2539/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend gratis Schulbuch

In der Corona-Krise wurde nun sichtbar, was Expertinnen und Experten schon länger kritisieren: das österreichische Schulsystem hinkt in Sachen Digitalisierung stark hinterher. Nun wurden „endlich“ - so wie Bildungsminister Faßmann sogar selbst zugeben muss - Eckpunkte für die Digitalisierung an den Schulen präsentiert. Dabei wurde bereits im Jahr 2017 unter Bildungsministerin Hammerschmid das Digitalisierungskonzept „Schule 4.0“ vorgelegt. Dessen Umsetzung hätte nur fortgesetzt werden müssen. Leider wurde das Projekt 2018 unter Bildungsminister Faßmann gestoppt und jahrelang einfach nichts gemacht. Die Rechnung haben, besonders in den Corona-Monaten die SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern bezahlt, die mit dem Home Schooling alleingelassen wurden. Oft fehlte die notwendige Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Im Rahmen des 8 Punkte Plans wurde nun unter anderem präsentiert, dass ab dem Schuljahr 2021/2022 schrittweise SchülerInnen der Sekundarstufe mit digitalen Endgeräten - also Tablets und Laptops - ausgestatten werden sollen. Allerdings trifft dies nur auf einige ausgewählte Schulen - nämlich jene, deren Konzepte vom Ministerium als gut befunden werden - zu, es dauert ohnedies vier Jahre bis alle SchülerInnen dieser ausgewählten Schulen ausgestattet sind.

Im Rahmen der Pressekonferenz hat Bundeskanzler Kurz den präsentierten Plan mit der gratis Schulbuchaktion verglichen und dabei an Bruno Kreisky erinnert. Bildungsminister Faßmann ergänzte:

"So wie das Gratis-Schulbuch den Zugang zur Bildung erleichtert und soziale Barrieren ausgeräumt hat, genauso werden wir mit den Endgeräten ein Lernwerkzeug den Schülern in die Hand legen."

In Wahrheit hat sich die türkis-grüne Regierung allerdings von der Idee des Gratis- Schulbuches längst verabschiedet. Denn die digitalen Endgeräte werden nicht gratis - so wie dies beim gratis Schulbuch von Kreisky der Fall war - sein, sondern es werden hierfür Kostenbeiträge von den Eltern verlangt. Das dicke Ende kommt für die Familien also dann, wenn ihnen im Herbst 2021 plötzlich eine Rechnung der Schule ins Haus flattert.

Außerdem geht es nicht nur bloß um die Ausstattung mit entsprechender Hardware, sondern vor allem natürlich auch um die digitalen Inhalte und Lehrmittel: von Lern-Apps bis zum digitalen Schulbuch. Umso verwunderlicher ist daher, dass das Thema digitales Schulbuch, allen voran die Finanzierung von digitalen Inhalten, im Rahmen des 8 Punkte Planes in keiner Weise berücksichtigt wurden. Dabei reichen Berichten der Krone[1] zur Folge und laut Verleger von Schulbüchern die Mittel seit Jahren nicht einmal aus, um die „reguläre Schulbuchaktion“ zu finanzieren. Während die Herstellungskosten jährlich steigen, sanken die Ausgaben für die gratis Schulbuch Aktion in den vergangenen Jahren sogar: während im Jahr 2016 noch rund 110,2 Mio. Euro für Schulbücher ausgegeben wurden (DB 25.01.03.4110), sanken die

Auszahlungen im Jahr 2018 auf 107,6 Mio. Euro. Laut Verleger fehlen derzeit alleine für die Print-Bücher 20-30 Millionen Euro.

Noch schlimmer stellt sich die Situation jedoch im digitalen Bereich dar. Hier warnen die Verleger vor einem regelrechten digitalen Fiasko. Obwohl die Nachfrage nach digitalen Schulbüchern seit Jahren steigt, stehen für den Online Bereich nur rund 1 % des Schulbuchbudgets zur Verfügung. Während der Corona-Krise haben Schulbuchverleger ihr Angebot gratis zur Verfügung gestellt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Schulbuchverlage aus wirtschaftlicher Notwendigkeit für das Angebot Kosten verlangen werden müssen. Laut Verleger fehlen 20 Mio. Euro. Nachdem es weder seitens ihres Ministeriums noch seitens des Bildungsministers einen Plan für die Finanzierung dieser digitalen Inhalte gibt, ist zu befürchten, dass auch hier die Eltern zur Kasse gebeten werden.

Damit bleibt von der Idee des gratis Schulbuches des 21. Jahrhunderts - das gratis Tablet und gratis Inhalte - als zusätzliche Ergänzung zum Print-Buch nur wenig. Gegenüber der Krone äußerten Sie sich zum aufgezeigten Problem wie folgt:

„Auch, wenn es uns ein großes Anliegen ist, die digitalen Schulbücher finanziell besser auszustatten, konnte dies für das kommende Schuljahr aufgrund des verspäteten Budgets leider nicht erfolgen.“

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend folgende

Anfrage:

1)    Waren Sie bei der Erstellung des 8 Punkte Plans zur Digitalisierung an Schulen mit eingebunden?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, warum nicht?

2)    Haben Sie sich im Sinne der Familien bei den Verhandlungen zum Digitalisierungsplan dafür eingesetzt, dass die Schulbuchaktion - sowohl das Print-Schulbuch, als auch das digitale Schulbuch - weiterhin gratis sein soll?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, warum sollen Familien in der ohnehin durch die Corona-Krise angespannten finanziellen Situation weiter finanziell belastet werden?

c.    Wenn ja, warum haben Sie sich nicht durchgesetzt?

3)    Warum finden sich in diesem Plan keine näheren Details zur Finanzierung des digitalen Schulbuches?

4)    Wie hoch werden die Elternbeiträge für das digitale Schulbuch in Zukunft sein? Bitte um Darstellung der zu erwartenden Durchschnittskosten in Euro für die Endgeräte sowie zu erwartende Beiträge für digitale Inhalte.

5)    Wirkt sich der 8 Punkte Plan auf die bisherigen Budgetmittel für die Schulbuchaktion aus?

a.    Sind in den präsentierten 200 Mio. Euro auch Mittel für das digitale Schulbuch vorgesehen? Wenn ja, bitte um jährliche Darstellung der dafür vorgesehenen Mittel.

6)    Soll das Print-Schulbuch durch das digitale Schulbuch ersetzt werden?

a.    Wenn nein, warum werden die Mittel für beide Arten des Schulbuches nicht aufgestockt?

b.    Wenn ja, bis wann soll diese Umstellung flächendeckend erfolgt sein?

7)    Warum sanken die Ausgaben 2018 im Vergleich zum Jahr 2016 für die Schulbuchaktion?

8)    Sie verweisen darauf, dass die finanzielle Dotierung auf Grund des zeitlichen Fristenlaufes im Rahmen des Budgets leider nicht erfolgen konnte. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung den COVID-19-Krisenbewältigungsfonds eingerichtet. Warum wurden keine Mittel für das digitale Schulbuch dotiert?

a. Haben Sie sich beim Finanzminister für mehr Mittel für das digitale Schulbuch eingesetzt? Wenn nein, warum nicht?

9)    Wie hoch sind die zusätzlichen Ausgaben der Familien, die durch die Phase des Home Schoolings entstanden sind? (z.B. Ausgaben für digitale Nachhilfe und Lern Apps?) Bitte um detaillierte Aufstellung der für die Eltern entstandenen Kosten.



[1] https://www.krone.at/2160441