2512/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.06.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Philip Kucher,
Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend Ho und Co. – sind das Ihre geheimen ExpertInnen?

 

Mit einem vielsagenden Zeitungsinterview[1] ließ der nicht zuletzt wegen illegaler Corona-Parties - bei denen laut Medienberichten auch Drogen konsumiert worden sein sollen - öffentlich bekannte Gastronom Martin Ho neuerlich aufhorchen: „Mittlerweile ist ein interner Regierungskampf Gesundheitsministerium gegen Tourismusministerium, wann und wie die Klubs geöffnet werden könnten.“ (sic!)

Weiter: „In der Expertengruppe schlagen wir mit anderen Nachtgastronomen Fiebermessungen und die Reduktion der Kapazität auf 75 Prozent vor.

Und um dem ganzen noch den sprichwörtlichen Hut aufzusetzen: „Oder nur Gäste in den Klub zu lassen, die die Corona-App haben, um das Risiko zu minimieren.

Schon im Zusammenhang mit der Causa Ischgl konnte man leidvoll beobachten, wohin es führt, wenn Wirtschaftsinteressen über die Interessen der Gesundheit gestellt werden. Dass ein solcher interner „Regierungskampf“ offenkundig neuerlich entlang der selben Linien geführt wird, widerspricht den bisherigen Darstellungen der Regierungsmitglieder in Anfragebeantwortungen und medialen Darstellungen.

Besonders hinterfragenswert scheint alleine schon der Umstand, dass Martin Ho nach diesen Angaben offensichtlich einer der Öffentlichkeit unbekannten „Expertengruppe“ angehören dürfte.

Nach Sobotka und Mei-Pochtler reiht sich auch Ho in die Reihe der Kurz-Vertrauten ein, die längst beendet geglaubte Debatten rund um Freiwilligkeit und Zwang von Corona-Apps stetig neu entfachen. Echte Freiwilligkeit setzt voraus, dass keine Vor- oder Nachteile entstehen, je nachdem ob man im Besitz der App ist oder eben nicht.


Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1)     Wie viele offizielle und/oder inoffizielle bis informelle Beratungsgremien oder -Kreise, Task-Forces oder formlose Runden in denen sich mit möglichen unterschiedlichen Herausforderungen der Pandemie auseinandergesetzt wird gibt es innerhalb der Bundesregierung?

2)     Wo sind diese jeweils angesiedelt?

3)     Wer sind jeweils die Mitglieder dieser? (Bitte um detaillierte Nennung jeweils aller Mitglieder aller jeweiligen solcher Beratungsrunden, auch jener, die nur im entferntesten Sinn als Beratungsrunden gemeint sein könnten)

4)     Gibt es neben dem SKKM im Innenministerium und der Corona-Taskforce im Gesundheitsministerium auch ein eigenes Beratungsgremium des Bundeskanzlers?

a.       Wenn ja, bitte um Übermittlung aller Namen der Personen, die jemals im Rahmen dieses Kreises hinzugezogen wurden.

b.      Wenn ja, wie oft hat sich dieser Kreis – unabhängig von der jeweiligen personellen Zusammensetzung seit Beginn der „Coronakrise“ getroffen?

c.       Wenn ja, gibt es – wenn auch nur formlose – (Ergebnis-)Protokolle dieser Sitzungen? (Bitte um vollständige Übermittlung aller diskutierten Unterlagen / Tischvorlagen / Expertenpapiere sowie Zwischen- & Endergebnisse)

d.      Wenn ja, inwieweit erfolgt eine Abstimmung/Zusammenarbeit mit den anderen Stäben der Bundesregierung, insbesondere dem SKKM im Innenministerium und der Taskforce-Corona im Gesundheitsministerium?

e.       Wenn ja, ist Martin Ho Mitglied dieses „Gremiums“ oder war er jemals bei einem der etwaigen Zusammentreffen dieses anwesend?

5)     Im Sinne größtmöglicher Transparenz und Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen im Zusammenhang mit der Coronoa-Krise: welche Maßnahmen wurden von Ihnen gesetzt um ein neuerliches „Schreddern von Festplatten“ etc. in Ihrem Umfeld zu verhindern?

6)     Ist es zutreffend, dass Martin Ho mit „anderen Nachtgastronomen“ vorschlugen, „nur Gäste in den Klub zu lassen, die die Corona-App haben“?

a.       Wem wurde dieser Vorschlag konkret unterbreitet? (Bitte um dezidierte Angabe, ob Sie selbst bei der Unterbreitung dieses Vorschlages anwesend waren)

b.      Wie sah die Reaktion Ihres Ressorts auf die Unterbreitung dieses Vorschlages aus? (Sofern ein Protokoll der Sitzung, in der dieser Vorschlag unterbreitet wurde besteht, bitte um Übermittlung der nicht nachbearbeiteten Version dieses.)

c.       Können Sie ausschließen, dass das Nutzen der Corona-App mit etwaigen Sonderrechten einhergehen wird, womit von einer Freiwilligkeit nicht mehr gesprochen werden dürfte?

7)     Als Regierungschef: Ist Ihnen der Umstand eines „regierungsinternen Kampf Gesundheitsministerium gegen Tourismusministerium“ bekannt? (Es wurde die von Martin Ho gewählte Formulierung zitiert, auch wenn Sie die Formulierung anders wählen würden, bitte explizit und jedenfalls um Beantwortung aller damit zusammenhängenden Fragen)

a.       Wenn ja, worum geht es in diesem „internen Regierungskampf“?

b.      Wenn ja, welche Position vertreten Sie in diesem „internen Regierungskampf“?

c.       Wenn ja, welche Position vertreten jeweils die Tourismusministerin und der Gesundheitsminister bzw. deren Ressorts in diesem „internen Regierungskampf“?

d.      Ist die Corona-App Gegenstand des „internen Regierungskampfs“?

e.       Sind „Lockerungen“ im Bereich der Nachtgastronomie Gegenstand des „internen Regierungskampfs“?

8)     Findet in irgendeiner denkbaren Form durch Sie persönlich oder MitarbeiterInnen Ihres Ressorts mit Martin Ho eine Zusammenarbeit statt?

9)     Gibt es in irgendeiner denkbaren Form einen  Austausch zwischen Ihnen (oder MitarbeiterInnen Ihres Ressorts) und Martin Ho?

a.       Wenn ja, bitte um detaillierte Auflistung der Gesprächstermine sowie Inhalt und Ergebnisse dieses Austausches.

b.      Wenn nein, wie kommt Martin Ho zu den im zitierten Medienartikel getroffenen Hintergrundwissen und Aussagen?

10) Waren Sie selbst bei der Party am 1. Mai 2020 oder waren Sie auch „schon im Bett“?

 



[1] https://kurier.at/politik/inland/martin-ho-in-zehn-jahren-lachen-wir-ueber-die-krise/400939562