2542/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.06.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend Wird Pressekonferenz an Schule Kleinwalsertal 2?

Am 17. Juni 2020 fand eine Pressekonferenz zum Thema „Digitalisierung in der Schule“ in der Schumpeter Handelsakademie im 13. Bezirk in Wien statt, an der neben Ihnen als Bundeskanzler, der Bildungsminister sowie die Wirtschaftsministerin teilgenommen haben. Im Rahmen der Pressekonferenz wurde der 8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht vorgestellt.

Warum diese Pressekonferenz nun unbedingt an einer Schule stattfinden musste, ist zunächst nicht klar. Wochenlang durften nicht einmal die Eltern der Kinder in das Schulgebäude, nach wie vor herrscht an den Schulen Schichtbetrieb.


 

Quelle: Heute, 18.06.2020

Weil nicht zu viele Kinder gleichzeitig an der Schule sein sollen, müssen Eltern nach wie vor die Hälfte der Woche die Betreuung ihrer Kinder stemmen. Zudem gelten strenge Hygienevorschriften, die der Bildungsminister erlassen hat. Im Hygienehandbuch für Schulen[1] finden sich unter anderem folgende Bestimmungen:

Eine Ansammlung von Menschen beim Eintreffen in der Einrichtung ist auf jeden Fall zu vermeiden.

Wenn organisatorisch die Möglichkeit besteht, das Eintreffen zeitlich zu staffeln (z. B. im Zehn- Minuten-Takt), damit weniger Personen gleichzeitig im Gebäude eintreffen, sollte diese Möglichkeit genutzt werden. Es muss sichergestellt sein, dass die eintreffenden Kinder/Jugendlichen betreut werden.

Sollten mehrere Personen zur selben Zeit bei der Bildungseinrichtung eintreffen, ist durch ein Leitsystem (z. B. Bodenmarkierurigen) zu gewährleisten, dass der notwendige Sicherheitsabstand eingehalten werden kann.

Abstand halten! Wahren Sie eine dauerhafte Distanz von mindestens einem Meter zwischen Ihnen und einer anderen Person. Grundsätzlich ist die Einhaltung des Abstands für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren aufgrund des Wunsches des Kindes nach Nähe und Geborgenheit und der Unterstützung im Alltag nicht durchgehend möglich. Sofern möglich, sollte auch im pädagogischen Alltag versucht werden, eine Distanz von mindestens einem Meter einzuhalten. Wenn in emotional aufwühlenden Situationen für das Kind oder während notwendiger Unterstützungsleistungen (z. B. An- und Ausziehen, Essensausgabe) die Einhaltung des körperlichen Abstandes nicht gewährleistet werden kann, so ist der Kontakt auf gleicher Gesichtshöhe zu vermeiden.

Nicht berühren! Berühren Sie weder Augen, Nase oder Mund! Hände können Viren aufnehmen und das Virus übertragen.

 

Wie auf zahlreichen Bildern zu sehen ist, wurden diese Hygienevorschriften größtenteils nicht eingehalten: Hände wurden geschüttelt, der Abstand von einem Meter wurden klarerweise nicht eingehalten, die zitierte Ansammlung von Menschen wurde nicht vermieden, logischerweise waren zig JournalistInnen anwesend.


 

Quelle: Bundeskanzleramt

Vom Ihnen, Herr Bildungsminister wurde der Handshake als „Hoppala aus Höflichkeit" (Heute, 18.06.2020) abgetan, während sich viele ÖsterreicherInnen - so ja auch die vielen Schülerinnen und Schüler - akribisch an die Regeln halten. Der Verstoß der Regelungen endete für viele ja sogar mit Strafen von mehreren Hundert Euros. Im Nachhinein stellte sich nun heraus, dass viele davon ungerechtfertigt und ohne Rechtsgrundlage erteilt wurden. Ein Antrag der Oppositionsparteien auf Generalamnestie lehnten die Regierungsparteien jedoch ab.

Wie bereits beim Besuch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, im Kleinwalstertal, bekommen die Menschen ganz zu Recht das Gefühl, dass hier ständig mit zweierlei Maß gemessen wird und Politkerlnnen wohl „Sonderregeln“ haben, wenn es um die mediale Vermarktung ihrer Politik geht.

Zudem gelten für PolitikerInnen beim Besuch von Schulen ebenfalls Regeln. Diese sollen keinesfalls als bloße Bühne und mediale Inszenierung dienen.

Laut 3551/AB obliegt „die Entscheidung über Kontakte mit und die Einbeziehung von außerschulischen Personen gemäß dem gesetzlichen Auftrag den lokalen schulischen Entscheidungsträgern“. Das Rundschreiben 13/2008 des BMBWF[2] zu Unzulässigkeit von parteipolitischer Werbung an Schulen kann hier zur Entscheidungsfindung herangezogen werden: „Der Besuch von Schulen durch Politiker oder Politikerinnen lässt jedenfalls - unabhängig vom deklamierten Grund dieses Besuches - eine zumindest latente Werbewirkung für die entsprechende politische Partei nicht ausschließen. Politiker und Politikerinnen sind Personen des öffentlichen Lebens und werden daher selbst bei Auftritten mit nicht politischen Inhalten als parteizugehörig wahrgenommen. Nicht zuletzt auf Grund des Bekanntheitsgrades von im öffentlichen Leben stehenden Personen greift die Werbeindustrie - unabhängig vom beworbenen Produkt - immer wieder auf Persönlichkeiten mit hohem Bekanntheitsgrad wie Schauspieler, Politiker und andere der breiten Öffentlichkeit bekannte Menschen zurück. Eine getrennte und somit objektivierte Wahrnehmung der werbenden Person und der dahinterstehenden Rolle derselben durch den Konsumenten ist kaum vorstellbar.“

