2540/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend 8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht

In der Corona-Krise wurde nun sichtbar, was Expertinnen und Experten schon länger kritisieren: das österreichische Schulsystem hinkt in Sachen Digitalisierung stark hinterher. Nun wurde „endlich“ - so wie Bildungsminister Faßmann sogar selbst zugeben muss - Eckpunkte für die Digitalisierung an den Schulen präsentiert. Dabei wurde bereits im Jahr 2017 unter Bildungsministerin Hammerschmid das Digitalisierungskonzept „Schule 4.0“ vorgelegt. Dessen Umsetzung hätte nur fortgesetzt werden müssen. Leider wurde das Projekt 2018 unter Bildungsminister Faßmann gestoppt und jahrelang einfach nichts gemacht. Die Rechnung haben besonders in den Corona-Monaten die SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern bezahlt, die mit dem Home Schooling alleingelassen wurden. Oft fehlte die notwendige Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Im Rahmen des 8 Punkte Plans wurde nun unter anderem präsentiert, dass ab dem Schuljahr 2021/2022 schrittweise SchülerInnen der Sekundarstufe mit digitalen Endgeräten - also Tablets und Laptops - ausgestatten werden sollen. Allerdings trifft dies nur auf einige ausgewählte Schulen - nämlich jene, deren Konzepte vom Ministerium als gut befunden werden - zu, es dauert ohnedies vier Jahre bis alle SchülerInnen dieser ausgewählten Schulen ausgestattet sind.

Im Rahmen der Pressekonferenz hat Bundeskanzler Kurz den präsentierten Plan mit der gratis Schulbuchaktion verglichen und dabei an Bruno Kreisky erinnert. Sie ergänzten dazu:

"So wie das Gratis-Schulbuch den Zugang zur Bildung erleichtert und soziale Barrieren ausgeräumt hat, genauso werden wir mit den Endgeräten ein Lernwerkzeug den Schülern in die Hand legen."

In Wahrheit hat sich die türkis-grüne Regierung allerdings von der Idee des Gratis- Schulbuches längst verabschiedet. Denn die digitalen Endgeräte werden nicht gratis - so wie dies beim gratis Schulbuch von Kreisky der Fall war - sein, sondern es werden hierfür Kostenbeiträge von den Eltern verlangt. Das dicke Ende kommt für die Familien also dann, wenn ihnen im Herbst 2021 plötzlich eine Rechnung der Schule ins Haus flattert. Ob und wann alle SchülerInnen ein Endgerät haben, steht auch noch in den Sternen.

Außerdem geht es nicht nur bloß um die Ausstattung mit entsprechender Hardware, sondern vor allem auch um die digitalen Inhalte und Lehrmittel: von Lern-Apps bis zum digitalen Schulbuch. Umso verwunderlicher ist daher, dass das Thema digitales Schulbuch, allen voran die Finanzierung von digitalen Inhalten, im Rahmen des 8-Punkte-Planes in keiner Weise berücksichtigt wurde. Dabei reichen Berichten der Krone[1] zur Folge und laut Verleger von Schulbüchern die Mittel seit Jahren nicht aus, um die „reguläre Schulbuchaktion“ zu finanzieren. Noch schlimmer stellt sich die Situation jedoch im digitalen Bereich dar. Hier warnen die Verleger vor einem regelrechten digitalen Fiasko. Obwohl die Nachfrage nach digitalen Schulbüchern seit Jahren steigt, stehen für den Online Bereich nur rund 1 % des Schulbuchbudgets zur Verfügung. Während der Corona-Krise haben Schulbuchverleger ihr Angebot gratis zur Verfügung gestellt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis Schulbuchverlage für das Angebot Kosten verlangen müssen. Laut Verleger fehlen 20 Mio. Euro nachdem es seitens Ihres Ministeriums keinen Plan für die Finanzierung dieser digitalen Inhalte gibt, ist zu befürchten, dass auch hier die Eltern zur Kasse gebeten werden

Das Ergebnis nach jahrelangem Digitalisierungs-Winterschlaf ist lediglich eine kurze Presseunterlage, die mehr Fragen als Antworten aufwirft. Es wurde wieder nur angekündigt und versprochen. Dabei haben Sie als Minister bereits in der letzten Regierungsperiode die Erstellung eines Planes angekündigt, jedoch nie geliefert.

