2979/J XXVII. GP
Eingelangt am 29.07.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und GenossInnen
an die Bundesministerin
für Justiz
betreffend Ermittlungen in der Causa Commerzialbank Mattersburg (CBM)
Laut
einem Artikel im Profil vom 25.7.2020 („Commerzialbank: Martin Pucher und die Akte
Mattersburg“) lagen den Behörden bereits seit dem Jahr 2015
Hinweise auf Ungereimtheiten in der Causa Commerzbank Mattersburg vor: „Das
Aufsichtssystem in Österreich hat fundamental versagt. Wie profil und der
ORF -„ZIB 2“ vorliegende Dokumente zeigen, hätten die
Manipulationen bereits vor Jahren aufgedeckt werden können. So lagen den
Behörden ab 2015 Hinweise auf Ungereimtheiten in Mattersburg vor, was auch
zu reger Aktivität führte: Neben der FMA und der OeNB waren in
weiterer Folge auch zwei Staatsanwaltschaften und ein Finanzamt mit Missständen
in und um Mattersburg befasst. Und doch geschah: lange nichts. Oder jedenfalls
zu wenig, um Martin Pucher schon früher einzubremsen.
Demnach hatte sich am 25. Juni 2015 erstmals ein Whistleblower zeitgleich bei
der WKStA und der FMA gemeldet. Pucher und seine Vorstandskollegin sollen
Kredite in großem Stil an den Aufsichtsorganen der Bank vorbei vergeben
haben, so der anonyme Hinweisgeber damals.
Die WKStA legte einen Akt gegen Pucher und andere Verdächtige (Verdacht
der Untreue) an und ersuchte die Finanzmarktaufsicht um Amtshilfe. Die FMA
informierte die Nationalbank, die 2015 zu einer ohnehin geplanten
Vor-Ort-Prüfung in Mattersburg anrückte. Ende Oktober 2015 lag der
Prüfbericht der OeNB vor. Den Prüfern war es nicht gelungen, den in
der anonymen Eingabe erhobenen Verdacht zu erhärten; darüber
informierte die Finanzmarktaufsicht die WKStA, welche das Verfahren gegen
Pucher „mangels Anfangsverdachts“ im Jänner 2016 einstellte.
Das Verstörende daran: Die OeNB-Prüfer waren sehr wohl auf Unregelmäßigkeiten
gestoßen, wenn auch anderer Natur. So hatte die CBM einem Kunden
schwacher Bonität einen Kredit gewährt, mit welchem dieser
sogenanntes Partizipationskapital der Commerzialbank gezeichnet hatte. Die
Verzinsung des Partizipationskapitals war höher als die des Kredits
– aus Sicht der Bank ein glattes Verlustgeschäft. In Summe sei
daraus „ein jährlicher Vermögensnachteil in Höhe von rund
40.000 Euro resultiert“, wie es in einem Schriftsatz der FMA heißt.
Diesen Fall brachte nun die FMA von Amts wegen im Dezember 2015 zur Anzeige
– bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. Abermals lautete der Verdacht
auf Untreue. Und abermals kam nichts dabei heraus. Im Juni 2016 teilte die StA
Eisenstadt der FMA mit, dass die Akte „mangels Anfangsverdachts“ geschlossen
worden sei. Was die StA in diesen sechs Monaten ermittelt hat, ist nicht
bekannt.“
Die in Juristenkreisen größtenteils nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Eisenstadt im Jahr 2016, nämlich einen möglicherweise strafrechtlich relevanten und daher von der FMA angezeigten Tatbestand betreffend CBM nicht zu verfolgen und diese Entscheidung zusätzlich erst mehrere Monate nach der Anzeige bekannt zu geben, ist im höchsten Maße aufklärungsbedürftig. Hätten die Staatsanwaltschaft Eisenstadt und die ihr vorgesetzten Behörden bereits damals dem unseligen Treiben von Herrn Pucher und seinen Hintermännern Einhalt geboten, wäre es nicht zu einem derartig massiven Anwachsen der Schadenssumme und den vielen Geschädigten gekommen:
In diesem Zusammenhang ist auch die Verantwortung der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, insbesondere des damaligen Leiters Herrn Mag. Johann Fuchs und ein daran geknüpftes mögliches Zusammenwirken in der Causa CBM mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie dem Justizministerium im Interesse der geschädigten Bank-KundInnen usw. zu hinterfragen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende
Anfrage:
1. Lagen den
Behörden Hinweise auf Ungereimtheiten bereits 2015 vor und wenn ja welche?