Um speziell die Einbeziehung von PolitikerInnen und AmtsträgerInnen zu beurteilen, wurde laut 3551/AB im Rahmen einer Dienstbesprechung im Juni 2019 die Bildungsdirektionen von Ihrem Ressort auch auf ein Handbuch[3] aufmerksam gemacht. Im Handbuch wird informiert: „Die Entscheidung darüber, ob mit einem Politikerinnenbesuch eine unzulässige Werbung einhergeht, ist im ersten Schritt von der Schulleitung zu treffen. Daher ist die Direktion unbedingt in die Planung eines Politikerinnenbesuchs miteinzubeziehen. Keine Lehrperson kann eine solche unzulässige Werbewirkung garantiert ausschließen. Der Konflikt zwischen den im Grundsatzerlass genannten Vorteilen von PolitikerInnenbesuchen und der potentiell damit verbunden unzulässigen Werbewirkung verlangt von der Lehrperson eine sorgfältige Vorgehensweise.“ Folgender Grundsatz ist auch Teil dieser sorgfältigen Vorgehensweise: „PolitikerInnen sollen nicht eingeladen werden, um Ihnen die Bühne zu überlassen.“ Es wird zudem darauf hingewiesen, dass dem Bildungsminister ob seiner Funktion der Zutritt zu einer Schule nicht verwehrt wird. Jedoch sollen auch bei diesen Besuchen die pädagogischen Aspekte im Vordergrund stehen.

„Wenn SpitzenpolitikerInnen eine Schule besuchen, wird das kaum von der Schulleitung oder der Schulbehörde abgelehnt werden. Dennoch gelten auch in den genannten Fällen alle zuvor angeführten rechtlichen und didaktischen Aspekte. “

Warum Schülerinnen und Schüler, und damit natürlich auch die Eltern, Geschwister und andere Haushaltsangehörige, einem unnötigen Risiko für eine Ansteckung ausgesetzt wurden, geht nicht klar hervor. Ganz offensichtlich ging es bei dem Termin hauptsächlich um mediale Inszenierung.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler (? siehe oben) folgende

Anfrage:

1)    Warum fand die Pressekonferenz an einer Schule und nicht wie gewohnt im Bundeskanzleramt statt?

a. Haben Sie überlegt die Pressekonferenz eventuell digital abzuhalten? Immerhin war das Thema der Pressekonferenz Digitalisierung?

2)    Haben Sie die virologischen Risiken des Schulbesuches besprochen?

a.     Wenn ja, mit wem?

b.     Wenn ja, waren auch ExpertInnen der Corona-Task-Force sowie das Gesundheitsministerium eingebunden?

c.     Wenn nein, warum nicht?

3)    Welche Vorkehrungen wurden getroffen, um die Hygienevorschriften, die an Schulen gelten, einzuhalten?

a.     Welche Maßnahmen wurden beispielsweise getroffen, um zu verhindern, dass JournalistInnen gleichzeitig eintreffen?

b.     Wie viele JournalistInnen wurden zur Pressekonferenz eingeladen?

4)    Wurden die Eltern vorab über den Schulbesuch der Bundesregierung informiert?

5)    Wurden diese über die Virologischen Risiken dieses Besuchs aufgeklärt? Immerhin haben Sie als Spitzenpolitiker viele soziale Kontakte?

a.     Wenn ja, wann und in welcher Form?

b.     Wenn nein, warum nicht?

6)    Hatten die SchülerInnen an dem Tag ihres Besuchs die Möglichkeit dem Unterricht fern zu bleiben?

7)    Sie haben als Politiker vor allem gegenüber Schülerinnen natürlich auch eine Vorbildfunktion. Haben Sie sich entschuldigt, als Hygienevorschriften nicht eingehalten werden konnten?

a. Haben Sie im Rahmen des Schulbesuchs mit SchülerInnen gemeinsam beredet, wie es gelingen kann, auch im Alltag die Hygienevorschriften einzuhalten und entsprechende Verhaltensänderungen zu verinnerlichen?

8)    Nach welchen Kriterien wurde die Schule ausgewählt? Warum wurde gerade die Schumpeter Handelsakademie ausgewählt?

a. Kennen Sie die Schuldirektorin persönlich?

9)    Im Rahmen des 8-Punkte-Plans für digitalen Unterricht wurde verkündet, dass SchülerInnen an „engagierten“ Schulen mit Laptops und Tablets ausgestattet werden.
Erfüllt die besuchte Schule diese Kriterien?

10) Ihr Plan beinhaltet die Ausstattung von SchülerInnen der Sekundarstufe I mit Tablets. SchülerInnen der Handelsakademie sind in der Sekundarstufe II. Löste dies beim Besuch Enttäuschungen bei den SchülerInnen aus?

11)  Wie ist die Durchführung an der Schumpeter Handelsakademie auf der rechtlichen Basis des Rundschreibens und der Empfehlungen des Handbuches zu rechtfertigen?

12)  Warum hat Wirtschaftsministerin Schramböck beim Schulbesuch teilgenommen?


 



[1] https://www.bmbwf.gv.at/Ministerium/lnformationspflicht/corona/corona schutz.html

[2] https://ww.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulrecht/rs/1997-2017/2015_12.html

[3] https://zpb.phwien.ac.at/wp-content/uploads/Was_darf_politische_Bildung_A4.pdf