2827/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: ÖVP und Grüne verursachen ein Umsatzsteuerchaos

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Die von ÖVP und Grünen überhastete Senkung der Umsatzsteuer auf 5% für das zweite Halbjahr 2020 wurde insbesondere von der SPÖ schon in den parlamentarischen Beratungen heftig kritisiert, insbesondere aber auch wegen der unüberlegten Vorgangsweise. Aus dem parlamentarischen Terminplan war erkennbar, dass die von der Bundesregierung geplante Vorgangsweise so nicht funktionieren kann, der Nationalratsbeschluss war am 30.6., der Beschluss des Bundesrates am 2.7., daher kann eine rückwirkende Reduktion des Umsatzsteuersatzes im Publikations-, Kulturbereich und dem Gastgewerbe ab 1.7.2020 nur zu Rechtsunsicherheit und Verwaltungschaos führen. In der Regel dauert es etwa eine Woche bis 10 Tage bis der parlamentarische Beschluss des Bundesrates im Bundesgesetzblatt kundgemacht wird.

Die derzeit geltenden USt-Sätze am 7.7.2020 sind immer noch 20% sowie die beiden begünstigten Sätze von 13% und 10 %. Was passiert jetzt bei einer rückwirkenden Steuersatzsenkung?

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

Aus Sicht der Anfragesteller dürfen Gastgewerbe und der Kulturbereich vor der Kundmachung der Novelle zum 5%-USt-Steuersatz, ab dem 1.7.2020 nur die bisher geltenden Sätze 10% und 13% und 20% verrechnen, damit geht ein Teil der geplanten Förderung für diese Unternehmen ins Leere.

1)    Welche Steuersätze (20%, 13%, 10%, 5%) dürfen Unternehmen, die vom 5%igen USt- Satz (wenn er kundgemacht wäre, was bis zum 9.7. aber noch nicht erfolgt ist) profitieren würden, seit 1.7.2020 verrechnen?

2)    Können Unternehmen schon vor der Kundmachung der Novelle des Umsatzsteuergesetzes, den reduzierten USt-Satz von 5% verrechnen?

3)    Wenn ja, auf Basis welcher gesetzliche Grundlage dürfen sie das?

4)    Wenn nein, warum wurde dann der 1.7. als Datum des Inkrafttretens gewählt, wenn er offensichtlich unanwendbar ist?

Zu den Problemen der Unternehmen mit dem reduzierten USt-Satz und der Rechnungslegung:

5)    Welche Steuersätze (20%, 13%, 10%, 5%) dürfen Unternehmen, die vom 5%igen USt- Satz profitieren würden, wenn er kundgemacht wäre, seit 1.7.2020 auf der Rechnung angeben?

6)    Wenn Sie ab 1.7., trotzdem die Kundmachung der Novelle des UStG noch nicht erfolgte, 5% angeben dürfen, auf Basis welcher Rechtsgrundlage?

7)    Auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert die Information des BMF unter dem Link

https://www.bmf.av.at/dam/jcr:47c824a7-5ab7-413e-af28-e0f7565a0efe/lnformation 0/o20betreffend%20die%20Umsatzsteuersenkung.pdf. ohne GZ, die folgende Anweisung
gibt
[1]:


 

8)    Warum hat diese Information des BMF keine GZ?

9)    Der Unternehmer muss eine Rechnung ausstellen, auf der die Pflichtangaben It.

§ 11 UStG zu machen sind, darunter auch die korrekte Angabe der auf die Lieferung oder sonstige Leistung anzuwenden Steuersätze. Wie kann ein Unternehmer also die 5% Steuersatz angeben, wenn diese im BGBl noch nicht kundgemacht wurden?

a.     Ist die Rechnung korrekt ausgestellt, wenn die 5% bereits vor der Kundmachung der Novelle zum UStG auf dieser angegeben werden?

b.    Wenn ja, wie lässt sich das mit den bisher in Kraft stehenden Bestimmungen des UStG 1994 in Verbindung mit Art 18 B-VG in Einklang bringen?

c.     Muss die Rechnung widrigenfalls aus Sicht der Finanzverwaltung korrigiert werden, damit die korrekten Sätze von 20%, 13% und 10% angegeben werden? Wer trägt in diesem Fall die nicht erhobene Differenz-USt-Besteuerung von 5% auf den korrekten USt-Satz (Unternehmen oder Kunde)?

d.    Beispiel: Lieferung 1.7.2020, USt 13% auf der Rechnung. Kundmachung der Novelle zum UStG am 14.7.2020, der Umsatz ist ab 1.7.2017 It. den Inkrafttretensbestimmungen mit 5% zu versteuern. Wenn für eine mit den aktuellen USt-Sätzen ausgestellte Rechnung (20%, 13%, 10%) mit Kundmachung der USt-

Satz auf 5% geändert wird, schuldet der Unternehmer die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung (§ 11 Abs. 12 UStG 1994), muss also die zum damaligen Zeitpunkt korrekt, aber 5% übersteigende USt, an das Finanzamt überweisen - wie wird in diesen Fällen vorgegangen werden?

e.    Wenn der Unternehmer nur die 5%ige Umsatzsteuer abführen muss, obwohl ein anderer Betrag auf der Rechnung steht, auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgt diese Abweichung von § 11 Abs. 12 UStG?

f.      Wenn es zu einer Verwaltungserleichterung kommen soll, auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage wird diese erfolgen?

Zu den Problemen der Unternehmen mit dem reduzierten USt-Satz und der Umsatzsteuervoranmeldung: Mit der verspäteten Kundmachung weit nach dem 1.7.2020 müssen die Umsatzsteuervoranmeldungen (UVAs) mit allen Steuersätzen abgegeben werden, aber es müssen auch die Aufzeichnungen getrennt nach USt-Satz erfolgen. Bei monatlicher UVA erfolgt eine USt-Umstellung innerhalb des Monats, bei vierteljährlicher UVA innerhalb des Quartals.

10)  Wie werden die USt-Sätze 20%, 13% und 10% in der UVA getrennt vom 5% USt-Satz angegeben werden?

a.    Ist eine Trennung der Umsätze, auch wenn die Kundmachung der Novelle zum Umsatzsteuergesetz erst weit nach dem 1.7.2020 erfolgt, für den Juli 2020 betreffende UVA erforderlich?

b.    Hat nicht die Angabe in der Erklärung im Feld [056] „4.20 Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 12 und 14, § 16 Abs. 2 sowie gemäß Art. 7 Abs. 4“ zu erfolgen?

11) Wenn ja, warum wurde dieser verwaltungsaufwändige Weg beschriften und nicht der von der SPÖ vorgeschlagene alternative Weg einer amtswegigen Refundierung der USt
gewählt?

12)  Haben Sie inzwischen die Genehmigung er Europäischen Kommission zur Novelle des UStG betreffend des reduzierten Steuersatzes auf 5%?

13)  Wenn nein, auf Grund welchen Schriftverkehrs, bzw. Informationen der Europäischen Kommission, kommen Sie zu der Annahme, dass das beschlossene Gesetzespaket nicht EU-Rechtswidrig wäre?



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[1]Screenshot des pdf, abgerufen am 9.7.2020