3049/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.08.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Abschiebungen und Schubhaft von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten

Minderjährige brauchen zweifellos besonderen Schutz. Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.

Der UNO-Ausschuss für Kinderrechte hat sich mit dem Terminus Kindeswohl näher beschäftigt und betrachtet diesen als Schlüsselbegriff. In Österreich stehen die Rechte von Kindern im Verfassungsrang. In Bezug auf das Kindeswohl gilt gemäß Art. 1 BVG Kinderrechte und Art. 3 Abs. 1 der Kinderrechtskonvention das Vorrangigkeitsprinzip – in allen Belangen. Auch im gesamten Asylverfahren ist das Kindeswohl daher vorrangig zu berücksichtigen.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMFs) stellen – auf Grund der Tatsache, dass sie ohne Eltern oder zuständiger Begleitperson in Österreich sind – eine besonders vulnerable Gruppe dar, auf die im Asylverfahren deshalb ausdrücklich Rücksicht zu nehmen ist. Vor allem bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wie Schubhaft und Abschiebungen ist die Beachtung des Kindeswohls ganz zentral.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie viele minderjährige Personen waren in den Jahren 2017 bis 2020 in Schubhaft (bitte um Aufschlüsselung nach Schubhafteinrichtung, Jahr, Monat und Herkunftsland, Merkmal begleitet/unbegleitet sowie Dauer der Schubhaft, bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung)?

2.    Wie viele minderjährige Personen befanden sich in den Jahren 2017 bis 2020 im gelinderen Mittel (bitte um Aufschlüsselung nach Schubhafteinrichtung, Jahr, Monat und Herkunftsland, Merkmal begleitet/unbegleitet sowie Dauer des gelinderen Mittels, bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung)?

3.    Wie oben angeführt, muss das Kindeswohl bei allen Belangen betreffend Minderjährige geprüft werden.

a.    Wie gestaltet sich die Kindeswohlprüfung beim BFA vor Verhängung der Schubhaft/gelinderes Mittel?

b.    Aufgrund welcher Umstände oder anhand welcher Parameter kamen die Behörden in jedem Einzelfall zum Ergebnis, dass die Schubhaft bei einem UMF bzw. begleiteten Minderjährigen dem Kindeswohl entsprach?

c.    Welche Fälle wurden wann wo und von wem gemeldet, in denen das Kindeswohl nicht ausreichend sichergestellt wurde und welche Maßnahmen wurden daraufhin von wem wann durchgeführt?

d.    Gibt es hier eine Einbindung der zuständigen Kinder- und Jugendhilfe (Besuche in den Einrichtungen etc.)?

4.    Bei UMF ist in der Regel die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) die mit der Obsorge betraute Stelle. Welche Form der Zusammenarbeit besteht für das BMI mit welcher jeweiligen Kinder- und Jugendhilfe?

a.    War Kinder- und Jugendhilfe bei den Verhängungen von Schubhaft involviert?

b.    Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe in den einzelnen Fällen von Schubhaft von UMF von 2019 und 2020?

                                      i.Gibt es hier regelmäßigen Austausch, Treffen etc.?

1.    Wenn ja, welche Entitäten treffen sich bzw. führen in welchem Zeitabstand wo Gespräche?

5.    Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung 38/AB vom 19.12.2019 Frage 16 wurde ein UMF im Februar 2019 abgeschoben (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00038/index.shtml). Wie viele UMF, die bei ihrer Ausreise minderjährig waren, wurden seit 2017 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung zwangsweise außer Landes gebracht (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat und Herkunftsland)?

6.    Wie viele begleitete Minderjährige wurden 2020 (bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung) zwangsweise außer Landes gebracht (bitte um Aufschlüsselung nach Monat, