2277/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag, Wolfgang Gerstl
Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend hinterfragenswerte Vorgänge innerhalb der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA)

Aus aktuellem Anlass muss nochmals an die Vorfälle des Jahres 2019 erinnert werden, nämlich das von der WKStA vorgelegte Protokoll über eine interne Dienstbesprechung vom

1. April 2019 zum gesamten Verfahrenskomplex Eurofighter. Dieses wurde auf Basis einer unerlaubten Tonbandaufnahme verfasst und sollte offensichtlich nur subjektiv dazu dienen, verschiedene Besprechungsteilnehmer in schlechtem Licht dastehen zu lassen. Dieses sogenannte Protokoll wurde in weiterer Folge dazu genutzt, um Ermittlungen gegen
bestimmte Personen einleiten zu können. In weiterer Folge hat sich allerdings herausgestellt, dass dieses Protokoll den Anforderungen von § 29 Abs. 2 StAG betreffend eine gesetzeskonform zustande gekommene Niederschrift nicht entsprach, was auch völlig
zurecht von der Oberstaatsanwaltschaft Wien kritisierte wurde. Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass der Umstand einer geplanten Aufzeichnung der internen Dienstbesprechung auf Tonband nicht vorher allen Besprechungsteilnehmern bekanntgegeben wurde. Darüber hinaus wurde das Protokoll nachträglich auch nicht allen Besprechungsteilnehmern zur Durchsicht und Korrektur vorgelegt, sondern nur von wenigen Sitzungsteilnehmern unterschrieben. Dies lässt den Verdacht aufkommen, dass die Tonbandaufzeichnung nur zu dem Zweck angefertigt wurde, um bestimmten Besprechungsteilnehmern zu schaden. Hier kommt der Straftatbestand in § 120 StGB „Missbrauch von Tonaufnahme- oder
Abhörgeräten“ ins Spiel.

Zu hinterfragen ist, warum dieser unüblichen und rechtswidrigen Vorgangsweise der WKStA nicht nachhaltig nachgegangen wurde. So wurde offenbar das Vorliegen eines möglichen Straftatbestandes nicht weiterverfolgt, es kam allem Anschein nach aber auch zu keinen disziplinarrechtlichen Schritten gegen die für die unerlaubte Herstellung einer Tonbandaufnahme Verantwortlichen.

Darüber hinaus ist ein weiterer Umstand aufklärungsbedürftig: So hat sich It.

Medienberichten die Leiterin der WKStA, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, am 24. Oktober 2016 mit dem Anwalt des in der BUWOG-Affäre mitangeklagten Ex-Lobbyisten Peter Hochegger getroffen. Um dieses Treffen hatte der Anwalt in einem Brief gebeten. Lt. Peter Hochegger
hat dieses Treffen tatsächlich stattgefunden. Bemerkenswert ist aber, dass weder dieser
Brief noch das Treffen selbst veraktet wurden, was eine unübliche Vorgangsweise darstelft. Vermutungen werden darüber angestellt, dass in diesem Gespräch Herr Hochegger einen Deal angeboten hat, um mit einem Geständnis und der Belastung des Hauptangeklagten selbst mit einer geringeren Strafe auszusteigen. Laut Medienberichten wurde die Leiterin der WKStA deswegen von Walter Maischberger, ebenfalls Angeklagter in der BUWOG-Affäre, wegen Amtsmissbrauch angezeigt.

Diese Vorkommnisse sind bemerkenswert, wenn nicht sogar verwunderlich, da gerade Staatsanwaltschaften in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Wahrung der Interessen des Staates in der Rechtspflege an die Gesetze gebunden sind und natürlich alle prozeduralen Vorgänge gesetzeskonform abzulaufen haben. Es geht insbesondere auch darum, die objektive Ermittlungsarbeit der staatsanwaltschaftlichen Behörden
sicherzustellen. Nur so kann der Bürger Vertrauen in eine korrekte Strafverfolgung haben.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wurden in der gegenständlichen Angelegenheit des Erstelle ns eines Protokolls der Dienstbesprechung über die Causa „Eurofighter“ am 1. April 2019 Ermittlungen wegen des unerlaubten Einsatzes einer Tonbandaufnahme durchgeführt?

2.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Gegen wen wurden die Ermittlungen durchgeführt?

4.    Was war das Ergebnis dieser Ermittlungen?

5.    Wurde geklärt, ob das gegenständliche Protokoll durch die unerlaubte Verwendung einer Tonbandaufnahme zustande kam?

