2457/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Studien und Analysen

In Anfragebeantwortung 1269/AB vom 12.05.2020 beantwortet Bundesministerin
Tanner die Frage nach den Leistungen des Instituts für Sicherheitspolitik (ISP) mit
Hinweis auf eine Liste von Studien, Analysen und Veranstaltungen. Diese Liste um-
fasst eine Vielzahl von Vorträgen und Studien im Zeitraum zwischen den Kalender-
jahren 2017 und 2019. Die Vortragsthemen sind zuweilen sehr spezifisch, in anderen
Fällen schwer bis nicht nicht nachvollziehbar ("Hintergrundgespräch").

Im Jahr 2017 betreffen von 10 Veranstaltungen acht den Themenschwerpunkt Russ-
land, eine die Ukraine und eine die USA. Bei den Studien/Analysen ist die Russland-lastigkeit ebenso ausgeprägt: Acht Russlandanalysen stehen eine zur Ukraine und
eine zu den USA gegenüber.

Während sich sowohl Themen als auch Autoren in den zwei Folgejahren erweitern,
bleibt eine starke Russlandlastigkeit bestehen. 2018 gibt es sechs Veranstaltungen
zu Russland und fünf zum Schwerpunktthema Moldau. Der Rest der Welt bekommt
weitere neun Veranstaltungen. (Die Anzahl der Veranstaltungen ist inflationiert, da
mehrere oft am gleichen Tag stattfinden und wahrscheinlich Teile einer einzigen Veranstaltung darstellen. Auch dazu passende Papiere werden als selbständige
Analysen aufgelistet.) Bei den Analysen/Studien im Jahr 2019 haben neun Russland
zum Thema, zwei die Ukraine und eine das Verhältnis dieser beiden Staaten zuei-
nander. Acht weitere betreffen den Rest der Welt; erstaunlicherweise keine zum Themenschwerpunkt Moldau.

Im letzten Jahr der Auflistung, 2019, wurden 19 Veranstaltungen abgehalten, davon
fünf zu Russland und fünf zu multilateralen Themen, die allerdings alle Russland be­inhalteten. Moldau war das Thema von vier Veranstaltungen, die post-sowjetische
Welt von zwei weiteren. Georgien, Terrorismus und Desinformation wurden je einmal diskutiert. Bei den Studien/Analysen betrafen im Jahr 2019 acht von 43 Georgien.
Auch die Kaukasus Region war mit fünf relativ stark vertreten. Russland war nur das
Thema von vier Studien, war aber wieder bei bi- oder multilateralen Studien mehr-
mals vertreten. Im Jahr 2019 taucht auch die erste und einzige Studie zu China (zur
Belt-and-Road Initiative) auf. Auch der Balkan, der Schwerpunkt der österreichischen Außenpolitik, bekommt seine erste Studie, allerdings im Konnex mit Russland.

Verteilt über die drei Jahre taucht das Fokusthema des BMLV, Cybersecurity, kein
Mal auf, genau so wenig wie asymmetrische Risiken. Terrorismus schafft es drei Mal
auf die Liste, Desinformation ein Mal. Auch China, eine der großen Sicherheitsher­ausforderungen für Europa und Österreich, ist nur ein Mal anzutreffen. Der Nahe Os-
ten und Migration sind von der Liste praktisch abwesend, Afrika und Lateinamerika,
sowie Ostasien (mit der einen Seidenstraße-Ausnahme) kommen nicht vor. Die au­ßenpolitische Schwerpunktregion Westbalkan kommt nur ein Mal vor, Sicherheitsbe-
denken betreffend Serbien, Kosovo oder Nordmazedonien gar nicht.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Einige dieser Studien und Analysen scheinen keinen direkten Bezug zu den Auf-
gaben des BMLV aufzuweisen. Wurden alle Veranstaltungen, Studien und Analy-
sen vom BMLV angefordert, oder wurden sie vom Vertragspartner ISP nach ei-
genem Gutdünken bereitgestellt?

a.    Wenn angefordert, nach welchen Kriterien wurden die Veranstaltungen,
Studien und Analysen angefordert?

b.    Wenn nicht angefordert, nach welchen Kriterien lässt das ISP Veranstal-
tungen, Studien und Analysen für das BMLV veranstalten oder erstellen?
Hat das Ministerium ein Mitspracherecht, welche Veranstaltungen, Studien
oder Analysen es als für das Ministerium relevant ansieht und als Teil der Vertragserfüllung anerkennt?

2.    Die Veranstaltungen und Studien des ISP sind in ihre Schwerpunkten stark nach Osteuropa ausgerichtet. Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2020 legt ihren
Fokus auf völlig andere Themen. GSVP, Energiesicherheit (mit einer Ausnahme betreffend Nord Stream) und Resilienz, sicherheitsrelevante technische Entwick-
lungen und Österreichs Rolle in internationalen Institutionen sind völlig abwesend. Warum sind diese Schwerpunktthemen der österreichischen Sicherheitspolitik
völlig unter- oder unentwickelt?

a. War das BMLV in die Entwicklung der Themen eingebunden oder hat das
ISP diese selbständig entwickelt?

3.    In Hinblick auf die Studien und Analysen, was ist der Mehrwert des ISP im Ver-
gleich zu einer Suche der Themen auf einer akademischen Suchplattform?
Am Beispiel der Studie von Jurij Kofner: Did the Eurasian Economic Union (EAEU)
create a common market for goods, services, capital and labor within the Union?
Eine Suche nach „Eurasian Economic Union” auf der Webseite von American University ergab 3.616 Hits. Verlinkt mit „common market“ waren es 1.447 Hits.
Außer das Ministerium hatte eine spezifische Anfrage zu diesem Thema, was ist
der Mehrwert der ISP Studie für das BMLV gegenüber der Lektüre bereits vor­handener akademischer Publikationen?

a. Was ist das spezifische Interesse des BMLV an diesem Thema?

4.    Wie viele Mitarbeiter_innen des BMLV nehmen im Schnitt an den Veranstaltun-
gen teil? Um den Aufwand der Auflistung aller Teilnehmer_innen bei allen Veran­staltungen zu vermeiden, bitte um die Teilnehmerliste von BMLV Mitarbei-
ter_innen zu den folgenden Veranstaltungen:

a.    12. Juni 2017: Hintergrundgespräch mit Prof. Dr. Ruslan Grinberg, Direktor
i.R. des Wirtschaftsinstitutes an der Russischen Akademie der Wissen-
schaften.

b.    22. Februar 2018:: Hintergrundgespräch „Die historischen Hintergründe
und das philosophische Wesen Mitteleuropas“ mit ao. Univ.-Prof. DDr.

Christian

Stadler.

c.     4. April 2019: Podiumsdiskussion „De facto Staatlichkeit und Konflikte im postsowjetischen Raum“ Podiumsdiskussion u.a. mit Dr. Alexander Iskan-
daryan, Leiter des Caucasus Institute (Jerewan, Armenien) und Dr. Sergey Markedonov, Experte des Russian International Affairs Council (RIAC), in Kooperation mit International Institute for Peace (IIP).