2286/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.06.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, 

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Sommerschulen

 

Sommerschulen sind wichtig, um jene Schülerinnen und Schüler zu fördern und beim Aufholen zu helfen, die während der Zeit des Lernens zu Hause nur schlecht erreicht wurden und nur wenig Lernunterstützung in diesen Wochen erfahren haben. Wir wissen aus verschiedenen Studien[1], dass die Bildungsschere droht noch weiter aufzugehen: Eine Befragung von SchülerInnen (zwischen 10 und 19 Jahren) ergab, dass sie sich durchschnittlich 5 Stunden pro Tag mit schulbezogenen Aktivitäten auseinandersetzten, ein Viertel der SchülerInnen jedoch weniger als 3,5 Stunden. 16% der SchülerInnen gaben an, kein eigenes digitales Endgerät zur Verfügung zu haben. 21% erhielt keine Unterstützung beim Lernen durch die Familie, 7% gab an gröbere Probleme bei der Bewältigung der schulischen Anforderungen im Home-learning zu haben.

 

Das sind Zahlen, die nicht ignoriert werden dürfen. Die unterschiedlichen Voraussetzungen nach mehreren Wochen des Unterrichts zu Hause werden dazu führen, dass SchülerInnen unterschiedlichen Förderbedarf haben. Jedes Jahr geben Eltern viel Geld für private Nachhilfe aus - Tendenz steigend. Das AK Nachhilfebarometer[2] zeigt, dass fast ein Drittel der Schulkinder Nachhilfe benötigt. Im Fach Mathematik ist der Bedarf an Nachhilfe besonders groß: 64% der SchülerInnen, die Nachhilfe bekommen, brauchen in diesem Fach Unterstützung. Durch die Corona-Krise droht der Bedarf an zusätzlichen Nachhilfe Stunden im Herbst zu explodieren.

 

In der Pressekonferenz am 05.06. stellte Bundesminister Faßmann das Programm der 2-wöchigen Sommerschulen als Antwort auf die Frage zu „Was machen Sie Herr Minister um den Bildungsverlust der Schüler, die im Zuge des Distance Learnings nicht erreicht wurden, auszugleichen“ vor. Das vorgestellte Programm beinhaltet jedoch lediglich zusätzlichen Unterricht an 10 Tagen vormittags und wird nur für das Fach Deutsch angeboten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung folgende

 

Anfrage:

 

1.    In der Pressekonferenz am 05. Juni, in der Bundesminister Faßmann das Programm der Sommerschulen präsentierte, sprach er von einem Austausch mit Expertinnen und Experten (Germanisten der Universität Wien, Andreas Salcher, Norbert Kraker, Kollegen der Universität Wien und Pädagogische Hochschulen). Welche ExpertInnen haben das BMBWF konkret für welche Inhalte (pädagogisches Konzept, Umsetzung etc.) der Sommerschulen beraten?

a.    Wie wurden diese ExpertInnen ausgewählt?

b.    Welche Empfehlungen haben die ExpertInnen ausgesprochen?

c.    Welche Empfehlungen hat Ihr Ressort übernommen und welche nicht?

 

2.    War eine der Empfehlungen der ExpertInnen die Sommerschulen lediglich für das Fach Deutsch und vorrangig für außerordentliche SchülerInnen anzubieten?

a.    Wenn nein, welche Empfehlungen gab es bezüglich der Fächer und Lerninhalte, die in diesen Wochen angeboten wurden?

b.    Welche Empfehlungen gab es bezüglich der Gruppe an SchülerInnen, die an den Sommerschulen teilnehmen sollen?

 

3.    Eine Umfrage der Arbeiterkammer, die am 04. Juni veröffentlicht wurde, zeigt, dass der größte Bedarf an Förderung und Nachhilfe im Fach Mathematik besteht. Warum wird dieses Fach nicht in den Sommerschulen für SchülerInnen angeboten?

a.    Welche Argumente sprechen gegen eine Lernförderung in den Sommerschulen im Fach Mathematik und anderen Fächern?

b.    Welche Argumente sprechen dafür?

 

4.    Welche zusätzlichen Maßnahmen werden von Ihrem Ressort zur Lernförderung für das Schuljahr 2020/21 geplant?

a.    Falls keine zusätzlichen Maßnahmen geplant sind, gehen Sie davon aus, dass innerhalb der 2-wöchigen Sommerschulen die Rückstände, die sich während des Distance Learnings aufgebaut haben, aufgeholt werden können?

b.    Wenn ja, auf welche Daten oder Analysen stützen sich Ihre Erwartungen?

 

5.    Bundesminister Faßmann hat in der Pressekonferenz ebenso angegeben, dass man mit potentiell 40.000 – 42.000 SchülerInnen rechnet, die an der Sommerschule teilnehmen. Demnach müssten sich bei einer durchschnittlichen Gruppengröße von 12 SchülerInnen und jeweils 2 Lehramstudierenden pro Gruppe ca. 7.000 Studierende unterrichten?

a.    Gehen Sie davon aus, dass genügend Lehramtstudierende sich für die Lehrveranstaltungen, die für die Sommerschulen geschaffen werden, anmelden?

b.    Welche Maßnahmen werden getroffen, falls sich nicht genügend Lehramtstudierende (allgemein oder in einer bestimmten Region) für die Lehrveranstaltung melden?

c.    Wurde bei der Vorbereitung der Sommerschulen in Ihrem Ressort die Bezahlung der Studierenden für ihren Einsatz in Erwägung gezogen?

d.    Wenn ja, welche Argumente sprechen dafür und warum haben Sie sich dagegen entschieden?