2. Wie lautete
genau der Hinweis des Whistleblowers an FMA und WKSTA am 25.6.2015 ?
3. Welche
Ermittlungsschritte wurden hinsichtlich der Information dieses Whistleblowers,
der am 25. Juni 2015 die WKStA und die FMA zeitgleich kontaktiert hat, von
diesen in weiterer Folge gesetzt?
4. Der Vorwurf des
Whistleblowers damals lautete, daß Kredite an den Aufsichtsorganen der Bank
vorbei vergeben würden. Was hat die Überprüfung
diesbezüglich genau ergeben? Wurden dazu Zeugen einvernommen? Wenn ja, welche
und mit welchem Resultat? Wurden andere Behörden zur Aufklärung
eingeschaltet und wenn ja, welche?
5. Gab es zu
dieser Causa in der Staatsanwaltschaft Eisenstadt Dienstbesprechungen ? Wenn
ja, was war laut Protokoll das Ergebnis?
6. Gab es in Bezug auf diese Verfahren Weisungen? Wenn ja: Welche und durch wen?
7. Warum wurden
die Ermittlungen beendet? Wurden die Verfahren 2016 zurückgelegt oder
eingestellt? Was war die Begründung für die Beendigung der Verfahren?
8. Wurden die Ermittlungsergebnisse
von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt der FMA und der OenB übermittelt?
Wenn nein, warum nicht?
9. Ende Oktober 2015
soll ein Prüfbericht der OeNB zur Causa vorgelegen haben; daraus
resultiert, dass die in der anonymen Eingabe erhobenen Vorwürfe nicht
erhärtet hätten werden können, weswegen die WKStA das Verfahren
gegen Pucher „mangels Anfangsverdachts“ im Jänner 2016
einstellte.
Allerdings – so schreibt das Profil – wären die
OeNB-Prüfer auf andere Unregelmäßigkeiten gestoßen,
weswegen die FMA von Amts wegen im Dezember 2015 Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft Eisenstadt wegen des Verdachts auf Untreue erstattete. Im
Juni 2016 teilte die StA Eisenstadt der FMA mit, daß der anhängige
Akt mangels Anfangsverdachts geschlossen worden sei. „Was die StA in
diesen sechs Monaten ermittelt hat, ist nicht bekannt“. Welche
Ermittlungsschritte wurden seitens der Staatsanwaltschaft Eisenstadt gesetzt? Welche
konkreten Verfahrensergebnisse lagen dazu vor?
10. Wurden dazu Zeugen einvernommen? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?
11. Wer war der ermittelnde
Staatsanwalt in den 2015/2016 anhängigen Verfahren der Staatsanwaltschaft
Eisenstadt? Haben auch andere Staatsanwälte, insbesondere Staatsanwalt
Erich Mayer, an den Ermittlungen in der Causa CBM mitgewirkt? Wenn ja, welche
Rolle spielte der jeweilig mitwirkende Staatsanwalt in dieser Angelegenheit?
12. Gab es in dieser Causa
Dienstbesprechungen bzw. einen Schriftverkehr zwischen der Staatsanwaltschaft
Eisenstadt und der Oberstaaatsanwaltschaft? Wenn ja, warum und was war laut
Protokoll das Ergebnis?
13. Gab es in Bezug auf
diese Verfahren Weisungen? Wenn ja: welche und durch wen? Warum wurden die
Ermittlungen beendet?
