2291/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.06.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Thomas Drozda, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Reformbedarf im Heeresgeschichtlichen Museum

Während die HGM-Direktion und das Verteidigungsministerium in ihren Beantwortungen zweier parlamentarischer Anfragen, die absolut ungenügend waren[1], bislang kaum Reformbedarf beim Heeresgeschichtliches Museum (HGM) sahen, kommt nun, nach Veröffentlichung des Evaluierungsberichts durch die externe Kommission unter der Leitung des Museumsbund-Präsident Dr. Wolfgang Muchitsch, Bewegung in die Causa. Dies ist zu begrüßen.
Die ExpertInnen fanden klare Worte: „nicht mehr zeitgemäß und insgesamt unzureichend“ sei der Ausstellungsteil „Republik und Diktatur“.

Es wird zwar nicht von „expliziten Hinweise(n) auf antisemitische, rassistische oder rechtsextreme Inhalte“, berichtet, jedoch entstünden durch die Zusammenstellung der Objekte und deren „mangelhafte Kontextualisierung problematische Interpretationsspielräume", die eine Missinterpretation der Inhalte möglich machten.

Zudem wird die Anordnung der Objekte von den HistorikerInnen zum Teil als "befremdlich" befunden. „Objektbasierte Ad-hoc-Interventionen“, wie sie in der rezenteren Vergangenheit vorgenommen wurden, seien nicht zielführend. Die Kommission hält abschließend fest, dass es der Ausstellung an einer zeitgemäßen Orientierung fehlt, es wird in der Folge eine Neuaufstellung angeraten.


Da eine grundsätzliche Neuausrichtung des Museums angedacht werden sollte, wird empfohlen, einen Leitbildprozess des HGM ins Auge zu fassen. Dieser kann das Bild eines Militärmuseums im 21. Jahrhundert schärfen und eine zeitgemäße Orientierung des Bundesmuseums ermöglichen.
Es wäre ratsam, das Haus weg von einem „Firmenmuseum“ des Bundesheeres hin zu einem kontextbasierten Museum zu führen, das sich kritischen, sozialhistorischen Aspekten österreichischer und europäischer Militärgeschichte offen annähert. Und sich dabei zeitgemäß der wichtigen Aufgabe vermacht: die dunklen Ecken der Geschichte sorgsam auszuleuchten und in eine Entwicklungshistorie zu integrieren, die in ein Europa des 21. Jahrhunderts mündet, dass errungen hat, Konflikte am Verhandlungstisch zu lösen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1.    Da im Muchitsch-Bericht die Kritik sehr ausführlich erneuert wurde, wurde nun eine teilweise Neuausrichtung des Museums angekündigt:

a.    Gibt es schon einen Fahrplan, wie hier weiter vorgegangen werden soll?

b.    Welche Maßnahmen in Richtung einer Neuausrichtung werden nun in die Wege geleitet?

 

2.    Auf Anraten der ExpertInnenkommission wäre es sinnvoll in der Ausarbeitung der Präsentation des Zeitraumes 1918-1945 mit externen ExpertInnen zusammenzuarbeiten und dauerhaft einen wissenschaftlichen Beirat zu installieren, der jederzeit beratend zur Seite steht.

a.    Welche Schritte in Richtung des Einsetzens einer ExpertInnenkommission werden nun / wurden unternommen?

b.    Welche Schritte in Richtung des Einsetzens eines wissenschaftlichen Beirats werden nun / wurden gesetzt?

 

3.    Die Anfragebeantwortung 1190/AB auf die Anfrage betreffend „Missstände im Heeresgeschichtlichen Museum“ der Bundesministerin für Landesverteidigung, die den Nationalrat am 4. Mai 2020 erreichte, erhält auf Seite 8 von 15 ein unverständliches Budget.
So können beispielsweise die Zahlen, die darin für die Jahre 2017-2019 angegeben sind, nicht korrekt sein.

a.    Wie kann es sein, dass Besoldung und Sachaufwand addiert nicht die Zahlungen ergeben?

b.    Warum ist die Basisabgeltung seit 2017 so stark gesunken?

c.    Wie konnte unter diesen Bedingungen die Liquidität des HGM sichergestellt werden?

d.    Wurden Gegenstände, Liegenschaften etc. verkauft?

e.    Da nun – COVID-19 ist in Österreich gut unter Kontrolle – die Personalressourcen wieder verfügbar sein sollten, bitten wir zudem um Erweiterung der Darstellung über das Jahr 2013 in die weitere Vergangenheit hinaus.

 

4.    Zudem enthält selbige Anfragebeantwortung keinen Zukunftsplan für das HGM, ebenso kein Entwicklungskonzept.

f.      Sehen Sie mittlerweile Anlass hier konkrete Ausarbeitungen zu veranlassen?

g.    In welcher Form und von welchen Gremien könnten diese Konzepte in Ihren Augen sinnvollerweise erstellt werden?

 

5.    Die Evaluierung des Museums sollte in zwei Phasen erfolgen. Phase eins wurde abgeschlossen und die Ergebnisse dem Verteidigungsministerium vorgelegt. Wann erfolgt der formale Auftrag für den Beginn von Phase zwei?

 

6.    Der Leiter der Evaluierung, Historiker Dr. Wolfgang Muchitsch, schlägt eine bessere Verzahnung von Institutionen in Österreich vor, die sich zeitgenössischer Geschichte widmen. Er nennt hier das HdGÖ oder die KZ-Gedenkstätte Mauthausen als mögliche Kooperationspartner. Welche Ursachen begründen, dass bislang noch keine Kooperationen ins Leben gerufen wurden?

