a) Geschäftsraummieten und Pacht, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen;"

Als Bedingung für den Fixkostenzuschuss ist unter Anderem festgelegt:

"3.1.6 das Unternehmen hat zumutbare Maßnahmen gesetzt, um die durch den Fixkostenzuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren (Schadensminderungspflicht mittels ex ante Betrachtung)."

 

Auf Grundlage der aktuellen Rechtslage (§§ 1104, 1105 ABGB) ist davon auszugehen, dass  für den Zeitraum der Betretungsverbote ( 16.03.-14.05.2020) keine Miet- bzw Pachtzahlungen zu leisten sind und für den Zeitraum ab 15.05.2020 bis zum Außerkrafttreten der aktuellen behördlichen Beschränkungen Miet- und Pachtzinsminderung (folgt man der Judikatur des OGH zu § 1096 ABGB im Verhältnis Gästeplätze regulär zu Gästeplätze gemäß Beschränkungen Lockerungsverordnung).

Im Hinblick darauf, dass es zu diesem Thema keine aktuelle Judikatur gibt (die vorhandene Judikatur stammt aus der Zeit des 1. Weltkrieges und der Zeit nach dem 2. Weltkrieg und betrifft miet- und pachtrechtliche Folgen des Krieges und Beschlagnahmungen durch Besatzungsmächte. Es ist aus Sicht von Antragstellern (Mietern/Pächtern) völlig offen wie der OGH in einigen Jahren entscheiden wird, es besteht nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit.

 Die §§ 1104, 1105 ABGB sind dispositives Recht, dh vertraglich abdingbar. Die Mietzinsbefreiung gemäß § 1104 ABGB und die Mietzinsminderung gemäß § 1105 ABGB treten zwar ex lege ein, sind aber vor dem nächsten Zinstermin beim Vermieter/Verpächter geltend zu machen, dh können nicht rückwirkend geltend gemacht werden.

Darauf beziehen sich die Fragen 1 bis 7.

 

Weiters ist festgelegt:

„4.4.4 … Sind mehrere antragstellende Unternehmen konzernal verbunden, steht der Maximalbetrag für alle Unternehmen des Konzerns nur einmal zu. Die Höhe des Maximalbetrags richtet sich nach jenem Unternehmen des Konzerns, das den höchsten Umsatzausfall gemäß Punkt 4.3 hat.“

Der Begriff "konzernal" ist, soweit ersichtlich, im gesamten deutschen Sprachraum gänzlich unbekannt. Offen ist daher die Frage, was konkret mit diesem Begriff gemeint sein soll.

Das Aktiengesetz beschreibt einen "Konzern":

§ 15 AktG

 (1) Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.

(2) Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen.

 

Beteiligungen, verbundene Unternehmen

§ 228. UGB

(1) Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch eine dauernde Verbindung zu diesen Unternehmen zu dienen. Dabei ist es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht. Als Beteiligungen gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder an einer Genossenschaft, die insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft erreichen.

(2) Die Beteiligung als unbeschränkt haftender Gesellschafter an einer unternehmerisch tätigen eingetragenen Personengesellschaft gilt stets als Beteiligung; für andere Beteiligungen an unternehmerisch tätigen eingetragenen Personengesellschaften gilt Abs. 1 sinngemäß.

(3) Verbundene Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften sind solche Unternehmen, die nach den Vorschriften über die vollständige Zusammenfassung der Jahresabschlüsse verbundener Unternehmen (Vollkonsolidierung) in den Konzernabschluß eines Mutterunternehmens gemäß § 244 einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluß gemäß §§ 244 bis 267 aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt. Dies gilt sinngemäß, wenn das oberste Mutterunternehmen seinen Sitz im Ausland hat. Tochterunternehmen, die gemäß § 249 nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen.

