2268/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.06.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend österreichisch-ungarische Allianz

 

Am 14. Mai wurde in Israel eine Regierung angelobt, deren Koalitionsabkommen vorsieht, dass ab 1. Juli dieses Jahres Israel mit der Annexion des Westjordanlandes beginnen könne. Der Regierungschef, Benjamin Netanyahu, erklärte, dass sich seine Regierung diese historische Möglichkeit nicht nehmen lassen würde. Jedoch würde eine Annexion von Gebieten jenseits der Grenzen von 1967 eine eindeutige Verletzung internationalen Rechts und einer Anzahl von U.N. Resolutionen bedeuten. Unmittelbar nach dieser Ankündigung gratulierte der Hohe Repräsentant Josep Borrell der neuen Regierung, gab aber auch der altbekannten europäischen Position Ausdruck, dass die Europäische Union nur einer verhandelten und mit Völkerrecht vereinbarten Lösung zustimmen würde, und sich gegen eine gewaltsame Annexion verwahrt.

Während 25 Mitgliedsstaaten eine gemeinsame europäische Position unterstützten, scherten Ungarn und Österreich aus. Während Ungarn stumm blieb (also die europäische Position nicht explizit unterstützte), verlangte Österreich aktiv Änderungen im Text. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nannte diese Position öffentlich "zutiefst bedauerlich" und meinte, ein derartiges Ausscheren, noch dazu aus einer seit Langem bestehenden europäischen Position, sei "der Glaubwürdigkeit" der EU Außenpolitik abträglich.

Das BMEIA verteidigte Österreichs Position damit, dass man Israel nicht "vorverurteilen" wolle. Später erklärte Minister Schallenberg im Nationalrat wie auch vor verschiedenen Medien, dass Österreichs Politik sich nicht geändert habe, weiterhin im Einklang mit dem Völkerrecht stehe und eine Annexion des Westjordanlandes nicht akzeptabel wäre. Auch sagte Minister Schallenberg, es gäbe keine Abstimmung mit Ungarn in der Causa.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Minister Schallenberg hat sich gegen eine Vorverurteilung Israels und gegen die von Israel angekündigte Annexion des Westjordanlandes ausgesprochen. Bedeuten diese parallel getätigten Aussagen, dass Österreich sich bis zur faktischen Annexion zu Ankündigungen und Vorbereitungen nicht äußern wird, sobald die Annexion aber zur Realität wird, internationalen Sanktionen beitreten wird?  

2.    Ist es in der Regierung Kurz nun offizielle Außenpolitik, Ankündigungen von völkerrechtswidrigen Handlungen nicht zu kommentieren?

a.    Wenn ja: Die Regierung des Iran hat vor Kurzem zur Auslöschung Israels aufgerufen. Wird Österreich von einer Vorverurteilung dieser Ankündigung ebenso absehen?

3.    In der Politik führen Absichtserklärungen zu Erwartungshaltungen. Je stärker sich diese Erwartungshaltungen in der "win coalition" einer politischen Partei ausprägen können, desto politisch "teurer" wird die Änderung der eingeschlagenen Politik. Frühe Interventionen werden daher unter Politwissenschaftler_innen als politisch "billiger" und daher leichter durchzusetzen angesehen. Erklären Sie die Logik des Abwartens im Falle Israel. 

4.    In internationaler Politik und Recht sind zwei Prämissen bekannt: Die "Macht des Faktischen," und "possession is 90% of the law." Welchen Vorteil erwartet sich die österreichische Bundesregierung davon, von einer schnellen Warnung der israelischen Regierung abzusehen, um nach Vollzug der völkerrechtswidrigen Handlung eine Rückabwicklung zu fordern?

5.    Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips ist jede Abweichung von der Position der Kommission gleichbedeutend mit einem Veto. Wie steht das BMEIA zur Befürchtung, dass ein gespaltenes Europa die Regierung Netanyahu zu einer schnellen Annexion ermutigen könnte, im Verständnis dass die USA diese Politik unterstützen und Europa dank Ungarn und Österreich zu keiner gezielten Sanktion fähig ist? 

6.    Im Nationalrat erklärte Minister Schallenberg, es gäbe keine Koordination zwischen Ungarn und Österreich in Fragen der europäischen Reaktion zum U.S. Friedensplan. Laut Standard existiert aber ein gemeinsamer Brief, der eine Einladung von Jared Kushner nach Brüssel fordert, damit Kushner die EU über den U.S. Plan, den die EU sofort als völkerrechtswidrig abgelehnt hat, informieren könne. Bitte erklären Sie Ihre Stellungnahme, es gäbe keine Zusammenarbeit mit Ungarn in dieser Angelegenheit.