6.    Wenn nein, wie kam dann das Protokoll in seiner Genauigkeit anderweitig zustande?

7.    Wurde die Tonbandaufzeichnung selbst weitergegeben?

8.    Wenn ja, wer hat aller die Tonbandaufzeichnungen erhalten?

9.    Wer hat die Tonbandabschrift angefertigt?

10. Wer hatte aller Kenntnis von diesem Protokoll?

11. Wer hat das Protokoll den Medien übermittelt?

12. Ist es richtig, dass das Protokoll nicht von allen Anwesenden der Dienstbesprechung unterschrieben wurde?

13. Hatten nur diejenigen Personen von der unrechtmäßigen Tonbandaufnahme Kenntnis, die das Protokoll unterschrieben haben?

14. Wurde das sogenannte Protokoll absichtlich gar nicht allen Teilnehmern der Besprechung vorgelegt?

15. Ist es somit richtig, dass dieses sogenannte Protokoll - so wie es auch die Oberstaatsanwaltschaft Wien kritisiert hat - keine gemäß § 29 Abs. 2 StAG korrekt vorgelegte Niederschrift darstellt?

16. Ist es üblich, dass die WKStA so vorgeht?

17. Gab es darüber hinaus ähnlich gelagerte Vorgangsweisen bei anderen Besprechungen?

18. Wurden im Bundesministerium Untersuchungen dahingehend angestellt, wer die Verantwortung für das Zustandekommen der Tonbandaufnahme trägt?

19. Wenn ja, wer hat die Anfertigung der Tonbandaufzeichnung veranlasst?

20.  Welches Gerät wurde für die Aufzeichnung verwendet?

21.  Wo hat sich während der Besprechung das verwendete Gerät befunden?

22.  Durch wen wurde die Aufzeichnung durchgeführt?

23.  Wann wurde der/die Dienstvorgesetzte von der Aufnahme in Kenntnis gesetzt?

24.  Wurden gegen die verantwortlichen Personen disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet?

25.  Wenn ja, welches Ergebnis brachten diese?

26.  Wenn nein, warum ist das Anfertigen einer nicht bekanntgegebenen Tonbandaufzeichnung und das sich daran anschließende Verwenden der Mitschrift nicht disziplinarrechtlich von Bedeutung?

27.  Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um derartige Vorgänge der WKStA, welche nicht gesetzeskonform sind, zukünftig abzustellen?

28.  Wurde vom damaligen Justizminister Dr. Clemens Jabloner eine Weisung in dieser Angelegenheit erteilt?

29.  Wenn ja, wie lautete diese?

30.  Lagen dem damaligen Justizminister für diese Entscheidung alle Unterlagen vor?

31.  Hat im Jahr 2016 der in den Medien kolportierte Termin der Leiterin der WKStA mit dem Anwalt von Peter Hochegger stattgefunden?

32.  Wurde das Eingangsstück, nämlich der Brief, in welchem der Anwalt um einen Gesprächstermin ersucht, ordnungsgemäß veraktet?

33.  Wenn nein, warum nicht?

34.  Hat die Leiterin der WKStA den Umstand des Gesprächs sowie den wesentlichen Gesprächsinhalt ordnungsgemäß dokumentiert und veraktet?

35.  Wenn nein, gibt es darüber anderweitige Aufzeichnungen?

36.  Wäre es nicht rechtlich geboten gewesen, derartige staatsanwaltschaftliche Schritte entsprechend zu dokumentieren?

37.  Entspricht es - gerade bei derart glamourösen Verfahren wie dem BUWOG-Prozess - der staatsanwaltlichen Praxis, so vorzugehen?

38.  Was war Inhalt dieses Gesprächs?

39.  Welche Schritte wurden hinsichtlich der ebenfalls in den Medien kolportierten Sachverhaltsdarstellung von Walter Maischberger in dieser Sache gesetzt?

40.  Wurden diesbezügliche Ermittlungen aufgenommen?

41.  Wenn nein, warum nicht?

42.  Wie ist der Stand hinsichtlich dieser Sachverhaltsdarstellung?

43.  Gab der Umstand des nicht dokumentierten Treffens Anlass für disziplinarrechtliche Schritte?

44.  Wenn nein, warum nicht?

45.  Wenn ja, welches Ergebnis erbrachte das Disziplinarverfahren?

46.  Welche Konsequenzen ziehen Sie aus derartigen Vorkommnissen?

47.  Wie können Sie sicherstellen, dass hinkünftig alle staatsanwaltschaftlichen Behörden in ihrer Ermittlungsarbeit objektiv vorgehen?