14. Im Jahr 2018 wurde vom
zuständigen Finanzamt im Burgenland gegen ein Aufsichtsratsmitglied der
CBM wegen einer Vielzahl erstellter Scheinrechnungen ermittelt. War die
Staatsanwaltschaft Eisenstadt in diese Ermittlungen eingebunden? Wenn ja, was
war das Ergebnis dieser Ermittlungen?
15. Die in Juristenkreisen größtenteils nicht nachvollziehbaren
Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Eisenstadt im Jahr 2016, nämlich
einen möglicherweise strafrechtlich relevanten und daher von der FMA
angezeigten Tatbestand betreffend CBM nicht zu verfolgen und diese Entscheidung
zusätzlich erst mehrere Monate nach der Anzeige bekannt zu geben, ist im
höchsten Maße aufklärungsbedürftig. Hätten die
Staatsanwaltschaft Eisenstadt und die ihr vorgesetzten Behörden bereits
damals dem unseligen Treiben von Herrn Pucher und seinen Hintermännern
Einhalt geboten, wäre es nicht zu einem derartig massiven Anwachsen der
Schadenssumme und den vielen Geschädigten gekommen. Die CBM hatte damals
Partizipationskapital aufgelegt, also eine Maßnahme gesetzt, mit welcher
man am Kapitalmarkt Geld beschafft, das von der Bank entsprechend den
vereinbarten Geschäftsbedingungen den Gläubigern natürlich
auch wieder zurückzubezahlen ist. Im gegenständlichen Fall wurde das
gesamte Partizipationskapital anscheinend von einer einzigen Person
übernommen und an die CBM einbezahlt. Das Geld stammte allerdings nicht
aus dem Vermögen der betroffenen Person, sondern wurde dieser gleichzeitig
von der CBM mittels Kredit zur Verfügung gestellt. Geld welches die Bank
angeblich benötigte, wurde von einer dritten Person aus den Mitteln der
Bank (Kredit) an diese bezahlt. Wie mittlerweile den Medien zu entnehmen ist,
hat sich aus diesem „Geschäft“ der Bank ein jährlicher Abgang
von Euro 40.000 errechnet. Diese Vorgangsweise ist sogar für Laien grotesk
und unnachvollziehbar. Gab es für die Einstellung der Strafverfahren durch
die Staatsanwaltschaft Eisenstadt noch nicht evidente "besondere"
Gründe?
16. Offenkundig stellt sich
die Frage, wem bzw. welchen Stellen die gegenständlichen Strafakte im
Rahmen der Weisungskette vorgelegt worden waren. Es ist davon auszugehen, daß
jedenfalls der damalige Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, Herr Mag.
Johann Fuchs, welcher nunmehr als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien
fungiert, in die Einstellungsentscheidung eingebunden war. War dies der Fall?
Welche Personen waren weiters involviert?
17. Aufgrund der Bedeutung
der Akte und der langen Zeit bis zur Einstellungsentscheidung könnten die
Akte auch der Oberstaatsanwaltschaft Wien als vorgesetzter Behörde und von
dieser wiederum dem für Weisungen im Justizministerium zuständigen
Sektionschef Mag. Pilnacek vorgelegt worden sein. War dies der Fall und falls
ja, welche Meinungen wurden dort vor der Einstellung des Verfahrens vertreten?
18. Falls nein: Warum wurde
ein Akt von eminenter Sprengkraft und großer Bedeutung für die
Region der Oberstaatsanwaltschaft zur Entscheidungsfindung nicht vorgelegt? Was
waren die Gründe für diese Entscheidung?
19. Wer hat in letzter
Konsequenz zu verantworten, daß ein von der FMA 2015 angestoßenes
Strafverfahren wegen Untreue eingestellt worden ist und das schädigende
Verhalten der CBM unter Herrn Pucher weitergehen konnte?
20. Medienberichten zufolge gabe es im Feber 2020 erneut Hinweise eines Whistleblowers zu ungenügend besichterten, „Vorstandsbetreuten“ Krediten bei der CBM. Welche Ermittlungsschritte wurden und werden diesbezüglich gesetzt?