2510/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.06.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und GenossInnen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Projekt „Edelstein“ – geplante (Teil)Privatisierung des Bundesrechenzentrums

Medienberichten zufolge (Profil, Standard“, ORF-ZiB2) plante das ÖVP-Finanzministerium unter dem Decknamen „Projekt Edelstein“ still und heimlich 2018/2019 die (Teil)Privatisierung des Bundesrechenzentrums .

„Das Bundesrechenzentrum sollte an die Österreichische Post AG abgegeben werden. Ohne Einbindung des Regierungspartners FPÖ. Das Vorhaben überdauerte auch den Zusammenbruch der türkis-blauen Koalition. Es war so konkret, dass selbst notwendige Gesetzesänderungen vorbereitet waren....... Die nachfolgende Geschichte handelt von einem geheimen Vorhaben des ÖVP-regierten Finanzministeriums (BMF) 2018/2019, an das sich heute ebendort niemand mehr so recht erinnern will. Das Ressort von Finanzminister Hartwig Löger bereitete ab dem Sommer 2018 mit aller Ernsthaftigkeit den vollständigen Verkauf der Bundesrechenzentrum GmbH an die teilstaatliche Österreichische Post AG vor. „Projekt Edelstein“, wie es intern bezeichnet wurde.

Journalisten von profil, „Der Standard“ und ORF-ZiB2 hatten Zugang zu vertraulichen Akten des Finanzministeriums, die den Zeitraum Juni 2018 bis August 2019 abdecken: E-Mails, Memos, Power-Point-Präsentationen und Rechtsgutachten, die eine Fülle von Problemstellungen rund um die beabsichtigte Transaktion behandeln. Die Dokumente liefern auch Hinweise auf mehrere Besprechungen zwischen Vertretern des Finanzministeriums, des Bundeskanzleramts und der Post (das BRZ selbst scheint in diese Gespräche gar nicht involviert gewesen zu sein). (Profil, 19.6.2020)

Das Bundesrechenzentrum (BRZ) ist der führende IT Service Provider im Public Sector in Österreich; als E-Government-Partner der österreichischen Verwaltung entwickelt und betreibt das BRZ zentrale IT-Lösungen der öffentlichen Hand und verfügt über eines der größten Rechenzentren (1300 MitarbeiterInnen, 30.000 betreute IT-Arbeitsplätze und 4.600 TB gespeicherte Daten) des Landes.

Über das Bundesrechenzentrum laufen die Haushaltsverrechnung des Bundes, die Bundesbesoldung, FinanzOnline, e-Zoll, ELGA, Grund- und Firmenbücher, usw. (Link); das Bundesrechenzentrum ist damit mit Fug und Recht als Hüterin der sensibelsten/intimsten Daten der ÖsterreicherInnen zu bezeichnen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Was genau war im Rahmen des Projekt „Edelstein“ (Übertragung der Bundesanteile der BRZ GmbH an die ÖBAG zur Weiterveräußerung an die Post AG) geplant? Wurden dazu Gutachten eingeholt? Wenn ja, wer hat sie beauftragt, wer hat sie verfaßt und zu welchem Schluß kommen diese Gutachten? Was haben diese Gutachten gekostet?

2.    Wer hat das Projekt „Edelstein“ initiiert und forciert? Wer trägt dafür die politische Verantwortung? Wer ist rechtlich verantwortlich?

3.    Welche Organisationen und MitarbeiterInnen des BMF waren in die Vorbereitung des Projekts „Edelstein“ eingebunden? Waren in die Vorbereitungen des Projekts auch MitarbeiterInnen des BKA, des BMI, des BMJ oder anderer Ressorts eingebunden und wenn ja, wer? Waren in die Vorbereitungen auch VertreterInnen der Länder, Städte oder Gemeinden involviert und wenn ja, wer?

4.    War der damalige Generalsekretär des BMF und Büroleiter von BM Löger, Herr Thomas Schmid, in das Privatisierungsvorhaben eingebunden? Hat er es initiiert? An welchen Besprechungen und mit welchen TeilnehmerInnen hat Herr Schmid bezüglich des BRZ-Privatisierungsvorhabens teilgenommen?“

 

5.    Welche Kosten sind für die Vorbereitung des Projekts „Edelstein“ entstanden?

6.    Wurden zur Vorbereitung des Projekts „Edelstein“ Vorgespräche mit der Post AG geführt und wenn ja, von wem mit wem?

