2906/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.07.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Alois Stöger Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend den Verdacht auf schwere Untreue und Wucher im Zusammenhang mit der Beschaffung von medizinischer Schutzausrüstung durch die Oberösterreichische Gesundheitshoiding im Zuge der CoronaKrise

Am 26.06.2020 erstattete die Sozialdemokratische Partei Oberösterreichs eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen dem Verdacht auf schwere Untreue und Sachwucher.

Zusammengefasst ging es der Einschreiterin um die Aufklärung von unmittelbar zuvor hervorgekommenen Verdachtsmomenten im Zusammenhang mit der Beschaffung von Schutzausrüstung durch die Oberösterreichische Gesundheitsholding; diese hatte im Zuge der Ausbreitung von COVID-19 ohne Vergabeverfahren einen Auftrag des Landes Oberösterreich zur Beschaffung medizinischer Ausrüstung im Wert von ca. EUR 70 Mio. vergeben.

Ca. EUR 4,5 Mio. dieses Auftragsvolumen ging an die Linzer SCHNAUDER & Partner GmbH, welche zwar beste politische Beziehungen zur ÖVP Oberösterreich pflegt, vor der Corona-Krise aber keine Erfahrung im Handel mit Medizinprodukten hatte und laut Medienberichten nicht einmal über die notwendige Gewerbeberechtigung, um mit medizinischer Schutzausrüstung zu handeln, verfügte. Auch im Firmenbuch wird die SCHNAUDER & Partner GmbH als Werbe- und Kommunikationsagentur geführt.

Die von der SCHNAUDER & Partner GmbH an das Land verkauften Produkte waren zum Teil massiv überteuert: Der günstigste Anbieter verlangte vom Land Oberösterreich pro Schutzkittel etwa EUR 1,20; die SCHNAUDER & Partner GmbH hingegen EUR 7,70 - nichtsdestotrotz hat sie einen Auftrag für die Beschaffung solcher Kittel erhalten. Schutzhandschuhe wurden von anderen Anbietern beispielsweise um EUR 0,04 pro Stück verkauft; die SCHNAUDER & Partner GmbH verlangte dafür EUR 0,23. Ein nicht unbeachtlicher Unterschied - in der Höhe von je ca. 600 % (!) - der vor allem angesichts des großen Auftragsvolumens wesentlich ins Gewicht fiel.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass bereits vor wenigen Jahren massive Vorwürfe über Ungereimtheiten im Betrieb der

Oberösterreichischen Gesundheitsholding erhoben und bei den Staatsanwaltschaften anhängig gemacht wurden (vgl. parlamentarische Anfrage zu GZ 13235/J (XXV. GP) vom 24.05.2017). In einer anonymen Strafanzeige an die WKStA vom 26.01.2017 hieß es damals unter anderem:

„Alle internen und externen Kontrollsysteme sind durch ÖVP Mitglied [Name
geschwärzt] außer Kraft gesetzt.".

Die obig genannte Anzeige der Sozialdemokratischen Partei Oberösterreichs vom

26.06.2020    wurde von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am

29.06.2020    an die Staatsanwaltschaft Linz abgetreten.

Bereits am 02.07.2020 sah die Staatsanwaltschaft Linz gemäß § 35c StAG von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, weil laut Ansicht der Staatsanwaltschaft Linz kein Anfangsverdacht bestehe.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehende

ANFRAGE:

1.   Warum wurde die Anzeige der Sozialdemokratischen Partei Oberösterreichs vom 26.06.2020 von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ohne weitere Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft Linz abgetreten, obwohl aufgrund des Auftragsvolumens in der Höhe von insgesamt EUR 70,3 Mio. der Verdacht auf einen durch die Tat herbeigeführten Schaden in der Höhe von über EUR 5 Mio. bestand?

2.   Wurden Ermittlungsschritte gesetzt, um das Bestehen eines Anfangsverdachtes näher abzuklären? Wenn ja; welche? Wenn nein; warum nicht?

3.    Mit welcher Begründung wurde von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gem. § 35c StAG abgesehen?

4.    An wen und wann wurde in der Weisungskette der Staatsanwaltschaften das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens berichtet?

a.    Falls das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dem Leiter der Staatsanwaltschaft Linz nicht berichtet wurde, warum wurde dies unterlassen?

b.    Falls der Oberstaatsanwaltschaft das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahren nicht berichtet wurde, warum wurde davon abgesehen? Warum wurde kein Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft erstattet, obwohl wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat ein besonderes öffentliches Interesse besteht?

c.     Falls dem Bundesministerium für Justiz das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht berichtet wurde, warum wurde davon abgesehen? Warum wurde kein Vorhabensbericht an die Bundesministerin erstattet, obwohl wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat ein besonderes öffentliches Interesse besteht?

5.    Es besteht der Verdacht, dass die SCHNAUDER & Partner GmbH über keine gültige Gewerbeberechtigung für den Handel mit Medizinprodukten verfügte. Es erscheint nicht lebensnah, dass die Oberösterreichische Gesundheitsholding einen Auftrag über die Beschaffung von medizinischer Schutzausrüstung in der Höhe von ca. EUR 4,5 Mio. an eine Firma ohne die erforderlichen gewerberechtlichen Konzessionen und ohne Erfahrung im Handel mit Medizinprodukten vergibt. Aus diesem Grund besteht der begründete Verdacht, dass die Oberösterreichische Gesundheitsholding über das Vorliegen einer solchen Gewerbeberechtigung und/oder Erfahrung der SCHNAUDER & Partner GmbH im Handel mit Medizinprodukten getäuscht wurde. Warum wurden diesbezüglich keine Ermittlungen durchgeführt? Warum wurden die in der Sachverhaltsdarstellung vom 26.06.2020 als Verdächtige genannten Personen zu dieser Frage nicht einmal einvernommen?

6.    Hat zwischen der Veröffentlichung der Sachverhaltsdarstellung und der Übermittlung vom Absehen des Verfahrens ein persönlicher Kontakt von Organen der Staatsanwaltschaft Linz oder der Oberstaatsanwaltschaft Linz mit Mitgliedern von Organen der Oberösterreichische Gesundheitsholding stattgefunden?