2912/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.07.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage Abschiebezentrum in Serbien

 

Unter Bundesminister Kickl wurde am 24. April 2019 eine Arbeitsvereinbarung mit Serbien betreffend der Unterbringung von in Österreich nicht erwünschten Fremden unterzeichnet. Aus der Beantwortung der NEOS-Anfrage 923/AB vom 14.04.2020 zu 866/J (XXVII. GP) geht hervor, dass diese Vereinbarung noch immer besteht und ein Konzept zur Umsetzung der Arbeitsvereinbarung in Ausarbeitung ist (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00923/imfname_791360.pdf).

 

Ziel sind Einrichtungen in Serbien für illegal in Österreich aufhältige Fremde, deren Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht möglich ist und wo "ein ausreichender Bezug des Fremden zur Republik Serbien besteht" (etwa wenn diese über die Westbalkanroute nach Österreich geflüchtet sind). Die Unterbringungskosten soll das österreichische BMI bezahlen. Für die Unterbringung „ist keine bestimmte Dauer oder Maximalfrist festgelegt“. Über den genauen Inhalt, die Rechte und Pflichten wurde Stillschweigen vereinbart. Obwohl ein Konzept zur Umsetzung in Ausarbeitung ist, wurden selbst Fragen zu den Kosten- für die Steuerzahler_innen sehr wohl relevant- von Ihnen nicht beantwortet.

 

Die Grünen sprachen sich zwar gegen Ihren Abschiebeplan aus (https://www.derstandard.at/story/2000116902861/regierung-will-abgelehnte-fluechtlinge-nach-serbien-schicken) und begründeten dies laut Standard unter anderem damit, dass der Plan unter der Regierung Kurz I entstanden war, doch spricht auch das jetzige Regierungsprogramm von einer "Prüfung der Schaffung von bi- und multilateralen Abkommen mit sicheren Drittstaaten zur Aufnahme von rechtskräftig abgelehnten Asylwerberinnen und Asylwerbern in diesen Ländern bei unmöglicher freiwilliger oder zwangsweiser Außerlandesbringung unter Berücksichtigung völker- und menschenrechtlicher Verpflichtungen" (S. 196).

Dass Österreich seine menschenrechtlichen Verpflichtungen durch Umsetzung dieses Projektes nicht verletzen wird, ist schwer in Zweifel zu ziehen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Welche weiteren Maßnahmen wurden in Zusammenhang mit der gegenständlichen Arbeitsvereinbarung mit Serbien seit Beantwortung der ersten Anfrage zu dem Thema wann von wem gesetzt?

2.    Welche Vorteile erhält Serbien gegenüber Österreich als Teil der am 24.04.2019 vom BMI mit Serbien unterzeichneten Arbeitsvereinbarung?

3.    Für die Tragung welcher Kosten hat sich das BMI im Rahmen der bestehenden Vereinbarung verpflichtet?

a.    Für welche einmaligen Kosten hat sich das BMI wann wofür verpflichtet?

b.    Für welche regelmäßigen Kosten hat sich das BMI wann für welche Dauer und in welchem Zeitabstand wofür verpflichtet?

4.    Wann tritt die Vereinbarung in Kraft?

5.    Ist das Konzept zur Umsetzung der Arbeitsvereinbarung bereits fertig?

a.    Wenn ja, wann wurde es fertig?

b.    Wenn ja, was beinhaltet es konkret?

c.    Wenn nein, wann ist geplant, das Konzept fertigzustellen, wann wird mit der Fertigstellung gerechnet?

6.    Wer bzw. welches Organ veranlasste die Weiterführung der gegenständlichen aus der Regierung Kurz I stammenden Arbeitsvereinbarung mit Serbien unter der Regierung Kurz II?

7.    Wie wird die Berücksichtigung völker- und menschenrechtlicher Verpflichtungen sichergestellt?

a.    Gibt es einen Kontrollmechanismus?

                                  i.    Wenn ja, welchen?

                                ii.    Wenn ja, in welchen Intervallen soll welche Einheit die Zentren in Serbien kontrollieren?

                               iii.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Gibt es eine Beschwerdestelle, bei der im Zentrum auszuharrende Menschen ihre Einwände oder Beschwerden einbringen können?

                                  i.    Wenn ja, wie ist diese aufgebaut und wer ist für sie zuständig?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Inwiefern ist nicht eine Art der Unterbringung geplant, die Freiheitsentzug gemäß Art 5 EMRK und anderer menschenrechtlicher Verpflichten darstellt?

9.    Welche Art von Betreuung ist für Minderjährige sowie besonders schutzbedürftige sowie andere vulnerable Personen vorgesehen?

a.    Sind Zimmer für Männer, Frauen und Minderjährige jeweils getrennt?

b.    Wie viele Bäder gibt es?

                                  i.    Gibt es getrennte Badezimmer für Männer und Frauen?

                                ii.    Gibt es getrennte Badezimmer für Minderjährige?

c.    Ist beabsichtigt, auch Kinder in das geplante Zentrum für abgelehnte Asylwerber_innen in Serbien zu überführen, und werden diese Kinder gegebenenfalls Zugang zu einem pädagogisch relevanten schulischen Angebot haben?

                                  i.    Wenn ja, woraus besteht die Gestaltung der relevanten Aktivitäten und pädagogischen Betreuung von Minderjährigen und wer ist für diese zuständig?

10. Womit sind die für die Unterbringung in Frage kommenden Zentren ausgestattet (bitte um detaillierten Lageplan)?

a.    Welche Stelle ist für die Versorgung und Überprüfung der Ausstattung zuständig?

b.    Gibt es genügend Geräte mit gut funktionierendem Internetzugang, um Menschen die Kommunikation zur Außenwelt, sowie e-learning für Minderjährige und Studierende, zu ermöglichen?

                                  i.    Welches Organ ist für einen bestehenden Internetanschluss und technische Unterstützung zuständig?

c.    Welche Freizeitaktivitäten werden im Zentrum wie ermöglicht?

11. Gibt es eine maximale Dauer, die Menschen in diesen Zentren verbringen sollen?

a.    Wenn ja, wie lange?

b.    Wenn ja, wie wurde dieser Zeitraum festgelegt?

c.    Wenn ja, wohin werden betroffene Personen nach Ablauf dieser Frist geschickt?

d.    Wenn ja, welche Kosten werden von welchen Einheiten zur Verlegung der Menschen, die diese Frist in den Zentren Serbiens ausgeharrt haben, übernommen?

e.    Wenn nein, warum nicht?

12. Wie viele Menschen können in dem geplanten Zentrum in Serbien maximal untergebracht werden?

a.    Wie groß sind die Räumlichkeiten genau (bitte um detaillierte Auskunft der Raumplanung)?

b.    Unter welche Zuständigkeit fällt die Sicherstellung der Einhaltung der angegebenen maximalen Kapazität des Zentrums?

13. Sind außer der gegenständlichen Arbeitsvereinbarung mit Serbien noch weitere Vereinbarungen über die Unterbringung von nicht-abschiebbaren, in Österreich abgelehnten Asylbewerber_innen oder anderen Fremden in anderen Nicht-EU-Staaten angedacht?

a.    Wenn ja, in welchen Nicht-EU-Staaten?

b.    Wenn ja, wann und mit wem gab es dazu bereits bilaterale oder multilaterale Gespräche und worüber wurde konkret gesprochen?

c.    Wenn ja, wo sollen die betroffenen Fremden untergebracht werden?

d.    Wenn ja, sollen dafür eigene Zentren errichtet werden? Wo?

e.    Wenn ja, wie konkret sind diese Pläne aktuell?