2755/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

betreffend „Lebensverachtende Zustände in der Schweine-Nutztierhaltung und -Schlachtung.“

Der Tierschutzorganisation VGT wurden aufgrund der sattsam bekannten grausamen Zustände in so manchen österreichischen Stallungen 183 amtstierärztliche Untersuchungsscheine für 3.777 Schweine, die im Jahr 2019 an vier steirische Schlachthöfe geliefert worden waren, zusammen mit Fotos eines der Betriebe, zugespielt. Die Ergebnisse sind unglaublich und erschütternd:

Ø  Im Mittel hatte jedes Schwein mehr als eine Krankheit (4.665 Krankheiten bei 3.777 Schweinen),

Ø  45 % der Tiere haben konkret Lungenentzündung und

Ø  29 % sogenannte Milk Spots, das sind Spuren an der Leber, die anzeigen, dass das Tier in den letzten 6 Wochen von Spulwürmern befallen wurden, also Parasiten, welche in der in strohlosen Mastschweinehaltung auf Spaltböden typischer Weise auftreten.

Getötete Schweine in diesem Zustand werden sodann der Nahrungsmittelindustrie und letztlich der Nahrungsaufnahme durch Menschen zugeführt.

Die ausschnittsweise folgenden Fotos eines der betroffenen Betriebt zeigen die trostlose Situation der Schweine auf Vollspaltenboden ohne Stroheinstreu mit einer armseligen Kette, die von der Decke hängt und zynischer Weise „Beschäftigungsmaterial“ genannt wird, was laut VGT aber in Österreich gang und gäbe ist.


 

Der VGT hat darüber informiert, dass aufgrund der barbarischen Haltungsbedingungen auf Vollspaltenboden ohne Stroheinstreu in Österreich rund 500.000 Schweine jedes Jahr in der Haltung sterben. Ein bis zu 85 Kilo schweres Schwein hat lediglich einen Meter mal 55 Zentimeter Bewegungsfläche!!.

Den Tieren wird widerrechtlich der Schwanz abgeschnitten und sie beißen einander aufgrund der Enge und der massiven Qualen, ohne dass seitens zuständiger Behörden ein ersichtliches Bemühen zur Abstellung dieser unerträglichen Zustände herrscht.

Dem in Medien wiederholten Wortlaut vom „Fleisch gequälter Schweine“ kommt daher volle Berechtigung zu. Konsumenten werden die Horrorzuständen bewusst vorenthalten, was aber nicht im Sinne einer entwickelten Zivilisation gelegen ist.

Den unerträglichen Zuständen bei der Haltung von Schweinen in Kastenständen wird in einer gesonderten Anfrage nachgegangen.

Dass die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen auch für die Mitarbeiter schwierig sind, ist offensichtlich. Auftretende COVID-19-Fälle in heimischen Betrieben legen die Frage nach ausreichender Präventivarbeit in diesem Sektor nahe. Die Frage, ob die Regierung hier einen „blinden Fleck“ im Bezug auf die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hatte, ist zu klären.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.     Wie gedenken Sie gegen die Vollspaltenboden-Haltung vorzugehen?

2.     Bezieht sich ihr Engagement gegen „Gold-Plating“, also das Übererfüllen von EU-Vorgaben,
auch auf die Standards bei der Schweine-Nutztierhaltung, wo die EU-Vorgaben ja nicht
übertroffen werden?

3.     Welches inhaltliche Einvernehmen haben Sie mit anderen Vertretern der Bundesregierung, die
sich bereits für ein Vollspaltenboden-Verbot ausgesprochen haben?

4.     Werden Sie eine Regierungsvorlage für das Verbot von Vollspaltenboden in der
Nutztierhaltung anstoßen?

5.     Welche Treffen auf Ministerlnnen-Ebene haben Sie mit ausländischen AmtskollegInnen in den
letzten 16 Wochen absolviert und welche Standpunkte im Bezug auf die Schweine­
Nutztierhaltung und COVID-19-Eindämmung in Schlachthöfen haben Sie dabei vertreten?

5. Welche spezifischen Maßnahmen gegen COVID-19 in Schlachthöfen haben Sie veranlasst
oder angeregt?