 

6.    Nach welchen Kriterien werden Lehramtstudierende für die Lehrveranstaltung zugelassen (Studiensemester, nur jene, die Deutsch als Lehramt studieren etc.)?

 

7.    Wie viele Stunden Vorbereitung erhalten die Lehramtstudierenden vor ihren Einsatz an Sommerschulen und welche Inhalte hat diese Vorbereitung?

a.    Wird bei der Vorbereitung zwischen Deutsch Lehramt Studierenden und Studierenden anderer Fächer unterschieden?

b.    Wenn ja, welche Unterschiede gibt es?

c.    Wenn nein, warum nicht?

 

8.    Von welchen Bedarf an LehrerInnen gehen Sie bei einer SchülerInnenanzahl von 40.000 aus?

a.    Gehen Sie davon aus, dass sich genügend LehrerInnen für die Begleitung der Sommerschulen melden?

b.    Welche Maßnahmen werden getroffen, falls sich (allgemein oder in einer bestimmten Region) nicht genügend LehrerInnen melden?

 

9.    Von welchen Kosten gehen Sie bei einer SchülerInnenanzahl von 40.000 in den Sommerschulen aus?

 

10. In der Pressekonferenz wurde angesprochen, dass die Sommerschulen über eine „geteilte Finanzierung des Bundes und der Länder“ finanziert werden. Die Länder tragen über ihre Kontingente die Kosten der Mehrdienstzulage für die LehrerInnen und „andere Kosten übernimmt direkt der Bund“. Von welchen Kosten gehen Sie bei der Mehrdienstzulage und im Bereich der ‚anderen Kosten‘, die vom Bund übernommen werden, aus?

 

11. Ist geplant die Kontingente von Lehrerdienstposten der Länder für das Schuljahr 2020/21 aufzustocken?

 

12. In der Pressekonferenz wurde angesprochen, dass sich Schulen als Sommerschulstandorte freiwillig melden können und auf der Homepage des BMBWF werden Schulen informiert: „Grundsätzlich melden die einzelnen Standorte ihren Wunsch zur Durchführung einer Sommerschule der jeweils für sie zuständigen Bildungsdirektion. Diese wiederum koordiniert auf Basis der erhobenen Bedarfszahlen, an welchen Standorten die Sommerschule angeboten werden kann.“ Nun geht aus Medienberichten[3] hervor, dass Schulstandorte für Wien schon feststehen. Wie erfolgt nun tatsächlich die Auswahl der Sommerschulstandorte?

 

13. Wenn Ihr Ressort von 40.000 Schülern ausgeht, die das Angebot der Sommerschulen nutzen werden, wie errechnet sich die Anzahl der landesweiten Schulstandorte und die SchülerInnenzahl pro Schulstandort? Wie wird durch BMBWF die Finanzierung von ausreichend Standorten für Sommerschulen sichergestellt?

 

14. Bis wann melden die Schulen oder Bildungsdirektionen an die Eltern zurück, an welchem Standort die Sommerschule für ihr Kind stattfinden wird?

 

15. Zunächst wurde kommuniziert, dass Eltern SchülerInnen innerhalb von 4 Werktagen bis 15. Juni zu den Sommerschulen anmelden müssen. Danach wurde die Frist um eine Woche verlängert. Vor welchem Hintergrund gehen Sie davon aus, dass die Familien in dem kurzen Zeitraum von der Ankündigung der Maßnahme bis zur Anmeldung der SchülerInnen von den LehrerInnen erreicht werden können?

 

16. Wie viele SchülerInnen haben sich zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage für die Sommerschulen angemeldet? Bitte um detaillierte Darstellung nach Schultyp, Schulstufe und Schulstandort.

 

17. Auf welcher gesetzlichen Grundlage besteht während der Sommerschulen Anwesenheitspflicht? Müssen Eltern bei Verletzung der Anwesenheitspflicht mit einer Verwaltungsstrafe von 110 – 440 € rechnen?

 

18. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist es möglich, die Mitarbeit in den Sommerschulen als Leistungsbeurteilungskriterium für das Schuljahr 2020/21 zur berücksichtigen?

 

19. In der Pressekonferenz hat Bildungsminister Faßmann die Sommerschulen als eine einmalige Chance dargestellt. Warum sollen in den nächsten Jahren keine ähnlichen Angebote stattfinden?



[1]Schober, Barbara/ Lüftenegger, Marko/ Spiel, Christiane (2020): Lernen unter COVID-19-Bedingungen: https://lernencovid19.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_lernencovid19/Zwischenergebnisse_Schueler_innen.pdf

[2] https://www.arbeiterkammer.at/nachhilfebarometer

[3] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2063734-Wiener-Standorte-fuer-Sommerschulen-schon-fix.html