 

7.    Ausständig ist immer noch der angekündigte Rechnungshofbericht zum HGM.

a.    Haben Sie Informationen dazu, wann mit der Veröffentlichung gerechnet werden kann?

b.    Wie wollen Sie dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse dieses Berichts umgesetzt werden?

c.    Ist bereits bekannt, ob die Staatsanwaltschaft zugeschaltet werden musste/ muss, wie einige Medien berichteten?

 

8.    Mag. Dr. Ortner ist mit 1. Februar 2020 vorübergehend, längstens jedoch bis zur Nachbesetzung der Leitungsfunktion als Direktor des HGM betraut.

a.    Wann soll die Nachbesetzung der Leitungsfunktion als Direktor des HGM erfolgen?

b.    Wann wird die Ausschreibung für diese Stelle veröffentlicht?

 

9.    Nach den in der Anfragebeantwortung 1190/AB zur Verfügung gestellten Informationen ist für die Provenienzforschung im HGM/MHI ein Mitarbeiter der wissenschaftlichen Assistenz der Direktion zuständig.

a.    Kam es hier zu einem Personalwechsel?

b.    Wofür ist der angesprochene ehemalige FPÖ-Mitarbeiter nun zuständig?

 

10. Der Muchitsch-Bericht wurde Ende März 2020 fertiggestellt und dem Ministerium übermittelt.

a.    Warum wurde er monatelang geheim gehalten?

b.    Warum wurde er in den Beantwortungen so verkürzt dargestellt und nur auf wenige positive Sätze verwiesen statt die detaillierte Kritik darzustellen?

c.    Wann wird der vollständige Bericht veröffentlicht?

 

 

11. Die Ausstattung des Museumsshops ist bereits in der vergangenen Anfrage hinterfragt worden.

a.    Sind aktuell Spielzeugpanzer der Marke Corbi im Museumsshop erhältlich?

b.    Sind aktuell Spielzeugpanzer der Wehrmacht im Museumsshop erhältlich?

c.    Warum wird es für sinnvoll erachtet Kriegsgerät, ja womöglich sogar in Form von Wehrmachtsnachbildungen, in einem Museumsshop zu verkaufen?

 

12. Als ständiges übergreifendes Gremium aller Bundesmuseen ist die Direktorenkonferenz eingerichtet worden, um Informationsausstauch sicherzustellen und die Tätigkeiten der Bundesmuseen zu koordinieren. Auch der Direktor des HGM hat bis zum Jahr 2007 an dieser Konferenz teilgenommen.

a.    Welche Schritte wurden von Ihrer Seite gesetzt um die Zusammenarbeit wieder aufzunehmen und eine bessere Koordination zu ermöglichen?

b.    Mit wem sind Sie hier wann in Kontakt getreten?

 

13. Wie der Anfragebeantwortung 1190/AB zu entnehmen ist, obliegt dem Leiter der Sektion I im BMLV die Dienstaufsicht über das HGM. Wie oft war der Leiter der Sektion im HGM? Bitte um Auflistung von Besuchen und Besprechungen im Jahr 2019 und deren inhaltlicher Schwerpunkte.

 

14. Zu Anfragebeantwortung 1190/AB, Punkt 22 und 22a bis 22e:

a.    Was ist der Unterschied zwischen einer Festschrift und einer Publikation, die einem Museumsdirektor zum Geburtstag gewidmet wird?

b.    Welche leitenden BeamtInnen des Landesverteidigungsministeriums haben in den letzten 15 Jahren ebenfalls eine Publikation zum Geburtstag „gewidmet“ bekommen, für die die Kosten von Seiten des BMLV übernommen wurden?

 

 

15. Zu 23b:

a.    Was genau wurde bei der Prüfung der Disziplinarabteilung des Verteidigungsministeriums untersucht?

b.    Welche Ergebnisse resultieren aus diesen Untersuchungen?

c.    Wer genau hat die Untersuchungen durchgeführt?

 

 

16. Zu 32: Wie der Anfragebeantwortung 1190/AB zu entnehmen ist, erfolgt die Zählung der BesucherInnen „gewissenhaft und korrekt.“

a.    Bitte beschreiben Sie die Methode der Zählung;

b.    Wie werden die Zahlen konkret ermittelt? Bitte um Aufschlüsselung der BesucherInnenzahlen ab dem Jahr 2000;

c.    Bitte um Aufschlüsselung wo der Besuch jeweils konkret entstanden ist;

d.    Wie viele Besuche davon waren bezahlt, wie viele im Rahmen von Veranstaltungen etc.?

 

17. Wie der Anfragebeantwortung 1190/AB zu entnehmen ist, wurde kein Hinweis auf die Biografie des Kriegspropagandamalers Otto Jahn ergänzt. Warum nicht?

 

18. Zu 49 und 50: Wie der Anfragebeantwortung 1190/AB zu entnehmen ist, weisen die Zuwendungen des Vereins Virbus Unitis im Vergleich zu den Aufwendungen des HGM ein Saldo von 61.363,21 Euro auf. Dies ist allerdings nur auf 60.000 Euro aus dem Jahr 2014 zurückzuführen.

a.    Was beschreibt der Posten von 60.000 Euro im Jahr 2014 genau?

b.    Wie wird Sorge getragen, dass die Kosten nicht den Nutzen für das HGM übersteigen, so wie das bereits jetzt in manchen Jahren der Fall ist?

 



[1] Wir möchten festgehalten wissen: Das parlamentarische Interpellationsrecht zielt auf eine informative Beantwortung der gestellten Fragen ab. Dem ist die letzte Anfrage nicht gerecht geworden. Wir werden so lange parlamentarischen Anfragen zum HGM stellen, bis unsere Fragen zufriedenstellend beantwortet werden.