2281/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.06.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Offenlegung des Kreditvertrags zwischen Austrian Airlines AG und Republik Österreich

 

Am Abend des 8. Juni 2020 teilte die Bundesregierung mit, dass ein Maßnahmenpaket in der Höhe von insgesamt 600 Mio. Euro den Fortbestand der heimischen Austrian Airlines AG (AUA) sichern soll: 150 Mio. Euro kämen in Form eines steuergeldfinanzierten Zuschusses, 300 Mio. als Bankenkredite, die zu 90 Prozent von der Republik Österreich garantiert würden, und weitere 150 Mio. Euro, die der Mutterkonzern Deutsche Lufthansa seinerseits investieren müsse.

Dieser habe sich im Gegenzug in einem Standortvertrag dazu verpflichtet, das Drehkreuz in Wien-Schwechat für die nächsten zehn Jahre zu erhalten und proportional zu jenen in Frankfurt, München und Zürich zu entwickeln, Erweiterungen wie Reduktionen betreffend. Im Falle eines Vertragsbruchs würden Strafzahlungen in der Höhe von bis zu 150 Mio. Euro fällig. Können die Bankenkredite nicht zurückgezahlt werden, dann werde die AUA laut Bundesregierung direkt ins Eigentum des Staates übergehen, inklusive sämtlicher Flugzeuge ihrer Flotte, die nicht geleast wurden. 

Laut Vorstand Alexis von Hoensbroech befinden sich rund 70 Prozent der rot-weiß-roten Flieger im Besitz der AUA. Nach heutigem Stand bedeutet das, dass ungefähr 56 von 80 Flugzeugen an die Republik gehen würden, sollte die AUA mit sofortiger Wirkung zwangsverstaatlicht werden. Völlig unklar ist bisher allerdings, wie das Verhältnis zwischen geleasten und gekauften Flottenanteilen nach der geplanten Reduktion von 80 auf 60 Flugzeuge aussehen wird. Zudem ist bis dato nicht öffentlich bekannt gegeben worden, ob die Bedingungen der Kredite Einschränkungen bei der Veräußerung wesentlicher Anlagevermögenswerte (Assets) vorsehen. 

Die Vereinbarung zwischen AUA und Republik erscheint auf den ersten Blick zielführend und plausibel. Aus den offiziellen Statements und Presseunterlagen gehen jedoch keine vertraglichen Details hervor, obwohl die Öffentlichkeit einen klaren Anspruch darauf hätte zu erfahren, wodurch die Krisenkredite von staatlicher Seite besichert worden sind: Mit Unternehmensanteilen (Aktien) oder/und Anlagevermögen.

Es sind nämlich die Steuerzahler_innen, die im Falle einer Insolvenz und folgender Verstaatlichung die zusätzlichen Mehrkosten und Risiken in Millionenhöhe zu stemmen hätten und demnach vor Geschäftspraktiken wie "sale and lease back" – dem Verkauf und Wiederanmieten der eigenen Flugzeuge, um die Liquidität zu erhöhen, wodurch das Unternehmen vor einer Verstaatlichung „ausgehöhlt" würde – vertraglich zu schützen sind. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Haben Sie geplant, die von Ihnen ausgehandelte Vereinbarung bzw. den Vertrag zwischen Austrian Airlines AG, Deutsche Lufthansa und Republik Österreich zu veröffentlichen?

a.    Wenn ja: Wann und wo soll die Vereinbarung veröffentlicht werden?

b.    Wenn nein: Wieso nicht?  

2.    Haben Sie geplant, die von Ihnen ausgehandelte Vereinbarung bzw. den Vertrag zwischen Austrian Airlines AG und Republik Österreich dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja: Wann werden Sie die Vereinbarung dem Nationalrat vorlegen?

b.    Wenn nein: Wieso nicht?  

3.    Sind Ihnen die genauen Anlagevermögenswerte (Assets) der Austrian Airlines AG bekannt bzw. wurden Ihnen diese im Zuge der Verhandlungen zur Kenntnis gebracht?

4.    Haben Sie bestimmte Assets der Austrian Airlines AG im Vertrag verankern lassen und werden dadurch Praktiken wie "sale and lease back" unmöglich gemacht?

a.    Wenn ja: Welche Assets befinden sich darunter und wieso haben Sie diese gewählt?

b.    Wenn nein: Wieso nicht und welche anderen Maßnahmen haben Sie in diese Richtung gesetzt?

5.    Wie sollen Staat und Steuerzahler_innen vor einer möglichen "Aushöhlung" der Austrian Airlines AG geschützt werden?

6.    Bei einer Insolvenz fallen Anteile und Assets in der Regel den Kreditgebern zu, im Fall der Austrian Airlines AG sind das nun Banken. Die Republik ist lediglich Gewährleister bzw. Bürge. Wie würde die Verstaatlichung und Verwertung von Anteilen und Assets im Falle einer Insolvenz konkret ablaufen?

7.    Wurden Pfandrechte an einzelnen Assets zugunsten der Republik eingeräumt, um deren Verwertung in einem allfälligen Insolvenzverfahren zu verhindern?

a.    Wenn ja: Wurde die Einräumung von Pfandrechten an künftigen Assets, bspw. bei Modernisierung der Flotte, zur Besicherung der Kreditgarantien zugesagt?

b.    Wenn nein: Wieso nicht?

8.    Verfügt die Republik über ein Schätzgutachten zum aktuellen Verkehrswert der vorhandenen Assets?

a.    Wenn ja: Zu welchem Ergebnis kam dieses?

b.    Wenn nein: Wieso wurde kein Schätzgutachten in Auftrag gegeben?

9.    Gibt es bereits Pläne bzw. Strategien im Falle einer Insolvenz der Austrian Airlines AG vor Ablauf der 6-jährigen Kreditlaufzeit bzw. vor Ablauf der 10-jährigen Standortgarantie?

a.    Wenn ja: Welche?

b.    Wenn nein: Wieso nicht?

10. Wurden Formen der Standortsicherung geprüft, durch die sichergestellt werden hätte können, dass die Republik keine Kredite in der Höhe von 300 Mio. Euro garantieren muss?

a.    Wenn ja: Wie sahen diese im Detail aus?

b.    Wenn ja: Hat man Erfahrungsberichte aus anderen Ländern (z.B. der Schweiz) eingeholt, um solche Modelle zu prüfen?

c.    Wenn nein: Warum nicht?