Zudem verwundert, dass Ihnen offensichtlich nicht bekannt ist, dass es viele der vorgestellten Maßnahmen bereits gibt: wie zum Beispiel die Fortbildung von LehrerInnen an der (virtuellen) PH, die verpflichtende Weiterbildung in digitalen Kompetenzen digi.folio, die vorgeschlagenen MOOCs (Massive Open Online Courses) zur Stärkung digitaler Kompetenzen oder die Eduthek als Plattform für qualitätsgesicherte Lehr-/Lernmaterialien. Ob die von Ihnen erwähnten Weiterbildungsmaßnahmen verpflichtend für alle LehrerInnen sind, bleibt ebenfalls offen. Dabei wäre es wichtig, dass diese von allen LehrerInnen in Anspruch genommen wird. Auch das Digitale Klassenbuch gibt es bereits und für die digitale Kommunikation der Schulpartner gibt es mehrere kommerzielle Apps. Die vorhandenen Werkzeuge müssten lediglich breiter ausgerollt werden. Welche LehrerInnen ein digitales Endgerät bekommen sollen, ist ebenfalls nicht geklärt. Auch wie mit vorhandenen Strukturen und Initiativen umgegangen wird, wäre zu klären.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung folgende

Anfrage:

1)    Bis wann wird dieser 8-Punkte-Plan zu einem echten und detaillierten Plan ausgearbeitet werden?

a.  Wann und in welcher Form wird dieser dann öffentlich präsentiert werden?

b.    Sollte er nicht öffentlich präsentiert werden, warum nicht?

2)    In welchen Punkten unterscheidet sich Ihr Konzept von jenem, das vom Bildungsministerium im Jahr 2017 präsentiert wurde?

a.    Warum wurde dieses Konzept aus 2017 nicht einfach umgesetzt?

3)    Bis 2022 soll ein zusätzliches Volumen von 200 Mio. Euro bereitgestellt werden? Wofür werden diese Mittel im Detail eingesetzt? Bitte um jährliche Darstellung der zur Berechnung verwendeten Mengengerüste je Maßnahme.

4)    Wie erfolgt die finanzielle Bedeckung dieser Mittel? Werden hierfür vorhandene Mittel aus der UG30 verwendet, oder werden die Mittel in der UG30 im Rahmen der Budgeterstellung im Herbst 2020 aufgestockt?

5)    Sollten Sie noch nicht genau wissen, wofür die Mittel genau eingesetzt werden, wie ergibt sich dann die Summe von 200 Mio. Euro?

6)    Welche Berechnungen haben Sie erstellt, die Sie davon ausgehen lassen, dass die Mittel iHv. 200 Mio. Euro ausreichen, um österreichweit einen Digitalisierungsschub an Schulen zu erzeugen? Besonders, wenn Ihr Ressort während der Corona-Krise für die Übergabe von lediglich 12.000 Endgeräten - ohne Schulungen, Infrastrukturmaßnahmen etc. - mit 5,5 Mio. Euro gerechnet hat.

7)    Warum werden die angekündigten Tablets und Laptops nicht gratis zur Verfügung gestellt?

8)    Wenn sie nicht gratis sind, wieso vergleichen Sie diese Aktion dann mit der gratis Schulbuch-Aktion von Bundeskanzler Kreisky?

9)    Wenn Sie heute ein Loblied auf die unter Kreisky eingeführte gratis Schulbuchaktion singen, warum hat die ÖVP damals aber gegen die gratis Schulbuchaktion gestimmt?

a.    Planen Sie dann mit demselben Argument, die gratis Schulbuchaktion abzuschaffen?

10) Warum werden nur ausgewählte Schulen mit Endgeräten ausgestattet?

a.    Mit welcher Begründung sollen nicht alle Schülerinnen davon profitieren?

b.    Gibt es SchülerInnen, für die Digitalisierung weniger wichtig ist, als für andere SchülerInnen? Wenn ja, warum? Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl dieser SchülerInnen?