7.    Wurden zur Vorbereitung des Projekts „Edelstein“ Vorgespräche mit der BRZ GmbH geführt und wenn ja, von wem mit wem?

8.    Die Bundesrechenzentrum GmbH betreibt eines der größten Rechenzentren Österreichs und ist Hüterin des Datenschatzes der Republik; die Liste der Services der Bundesrechenzentrum GmbH für die BürgerInnen, Unternehmen und die Verwaltung liest sich wie das „Whoiswho“ sensibelster Anwendungen und Daten: digitales Amt. ELGA, Finanzonline, Grundbuch, Firmenbuch......... um nur einige wenige zu nennen. Diese Fülle sensibler/intimer Daten gerade der Post AG überantworten zu wollen, entbehrt nicht gewisser Ironie (siehe Verfahren der Datenschutzbehörde gegen die Post AG wegen Verstößen gegen die DSGVO - Weitergabe von Parteiaffinitäten). Welche datenschutzrechtlichen Absprachen waren im Projekt „Edelstein“ vorgesehen, um die intimsten Daten der ÖsterreicherInnen zu schützen? Welche dieser Dokumente liegen vor und was beinhalten sie?

9.    Wurde in Vorbereitung des Geheimprojektes auch geprüft, ob die Privatisierung und damit eine Übereignung personenbezogener Daten an die Post AG nach der DSGVO überhaupt zulässig ist? Wenn ja, mit welchem Resultat?

10. Wie dem Profil-Artkel zu entnehmen ist, rechnete das BMF mit keinen nennenswerten Erlösen durch die (Teil)Privatisierung der BRZ GmbH: „Die BMF-Akten legen auch den Schluss nahe, dass das Finanzministerium mit keinem nennenswerten Verkaufserlös rechnete. Das Bundesrechenzentrum arbeitet für den Staat nach dem so genannten Kostendeckungsprinzip, es verrechnet seine Leistungen faktisch zum Selbstkostenpreis; die Gewinne sind entsprechend schmal. 2018 lag das Ergebnis vor Steuern bei gerade einmal 574.340 Euro. „Verkaufspreis für BRZ GmbH mangels Gewinn kaum darstellbar“, heißt es in einem der zahlreichen Memos des Finanzministeriums.“(profil) Welchen Verkaufserlös kalkulierte das BMF für die Übertragung und falls dieser tatsächlich „nicht nennenswert“ war, warum wurde die Übertragung der Bundesanteile der BRZ GmbH an die ÖBAG zur Weiterveräußerung an die Post AG sowie die Rückführung des Kaufpreises durch die ÖBAG an das BMF überhaupt ventiliert und diskutiert?

11. Welche Vorbereitungen hat das Projekt „Edelstein“ für die IT-Leistungen der Republik Österreich vorgesehen? Wurden dazu Gutachten eingeholt? Wenn ja, was sagen diese? Was haben diese Gutachten gekostet? 

12. War das Projekt „Edelstein“ im Zusammenhang mit der IT-Konsolidierungsstrategie des Bundes zu sehen? Ergibt sich aus dem Bericht eine Empfehlung die Privatisierung des BRZ in Angriff zu nehmen?

 

13.  Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine „verstärkte Zusammenarbeit des Bundesrechenzentrums mit der Statistik Austria“  bzw. „die Weiterentwicklung des BRZ in ein Kompetenzzentrum für Digitalisierung in der Bundesverwaltung“ vor. In welcher Form soll die verstärkte Zusammenarbeit des BRZ mit der Statistik Austria erfolgen? Was ist konkret vorgesehen? Welcher Zeithorizont liegt vor?

 

14. „Es gibt keine Pläne, das BRZ an die Post zu übertragen , schrieb das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort , Ressortchefin: Margarete Schramböck, ÖVP auf Anfrage der recherchierenden Medien. Das Ministerium nehme die „Eigentümer-Vertreter-Rolle sehr ernst“ und arbeite an „einer Weiterentwicklung des BRZs in Richtung eines Kompetenzzentrums für Digitalisierung. Aktuell laufen Gespräche mit relevanten Stakeholdern und Vorarbeiten zur geplanten IT-Konsolidierung“ werden Sie im Profil zitiert. Welche konkreten Resultate haben die bisher laufenden Gespräche zur geplanten IT-Konsolidierung ergeben? Was ist genau geplant?