2831/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Edith Mühlberghuber, Gerhard Kaniak

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt

betreffend Vergabe von Mifegyne durch Gynäkologen

 

Laut diversen Medienberichten steht das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) vor der Genehmigung der Verteilung der „Abtreibungspille“ Mifegyne durch Gynäkologen. Damit wird das Medikament zukünftig auch außerhalb von Krankenhäusern und Ambulanzen erhältlich sein.

 

Eine Pille zur Abtreibung einzunehmen klingt zwar auf den ersten Blick „harmlos“ und „alltäglich“, aber es wird eine einfache Lösung suggeriert, die es so nicht geben wird. In den vergangenen Monaten haben (Covid-19 bedingt) beispielsweise in Deutschland zahlreiche Gynäkologen neu damit begonnen, Mifegyne bis zur neunten Schwangerschaftswoche abzugeben. Die schwangeren Frauen sind der Meinung, mit der Einnahme von zwei Tabletten sei nachher alles wie vorher – ein fataler Irrtum: Die meisten von ihnen bekommen starke Blutungen oder haben infolgedessen schwere psychische Probleme. Damit sehen sich nicht wenige niedergelassene Gynäkologen mit neuen Herausforderungen konfrontiert und schicken die Frauen in Krankenhäuser, wo viele von ihnen erst noch kürettiert werden. So stellt sich wohl keine Frau eine „sichere Abtreibung“ vor. Zudem besteht die Gefahr, dass es zukünftig zu einer völlig unreflektierten Abgabe dieser „Abtreibungspille“ kommen wird und Gynäkologen mit der Abgabe von Mifegyne schnell verdientes Geld machen wollen.

 

Ein Wiener Gynäkologe und Leiter von Ambulanzen für Schwangerschaftsabbrüche begrüßt zwar die erweiterte Zulassung bzw. Verschreibbarkeit des Medikaments, aber warnt davor, dass die Abgabe an ungewollt Schwangere damit auch ohne Qualitätssicherung sowie ohne Beratung und Nachkontrolle erfolgen könnte. „Das könnte ein Risiko für Frauen bedeuten“, so der Arzt.[1]

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt nachstehende

 

 

 

Anfrage

 

1.    Aufgrund welcher Veranlassung hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) den Antrag des Zulassungsinhabers auf Verschreibung der „Abtreibungspille" Mifegyne durch niedergelassene Gynäkologen in Erwägung gezogen?

2.    War Ihr Ministerium in den Diskussionsprozess um die Genehmigung eingebunden?

3.    Wenn ja, wie ist Ihre Stellungnahme dazu?

4.    Wenn nein, welche anderen Ministerien (Experten) waren eingebunden?

5.    Welche Gründe wurden zur positiven Änderung der Zulassung angeführt?

6.    Gab es dazu seitens Ihres Ministeriums eine Stellungnahme?

7.    Wenn ja, wie lautet diese?

8.    Wenn nein, was wäre Ihre Stellungnahme dazu gewesen?

9.    Welche Abgabekriterien gibt es für Gynäkologen, damit Folgerisiken durch die Einnahme ausgeschlossen werden können?

10. Wird es eine verpflichtende Vorberatung (beispielsweise Zweitarzt, Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle oder ähnliche) geben, um Frauen in ihrer Entscheidung das Kind zu behalten, unterstützen zu können?

11. Wenn nein, warum nicht?

12. Ist der verschreibende Arzt verpflichtet, seine Patientin über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären?

13. Ist eine verpflichtende Information über Alternativen wie anonyme Geburt, Babyklappen, Freigabe des Kindes zur Pflege oder Adoption vorgesehen?

14. Wenn nein, warum nicht?

15. Wenn ja, sind diese Beratungen – zur Unterbindung eventueller Interessenskonflikte – räumlich und institutionell getrennt?

16. Ist eine psychologische Beratung verpflichtend vorgesehen, um die psychische Stabilität für einen derartigen Abbruch sicher zu stellen?

17. Wenn nein, warum nicht?

18. Ist eine Zweitkonsultation mit einer verpflichtend einzuhaltenden Wartefrist vorgesehen?

19. Wenn nein, warum nicht?

20. Ist es korrekt, dass vor der Verschreibung dieser Pille keine bildgebende Untersuchung (Stichwort: Ultraschall) durchgeführt werden muss?

21. Wenn ja, wie wird die tatsächliche Schwangerschaftswoche sonst mit exakten Mitteln festgestellt, da auch mittels Ultraschall nicht immer die exakte Schwangerschaftswoche festgestellt werden kann?

22. Sind gesundheitssichernde Maßnahmen in Bezug auf Beratung und Nachkontrolle verpflichtend vorgesehen?

23. Wenn ja, welche?

24. Wenn nein, wer übernimmt die Verantwortung für dieses Risiko?

25. Falls das Risiko der fehlenden Nachbetreuung die Patientinnen tragen, werden die Patientinnen verpflichtend und nachweislich darauf aufmerksam gemacht?

26. Welcher Arzt ist für die anschließende Schmerztherapie oder möglicherweise notwendigen Zuweisung zur Kürettage zuständig und qualifiziert?

27. Wird es über die Abgabe diese Pille eine statistische Erfassung (Verabreichung in welcher Schwangerschaftswoche, festgestelltes Geschlecht des Kindes, angegebene Gründe, Alter/Familienstand/Nationalität der Mutter) in anonymisierter Form und in zeitlichen Abfolgen geben?

28. Wenn ja, bei welcher Stelle werden diese Informationen zusammengefasst und in welcher Form ist ein Bericht dazu vorgesehen?

29. Wenn nein, warum nicht?

30. Wer trägt die Kosten für diese „Behandlung“?

31. Ab welchem Alter ist die Verschreibung dieser Pille möglich?

32. Wenn die Patientin noch nicht volljährig ist, müssen die Obsorgeberechtigten ihre Zustimmung geben? Wie ist dies bei Personen geregelt, die entweder „besachwaltet“ oder durch das Erwachsenenschutzrecht in ihren Rechten eingeschränkt sind?

33. Wie kann ein etwaiger Missbrauch ausgeschlossen werden?

34. Wie wird im Fall des Falles die „Entsorgung“ des abgetriebenen Fötus geregelt?



[1] https://science.orf.at/stories/3201093/ [08.07.2020]