Darauf bezieht sich Frage 8.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Umfasst der Fixkostenzuschuss auch Betriebskosten und Umsatzsteuer (die Richtlinie spricht nur von Geschäftsraummieten und Pacht, nicht von Geschäftsraummietzinsen und Pachtzinsen. Die Begriffe Geschäftsraummiete und Pacht würden jedenfalls Betriebskosten nicht umfassen)?

2.    Kann ein Fixkostenzuschuss für Miete und Pacht beantragt werden, obwohl der Antragsteller noch nicht weiß und auch gar nicht wissen kann, ob die Gerichte Miet- oder Pachtzinsentfall oder Minderung zusprechen und wenn ja, in welcher Höhe?

a.    Oder ist die Antragstellung erst zulässig, wenn gerichtlich rechtskräftig festgestellt wurde, dass keine Miet- oder Pacht(zins)befreiung oder Minderung zusteht? (Das hieße: Verjährungsfrist drei Jahre, dann mehrjährige gerichtliche Auseinandersetzung. Ein Antragsteller würde Gefahr laufen, den Antrag erst in einigen Jahren stellen zu können!

3.    Wo ist die Grenze der "zumutbare Maßnahmen" ?

a.    Muss ein Antragsteller mit seinem Vermieter/Verpächter eine gerichtliche Auseinandersetzung führen? 

b.    Muss ein Antragsteller versucht haben den Mietzins zu senken? Wenn ja, in welcher Form? Wie sind diese Versuche zu dokumentieren?

c.    Gibt es bei der Beurteilung der "zumutbaren Maßnahmen" eine Unterscheidung zwischen Mietern mit befristeten Mietverträgen und jenen mit unbefristeten Mietverträgen? Wenn ja, welche? 

4.    Wenn Fixkostenzuschuss für Miete/Pacht beantragt und ausbezahlt wird und später gerichtlich rechtskräftig festgestellt wird, dass Miet- oder Pachtzinsentfall oder Minderung zu Recht geltend gemacht wurde:
Macht sich der Antragsteller durch die Beantragung strafbar (Förderbetrug)?

5.    Wie ist vorzugehen, wenn ein Gericht vom Antragsteller (Mieter/Pächter) geltend gemachte Miet- oder Pachtzinsminderung nur zum Teil für rechtens erkennt?

6.    Wie werden Antragsteller behandelt, die eine rechtzeitige Geltendmachung von Miet- oder Pachtzinsentfall oder Minderung verabsäumt haben (dies Ende März 2020, also zu einem Zeitpunkt, zu dem Fixkostenrichtlinie noch gar nicht veröffentlicht und die Schadensminderungspflicht daher auch nicht bekannt war!), etwa weil ihnen die §§ 1104, 1105 ABGB gar nicht geläufig waren oder weil sie eine Vereinbarung mit dem Vermieter/Verpächter getroffen haben, allfällige staatliche Ersatzzahlungen zwischen Vermieter/Verpächter und Mieter/Pächter zu teilen?

a.    Steht solchen Antragstellern ein Fixkostenzuschuss für Geschäftsraummieten und Pacht zu oder nicht?

7.    Wenn Frage 2 mit nein und Frage 6 mit ja beantwortet wird, gibt es eine sachliche Rechtfertigung dafür, Antragsteller, die auf eine Miet- oder Pachtzinsbefreiung oder Minderung im Seuchenfall vertraglich verzichtet oder die Geltendmachung von Miet- oder Pachtzinsbefreiung oder Minderung verabsäumt haben anders zu behandeln als Antragsteller, die Miet- oder Pachtzinsbefreiung oder Minderung beim Vermieter/Verpächter fristgerecht geltend gemacht haben, aber bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Klärung nicht wissen, ob diese auch zugesprochen wird?

8.    Was ist unter dem Begriff „konzernal verbunden" zu verstehen ?

 

 

Transparenzhinweis: Diese Anfrage wurde in Zusammenarbeit mit RA Dr. Alfred Nemetschke erstellt.