11) Laut Presseunterlage werden nur „engagierte Schulen“ ausgestattet. Was zeichnet eine „engagierte“ Schule aus?

a.    Werden SchülerInnen an „nicht engagierten“ Schulen dann für das Nicht­Engagement der Schule bestraft? Warum?

12) Wie viele SchülerInnen sollen konkret ausgestattet werden? Bitte um konkrete Darstellung der Mengengerüste je Schultyp und Bundesland?

a.    Wie viele Endgeräte lassen sich mit den dafür vorgesehenen Mittel finanzieren?

13) Warum bekommen die SchülerInnen nicht bereits ab nächstem Schuljahr Tablets und Laptops zur Verfügung gestellt, sondern erst im Jahr 2021/2022?

14) Warum werden nicht einfach alle SchülerInnen auf einmal mit Laptops und Tablets ausgestattet? Wie passt dies mit dem im Rahmen der Corona-Krise angekündigten Zugang „Koste es, was es wolle“ zusammen?

15) Wann soll der Call für das Auswahlverfahren der Schule stattfinden und nach welchen Kriterien werden die Digitalisierungskonzepte der Schulen ausgewertet?

16) Sie erwähnen in Ihrer Presseunterlage, dass „alle Schulen, die sich erfolgreich an einem Call für Schüler/innengeräte beteiligen, werden auch mit zusätzlichen Endgeräten für Lehrerinnen und Lehrern (sic!) ausgestattet“. Bedeutet das, wenn eine Schule nicht erfolgreich in einem Call ist, werden keine Endgeräte für SchülerInnen und LehrerInnen zur Verfügung gestellt?

17) Wie bereiten Sie die Schulen, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler auf eine mögliche zweite Corona-Welle vor?

a.    Werden dann Schulschließungen wieder notwendig sein?

b.    Ist dieser 8-Punkte-Plan geeignet, um eine erneute Phase des Home Schoolings besser bewältigen zu können? Wenn ja, warum, wenn doch die meisten Maßnahmen erst im Jahr 2021/2022 umgesetzt werden?

18) Wie hoch werden die Elternbeiträge für das digitale Schulbuch in Zukunft sein? Bitte um Darstellung der zu erwartenden Durchschnittskosten in Euro für die Endgeräte sowie zu erwartende Beiträge für digitale Inhalte.

19)  Laut Presseunterlage ist ein privater Finanzierungsanteil von 25% vorgesehen.

a.    Ist eine soziale Staffelung vorgesehen? Wenn ja, nach welchen Kriterien erfolgt diese Staffelung?

b.    Sollten Sie noch nicht wissen, nach welchen Kriterien diese erfolgt, bis wann soll hierfür das Konzept erstellt werden?

c.     Müssen Eltern einen Finanzierungsanteil von höchstens 25% oder mindestens 25% bezahlen?

20)  Welche konkreten Pläne gibt es in Bezug auf digitale Inhalte für Österreichs Schulen?

a.    Es reicht nicht aus, den SchülerInnen nur die Hardware zur Verfügung zu stellen, es braucht dazu auch die Software. Warum findet sich nichts dazu im 8-Punkte- Plan?

b.    Wie erfolgt die Finanzierung des digitalen Schulbuchs? Werden diese auch mit den angekündigten 200 Mio. Euro gedeckt?

21)  Soll das Print-Schulbuch durch das digitale Schulbuch ersetzt werden?

22)  Sie kündigen ein „Portal Digitale Schule“ an. Wird dieses neu programmiert?

a.    Wenn ja, von wem und warum soll dieses neu programmiert werden, wo doch die 2017/18 beauftragte Eduthek fertiggestellt und die von Ihnen dargestellten Funktionen abbilden sollte?

b.    Welche Angebote gibt es für solche Portale am Markt?

c.     Erfolgt die Programmierung durch das Ministerium selbst oder durch einen externen Anbieter?

d.    Erfolgt hierfür eine Ausschreibung?

e.    Welche Kosten werden hierfür erwartet?

