2254/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.06.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Infektionsordination in Vorarlberg

Das gesamte Gesundheitssystem wurde während dem Ausbruch und der Verbreitung des Corona-Virus auf einen Notbetrieb umgestellt. So sollten Kapazitäten für eine allfällige Zuspitzung der Situation gewährleistet werden. Um auch die Versorgung im niedergelassenen Bereich sicher zu stellen und Übertragungsrisiken zu minimieren, wurden in Dornbirn und Bludenz sogenannte "Infektionsordinationen" eingerichtet. Laut Medienberichten waren diese dafür vorgesehen, dass NICHT-Coronavirus-Patient_innen, die ärztliche Hilfe benötigen, nach Absprache mit ihren Ärzt_innen an die Infektionsordination überwiesen werden können. (1)

Für viele Ärzte_innen waren auch finanzielle Einbußen, bedingt durch die Corona-Krise, zu verzeichnen. Die Infektionsordination bot dabei eine gute Möglichkeit, um die finanziellen Einbußen aus geringerer Auslastung der niedergelassenen Praxis auszugleichen, und lockte auch mit attraktiven Konditionen. Das Arzthonorar betrug pauschal € 2.000.- pro Tag, also € 1.000.- pro Halbtag bzw. bei entsprechenden Öffnungszeiten € 180 pro Stunde. Zudem wurde angekündigt, dass das Land für alle dort arbeitenden Ärzte eine zusätzliche Berufshaftpflichtversicherung abschließen würde. Das Land trägt die Kosten für Material und Ausstattung, während die ÖGK die Honorare der Ärzte finanziert.

Nachdem es zwischenzeitlich auch im niedergelassenen Bereich wieder zu einer Normalisierung kam bzw. gekommen sein sollte, ist fraglich, ob weiterhin die Notwendigkeit für Infektionsordinationen besteht und ob weiterhin für Ärzt_innen mit einer solchen Verdienstmöglichkeit außerhalb der eigenen Praxis nicht unintendierte Anreize gesetzt werden. Statt die grundsätzlichen und coronabedingten Probleme in den Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten im niedergelassenen Bereich anzugehen, werden Scheinlösungen konstruiert.

Eine geringe Auslastung der Infektionsordinationen hatte sich bereits frühzeitig abgezeichnet. Bereits Mitte April wurde aufgrund des Mangels an Schutzausrüstungen die Infektionsordinationen nur bei ausreichender Patient_innenzahl geöffnet. Ende April wurde dann auch die Infektionsordination in Bludenz geschlossen, u.a. aufgrund sinkender Patient_innenfrequenz (2). Mit dem  Umzug der Ordination nach Röthis ist auch ein offensichtlicher Wechsel des Schwerpunktes zu erkennen, da bei Verdachtsfällen Ärzt_innen nun Patient_innen dorthin schicken können, weil in Röthis bei "ausreichendem Schutz und Schleusenbedingungen die Erstabklärung, einschließlich Blutbild, CRP und Abstrich erfolgen kann" - ein Schuldeingeständnis, noch immer keine ausreichende Schutzausrüstung im niedergelassenen Bereich bereitstellen zu können? 

Jedenfalls steht nun im Raum, die Infektionsordination doch langfristig offen zu halten - "unter Vorbehalt der Entwicklung der Zahlen", wie es von Seiten der Landesregierung heißt. Für eine allfällige Überführung in einer Dauereinreichtung ab dem kommenden Jahr müssten Ärztinnen und Ärzte gefunden werden, die die Finanzierung übernehmen oder es wird eine gemeinsame Kostenlösung mit der ÖGK gefunden. (3)

Gleichzeitig haben die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt für massive Einnahmenrückgänge bei den Krankenversicherungsträgern geführt, sodass zusätzliche Einrichtungen wie Infektionsambulanzen noch schwieriger zu finanzieren sein werden.

(1) https://vorarlberg.orf.at/stories/3039889/

(2) https://www.vol.at/infektionsordination-in-bludenz-geschlossen/6602648

(3) https://vorarlberg.orf.at/stories/3051185/

 


 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:



 

1.    Ist der Betrieb einer solchen Infektionsordination bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Sind aus anderen Bundesländern vergleichbare Einrichtungen bekannt? 

a.    Wenn ja, wo sind diese und wie sehen diese konkret aus?

b.    Was macht die Situation in bestimmten Bundesländern - wie z.B. Vorarlberg - so speziell, dass solche Einrichtungen notwendig sind, um die Gesundheitsversorgung im niedergelassenen Bereich zu gewährleisten?

3.    Welchen Versorgungszweck erfüllen diese Infektionsordinationen aus Sicht des Bundesministeriums bzw. der ÖGK, insbesondere abseits von einer akuten Krisensituation, wie sie durch die Ausbreitung des Coronavirus im Frühjahr gegeben war?

4.    Welchen Versorgungszweck sollen diese Infektionsordinationen aus Sicht des Bundesministeriums bzw. der ÖGK erfüllen, der nicht durch andere Angebote bzw. bestehenden Einrichtungen im extramuralen Bereich erfüllt werden könnte?

5.    Welche Kosten sind bisher für die ÖGK für die Infektionsordinationen in Vorarlberg angefallen? (Bitte um Aufschlüsselung der Kosten für bestimmte Zwecke)

6.    Mit welchen Kosten rechnen Sie für die ÖGK in Zukunft, insbesondere wenn die Infektionsordination zu einer Dauereinrichtung werden könnte?

7.    Wie sind solche Infektionsambulanzen im ÖSG und in den RSG abgebildet?

8.    Sind die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, um solche Infektionsambulanzen auf Dauer aufrecht zu erhalten?