2648/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.07.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Erkenntnisse aus dem Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems

 

Laut der Anfragebeantwortung 631/AB vom 20. März 2020 zu 631/J (XXVII. GP) läuft im Bundeskriminalamt seit 2. Dezember 2019 ein operativer Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems, welcher mit Ende des 2. Quartals 2020 in den Regelbetrieb übergeführt werden soll. Außerdem war geplant, in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 die laufenden Arbeiten für die Arbeitsumgebung in den Landeskriminalämtern abzuschließen und den operativen Regelbetrieb des Gesichtserkennungssystems in den Landeskriminalämtern spätestens mit Ende 2020 zu starten.

Weiters wird in der genannten Anfragebeantwortung des BMI ausgeführt: "In der laufenden Testphase konnte die zu erwartende große Abhängigkeit der Ergebnisse von der verwendeten Lichtbildqualität bestätigt werden, wobei neben der grundsätzlichen Qualität, wie Auflösung und Lichtverhältnisse, auch teilweise Verdeckungen des Gesichtes durch Kopfbedeckungen, Brillen, Schals usw. sowie allfällige Neigungs- oder Drehwinkel des Kopfes die Möglichkeit eines Abgleichs wesentlich beeinflussen." Und weiter: "Die Gesichtserkennungssoftware wird als Ermittlungsinstrument nach der  Begehung von vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlungen eingesetzt. Durch Abgleich von Lichtbildern von unbekannten Tatverdächtigen mit den Lichtbildern in der Erkennungsdienstlichen Evidenz zeigt das System mögliche Übereinstimmungen sowie einen Wert für die Übereinstimmungswahrscheinlichkeit an. Diese Ergebnisse dienen als Ermittlungsansatz und werden im Rahmen weiterer kriminalpolizeilichen Ermittlungen durch die zuständige fallführende Dienststelle geprüft und weiterbearbeitet. Treffer- bzw. Fehlerquoten sind für diesen Einsatzzweck nicht relevant und werden daher in diesem System nicht ausgewiesen."

Laut einer Studie der US-Behörde für Technologie kann Gesichtserkennungssoftware Gesichter mit asiatischem oder afroamerikanischem Aussehen bis zu 100-mal schlechter als jene mit kaukasischem erkennen. Berichten zufolge sollen auch Frauen schlechter als Männer erkannt werden. Aufgrund der Probleme mit Gesichtserkennungssoftware sahen sich einige Länder und Städte, die begonnen hatten Gesichtserkennungssoftware einzusetzen, gezwungen, dies wieder zu beenden. Ein prominentes Beispiel ist San Francisco, das zur Auffassung gelangt ist, dass der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware die Bürgerrechte verletzen könne und die Nachteile die Vorteile überwiegen würden. Insbesondere werde rassistische Ungerechtigkeit verschärft und die Möglichkeit bedroht, frei von ständiger Beobachtung durch die Regierung zu leben (https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-05/ueberwachung-gesichtserkennung-san-francisco-usa-verbot, 15.05.2019). 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wurde der Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems im Bundeskriminalamt bereits abgeschlossen?

a.    Wenn ja, wann?

2.    Welche Erkenntnisse und Erfahrungen konnten aus dem Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems im Bundeskriminalamt gewonnen werden?

3.    Inwiefern wurden die Arbeitsprozesse und die Arbeitsumgebung für den Regelbetrieb durch die im Testbetrieb gewonnenen Erfahrungswerte optimiert?

4.    Konnte im Zusammenhang mit der im laufenden Testbetrieb bereits festgestellten großen Abhängigkeit der Ergebnisse von der verwendeten Lichtbildqualität mittlerweile Verbesserungen getroffen werden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, wird an Verbesserungen gearbeitet?

                                  i.    Wenn ja, an welchen, wie und durch wen?

                                ii.    Wenn ja, bis wann wird mit Verbesserungen gerechnet?

                               iii.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Wurde der Testbetrieb des Gesichtserkennungssystems im Bundeskriminalamt bereits in den Regelbetrieb übergeführt?

a.    Wenn ja, seit wann läuft der Regelbetrieb?

6.    Was bedeutet "Regelbetrieb" in diesem Zusammenhang konkret?

7.    Was ist der Stand der Arbeiten für die Arbeitsumgebung in den Landeskriminalämtern für den Betrieb des Gesichtserkennungssystems?

a.    Wann sollen diese Arbeiten abgeschlossen werden?

8.    Wann soll der operative Regelbetrieb des Gesichtserkennungssystems in den Landeskriminalämtern starten? Ist weiterhin geplant, diesen spätestens mit Ende 2020 zu starten?

9.    Wie wird die Übereinstimmungswahrscheinlichkeit berechnet?

10. Werden alle durch die Gesichtserkennungssoftware ermittelten möglichen  Übereinstimmungen angezeigt oder nur jene ab einer gewissen Übereinstimmungswahrscheinlichkeit?

a.    Wenn ersteres zutrifft, warum nicht ab einer gewissen Übereinstimmungswahrscheinlichkeit?

b.    Wenn zweiteres zutrifft, warum nicht alle?

c.    Wenn zweiteres zutrifft, ab welcher Übereinstimmungswahrscheinlichkeit?

11. Wie wird die Übereinstimmungswahrscheinlichkeit berechnet?

12. Wie viele mögliche Übereinstimmungen zeigt das Gesichtserkennungssystem pro Abfrage durchschnittlich an?

13. Warum sind laut BMI (siehe Anfragebeantwortung 631/AB zur Frage 6) Treffer- bzw. Fehlerquoten nicht relevant?

14. Wurde im Testbetrieb die Treffer- bzw. Fehlerquote des Gesichtserkennungssytems erhoben?

a.    Wenn ja, was ist das Ergebnis?

b.    Wenn nein, warum nicht?

15. Wurde überprüft, ob die in Österreich verwendete Gesichtserkennungssoftware Lichtbilder von Personen je nach ethnischer Herkunft bzw. Aussehen besser oder schlechter erkennt?

a.    Wenn ja, was waren die Ergebnisse?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Wurde überprüft, ob die in Österreich verwendete Gesichtserkennungssoftware Lichtbilder von Personen je nach Geschlecht besser oder schlechter erkennt?

a.    Wenn ja, was waren die Ergebnisse?

b.    Wenn nein, warum nicht?