2833/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.07.2020
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Anfrage
des Abgeordneten Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Strafzinsen auf Geschäfts- und Privatkunden
Banken strafen Unternehmen für Plus auf dem Konto
Immer öfter verrechnen Banken ihren Firmenkunden "Verwahrentgelt" für Guthaben und geben Strafzinsen weiter, die ihnen die EZB aufbrummt. Unternehmer fühlen sich bestraft. Auf die Überraschung folgte Empörung. Am 1. Juli bekam der Wiener Unternehmer P. Nachricht von der Oberbank, zu deren Geschäftskunden P. seit drei Jahren zählt. Unter dem Betreff „Information Zinssatz“ wurde ihm schnörkellos mitgeteilt, dass „ab einem Guthabensstand von 100.000 Euro ab sofort für den überschreitenden Betrag systembedingt und automatisch ein Zinssatz von minua 0,5 Prozent“ im Jahr verrechnet werde. Er möge sich doch bei seinem Kundenbetreuer melden, so der Rat.
Tatsächlich liegen auf P.s Firmenkonto gerade mehr als 100.000 Euro, "weil ich in der Krise mein Geld zusammengehalten und den Vorjahresgewinn nicht ausgeschüttet habe". Dass er jetzt Negativzinsen auf sein Guthaben zahlen muss, empfindet er als "Bestrafung". Sein Bankbetreuer habe ihm erklärt, man sei zu dem Schritt gezwungen, weil die Europäische Zentralbank (EZB) den Banken Strafzinsen von 0,5 Prozent vorschreibe, die Oberbank sei gezwungen, diese an ihre Kunden weiterzugeben, schließlich gehe es um jenes Geld, über das der Kunde täglich verfügen könne. Was die Empörung des Unternehmers auch nicht dämpft, er sieht im Verhalten seiner Bank "Aktivitäten eines Kriegsgewinnlers".
Lockere Geldpolitik
Die EZB verrechnet Geschäftsbanken seit September 2019 diese 0,5 Prozent, wenn sie überschüssige Liquidität bei der Notenbank parken. Davor waren es 0,4 Prozent. Mit dieser Maßnahme möchten die Währungshüter die Banken zwecks Ankurbelung der Wirtschaft zu mehr Kreditvergaben bewegen, für die Institute bedeutet es Milliardenbelastungen.
Auch die Oberbank erklärt, ihre Kosten seien "beträchtlich". Man müsse den Aufwand daher zumindest teilweise an die Firmenkunden weitergeben, was man allerdings ausschließlich "bei größeren Einlagen" ab 100.000 Euro mache, so eine Sprecherin. Der Trost: Man berate alle Firmenkunden bei der Optimierung ihrer Liquiditätsplanung, um die Belastung so gering wie möglich zu halten.
Die Oberbank ist nicht allein mit ihrer Praxis, mitten in der Krise die Negativzinsen auf ihre Firmenkunden zu überwälzen. Privatkunden dürfen sie nicht belasten, das hat der Oberste Gerichtshof entschieden. Bei der Bawag sind Negativzinsen bei großen Firmenkunden (nicht: KMUs) möglich, man schnüre individuelle Pakete, je nachdem, ob der Kunde auch höhere Kredite oder Wertpapierdepots bei der Bank halte, erklärt ein Banksprecher.
https://www.derstandard.at/story/2000118588610/banken-strafen-unternehmen-fuer-plus-auf-dem-konto
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes-minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
Anfrage
1) Ist Ihnen als zuständiger Konsumentenschutzminister das Problem der Strafzinsen auf Geschäfts- und Privatkundenkonten bei heimischen Banken bekannt?
2) Werden diese Strafzinsen nur auf Geschäfts- oder tatsächlich auch auf Privatkundenkonten durch die Banken verrechnet?
3) Wenn ja, welche Maßnahmen setzten Sie in diesem Zusammenhang?
4) Haben Sie in diesem Zusammenhang bereits Kontakt mit den österreichischen Banken aufgenommen?
5) Wenn ja, welchen Stand hat diese Kontaktaufnahme mit den österreichischen Banken ergeben?
6) Haben Sie in diesem Zusammenhang bereits Kontakt mit dem Finanzministerium aufgenommen?
7) Wenn ja, welchen Stand hat diese Kontaktaufnahme mit dem Finanzministerium ergeben?