2363/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Virus-Ausbruch in Ischgl und die Reaktion der Zuständigen Behörden

Widersprüchliche Aussagen zur Weiterleitung von Informationen zwischen BMSGPK und Tiroler Behörden

Laut Berichten von diversen Medien, wird von Seiten des Landes Tirols angegeben, dass
Meldungen zu infizierten Ischgl-Urlaubern, die über das europäische Frühwarnsystem EWRS
aus Dänemark, Deutschland, Kroatien, Großbritannien und den Niederlanden kamen, nicht weitergeleitet wurden. Zudem wurde bekannt, dass man Ischgl im Ausland offenbar schon
als Hochrisikogebiet betrachtete, bevor die österreichische Regierung das Paznaun und St.
Anton am Arlberg am Freitag, dem 13. März, offiziell zum Risikogebiet erklärten.

Außerdem wurde vom Nachrichtenmagazin „Profil“ berichtet, dass das Land Tirol bzw. die
zuständige BH Landeck einen Erlass des Gesundheitsministeriums von Ende Februar
missachtet haben soll, wonach alle engen Kontaktpersonen von Corona-Infizierten per
Bescheid für 14 Tage in Heimquarantäne zu schicken sind. So kamen Informationen der
isländischen Behörden am 5. März 2020 zu den fünf betroffenen Hotels in Ischgl, in denen
sich 14 infizierte Isländer befanden. Am Tag darauf folgten auch die Namen. Der damalige
Erlass des BMSGPK zum Kontaktpersonenmanagement sah vor, Kontaktpersonen ohne
Symptome abzusondern - tatsächlich wurde nur eine Hotelmitarbeiterin isoliert. Die
Behörden vor Ort argumentieren - warum das nicht passierte - folgendermaßen, nämlich
dass sie „bei der Kontaktpersonenermittlung unmittelbar von Informationen der isländischen Behörden abhängig [waren], die von den Tiroler Behörden über das Gesundheitsministerium
im Detail angefordert wurden". Sowie: "Diese für eine gemäß den gesetzlichen Vorgaben
detaillierte Kategorisierungs-Zuweisung erforderlichen Informationen lagen aber zuerst gar
nicht und später unzureichend vor. Trotz der zahlreichen erwähnten Abklärungen und
gesetzten Schritte war es aus diesem Grund den Tiroler Behörden nicht möglich, etwaige Kontaktpersonen auszuforschen, zumal die IsländerInnen zu diesem Zeitpunkt schon seit
mindestens vier Tagen nicht mehr in Ischgl/Tirol waren."

Gemeinsame Recherchen von ZIB2 und Profil belegen zudem, dass bereits am 3. März von
einer isländischen Reiseleiterin Informationen über Corona-Fälle von isländischen Ischgl-
Touristen an ein Hotel in Ischgl übermittelt wurden, diese jedoch erst verspätet reagierten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    ) Welche Informationen sind laut ihrem Ministerium notwendig, um das Kontaktpersonenmanagement sowie Kontaktpersonenermittlung konform durchzuführen?

2.     ) Macht es für das Kontaktpersonenmanagement einen Unterschied ob die Personen im Inland oder im Ausland getestet wurde?

3.     ) Sind Namen und Hotels sowie Nationalität von Infizierten ausreichend, dass Behörden Kontaktpersonenmanagement sowie Kontaktpersonenermittlung konform durchführen können?

 

4.     ) Wann bekam Ihr Ministerium zum ersten Mal Informationen über an COVID-19 Erkrankte Personen, die sich in Tirol aufhielten, von Seiten der Behörden aus

a.     Island?

b.     Deutschland?

c.     Dänemark?

d.     Niederlanden?

e.     Großbritannien?

f.      Norwegen?

g.     Schweden?

h.     Kroatien?

5.     ) Bezogen auf Frage 3.): Wie wurden diese Informationen an die Behörden Tirols weitergeleitet?

6.     ) Bezogen auf Frage 3.): Neben den Namen - welche Informationen über Erkrankte
wurden weitergeleitet?

7.     ) In Ischgl wurde wie oben ausgeführt nur eine Hotelmitarbeiterin isoliert, einen öffentlichen Aufruf wie bei anderen Fällen (z.B.: beim „Kitzloch“), gab es nicht. Deckt sich das mit der empfohlenen Vorgehensweise des Ministeriums?

8.     ) Bezogen auf Frage 6.): Wäre ein Aufruf an alle Gäste in Ischgl die die dieselben Hotels/Bars/Liftanlagen wie die Isländer frequentierten nicht angebracht gewesen?

9.     ) Das Land Tirol gibt an, dass Informationen vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz an die Behörden in Tirol nicht weitergeleitet wurden. Trifft diese Aussage zu?

a.     Wenn ja, welche Informationen wurden nicht weitergeleitet?

b.     Wenn nein, würde dies auf eine Nichteinhaltung eines Erlasses von Seiten der Tiroler Behörden hinweisen?

10.   ) Wurde Ihr Ministerium auf das Fehlen von Informationen von Seite der Tiroler Behörden hingewiesen?

a.     Wenn ja, wann?

b.     Wenn ja, welche Informationen betrifft das?

c.     Wenn ja, waren diese Informationen Voraussetzung, um Erlässe einzuhalten?