23)  Sie kritisieren, dass es eine Vielzahl an Applikationen gibt, die verwirrend und wenig benutzerfreundlich sind. Bitte um detaillierte Auflistung dieser Applikationen, Kommunikationen und Webpages.

a.    Welche davon erscheinen Ihnen als nicht nutzerfreundlich?

b.    Welche davon sollen weiterhin verwendet werden?

24)  Es gibt bereits zahlreiche Anwendungen für digitale Klassenbücher, Notenverwaltung und Mitteilungshefte. Was passiert mit diesem vorhandenen Angebot von privaten Unternehmen aus Österreich (z.B. SchoolFox)?

25)  Sie kündigen an, die Schulen bei der Vereinheitlichung der Plattformen, die in Verwendung sind, zu unterstützen. Wie genau erfolgt diese Unterstützung in der Praxis?

26)  Sie kündigen auch ein Gütesiegel für Lern-Apps an. Sind diese Lern-Apps qualitativ dann mit den approbierten E-Books gleichzusetzen?

a. Wird bei der Vergabe dieses Gütesiegels auch das Preis-Leistungsverhältnis berücksichtigt?

27)  Teil des 8-Punkte-Plans ist auch die Lehrendenfortbildung und ein zusätzliches Angebot im Sommer. Beziehen Sie sich hierbei auf den Sommer 2020?

a.    Wenn ja, welches zusätzliche Angebot gibt es für diesen Sommer?

b.    Wo und bis wann können sich LehrerInnen dafür anmelden?

c.     Wenn nein, warum wird ein weiteres Jahr gewartet, um dieses Angebot zur Verfügung zu stellen?

28)  Wird dieses Angebot für LehrerInnen verpflichtend sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, wie viele LehrerInnen werden dieses Angebot ihren Erwartungen zu Folge in Anspruch nehmen?

29)  Wie wird sich dieses Fortbildungsangebot, zum Beispiel der MOOC, von dem bereits bestehenden Angebot unterscheiden?

30)  Sie geben an, dass bereits im August 2020 der MOOC für die Organisation von Distance Learning und den Einsatz von Plattformen angeboten werden. Jedoch ist zeitgleich geplant, den Einsatz von Lernplattformen zu vereinheitlichen. Inwiefern können Sie ausschließen, dass im Fortbildungskurs der Einsatz von Plattformen gelehrt wird, die danach nicht in der Schule verwendet werden?

31)  Die in dem Konzept ,Schule 4.0' vorgesehene Weiterbildung in digitaler Fachdidaktik digi.folio im Umfang von 6 ECTS ist laut 290/AB im Studienjahr 2018/19 gestartet und es sind 690 Fortbildungsveranstaltungen an den Pädagogischen Hochschulen dazu angeboten worden. Wie viele Personen haben dieses Fortbildungsangebot absolviert? Bitte um detaillierte Darstellung nach Schulart und Pädagogischer Hochschule.

a.

b. Wird digi.folio weitergeführt oder durch die von Ihnen angekündigten MOOCs ersetzt?

c. Wurde die Weiterbildung evaluiert?

d. Wenn ja, bitte um Übermittlung der Evaluierungsergebnisse.

e. Wenn nein, warum nicht?

32)  An Bundesschulen soll die IT-Infrastruktur (WLAN, Breitbandanbindung) ausgebaut werden.

a.    Warum nur an Bundesschulen?

b.    Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in einer gemeinsamen bzw. getrennten Verhandlung der IT-Infrastruktur für Bundes- und Landesschulen?

33)  Bereits in diesem Jahr wird laut Presseunterlage mit dem Anschluss von 60 weiteren Schulen begonnen werden. Wie viele Bundesschulen sind bereits mit entsprechender IT- Infrastruktur ausgestattet?

a. Bis wann sollen alle (Bundes-)Schulen ausgestattet werden?

34)  Welche Digitalisierungsmaßnahmen planen Sie für Berufsschulen?

35)  Wie werden Sie die Inklusionskompatibilität - wie zum Beispiel eine barrierefreie Bedienung von Endgeräten - der Maßnahmen im Bereich Digitalisierung sicherstellen?



[1] https://www.krone.at/2160441