 

 

11.   ) Das Land Tirol gibt an, dass Informationen gefehlt hätten, Kontaktpersonen der Isländer zu ermitteln. Wäre das nicht anhand von Gästenamen sowie Hotelnamen der Erkrankten möglich gewesen?

12.   ) Es war „den Tiroler Behörden nicht möglich etwaige Kontaktpersonen auszuforschen“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme zu der Nachverfolgung von etwaigen Kontaktpersonen erkrankter Isländer in Ischgl. Wann hat das Ministerium davon erfahren und wie hat das Ministerium darauf reagiert? (Da das Ministerium zuständige Oberbehörde ist).

13.   ) Welche Aufgaben fallen einer Oberbehörde zu, wenn sie Kenntnis von Fehlverhalten einer ihr nachgeordneten Bezirksvertretungsbehörde (BVB) erlangt?

 

14.   ) Das Land hat zugegeben, dass das Kontaktpersonenmanagement bei den Isländern nicht durchgeführt werden konnte. Wurde das Ministerium vom Land Tirol bzw. der BH Landeck ab 5. März darüber in Kenntnis gesetzt, dass Kontaktpersonen der Isländer nicht ausgeforscht werden können?

a.     Wenn ja, wann erfolgte diese Information und wie reagierte das Ministerium darauf?

b.     Wenn nein, auf welchem anderen Weg und wann erlangte das Ministerium Kenntnis davon?

15.   ) Warum wurde das Paznaun und St. Anton am Arlberg erst am Freitag, dem 13. März, offiziell zum Risikogebiet erklärt, während es etwa in Island oder Dänemark schon länger als Hochrisikogebiet galt? Wurde die Einschätzung der ausländischen Behörden nicht ernst genommen bzw. geteilt?

16.   ) Gab es Meinungsverschiedenheiten in der Umsetzung der Erlässe zwischen Ihrem Ministerium und den Tiroler Behörden?

a.     Wenn ja, wann?

b.     Wenn ja, welche?

17.   ) Das Gesundheitsministerium verlässt sich bei den Einschätzungen auf das Robert- Koch-Institut. Warum wird für diese Situation im Inland auf eine Expertise aus dem Ausland zurückgegriffen?

18.   ) Wurden Erlässe von Seiten des Landes Tirols bzw. der BH Landeck nicht eingehalten oder nicht umgesetzt?

a.     Wenn ja, welchen Fall/ welche Fälle betreffend?

b.     Wenn ja, an welchen Tagen?

c.     Wenn ja, gab es Konsequenzen von Seiten des Ministeriums?

d.     Wenn ja, gab es darüber einen Austausch zwischen Ministerium und dem Land Tirol bzw. der BH Landeck darüber?

e.     Wenn ja, warum wurde kein Fehlverhalten in der Beantwortung der Anfrage Nr. 1282/J der Abgeordneten Julia Herr, Genossinnen und Genossen festgestellt?

19.   ) War die Umsetzung von Erlässen durch Tiroler Behörden jemals Gegenstand der täglichen Krisenstabsitzungen?

a.     Wenn ja, wann?

b.     Wenn ja, warum?

20.   ) Am 8. März stufte die Tiroler Landessanitätsdirektion Ischgl trotz Kritik aus Island noch folgendermaßen ein: „Eine Übertragung des Coronavirus auf Gäste der Bar ist aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich.“

a.     Deckt sich dies mit der Meinung des Ministeriums?

b.     Wenn ja, warum?

c.     Wenn nein, wurden die Tiroler Behörden auf darauf hingewiesen, dass diese Annahme falsch ist?

21.   ) Aus der Information Islands vom 5. März geht zweifelsfrei heNor, dass die 14 infizierten Isländer an unterschiedlichen Tagen nach Island zurückflogen, dass Symptome bereits in Ischgl anfingen und dass diese nicht als Gruppe gereist sind. Trotzdem veröffentlichte das Land Tirol am selben Tag auf seiner Website eine

Stellungnahme der Landessanitätsdirektion, wonach sich die Isländer bei ihrem „Rückflug im Flugzeug angesteckt haben dürften“

a.     Deckt sich dies mit der Meinung des Ministeriums?

b.     Wenn ja, warum?

c.     Wenn nein, wurden die Tiroler Behörden darauf hingewiesen, dass diese Annahme falsch ist?

22.    ) Am 3. März 2020, kam eine Mail einer isländischen Reiseleiterin, die einen Betrieb in Ischgl darauf hinwies, dass zwei Gäste nach der Rückkehr nach Island positiv auf Corona getestet wurden. Namen und Zimmernummern wurden mitgeteilt und es wurde zudem darauf hingewiesen, dass eine Person aus einer anderen Reisegruppe positiv getestet wurde.

Ab wann wusste Ihr Ministerium und der Krisenstab von diesem Mail?

23.    ) Bezogen auf Frage 18): Diese Informationen per Mail kamen erst am 5. März bei den Tiroler Behörden an. War dies gemäß den Vorgaben des Epidemiegesetzes?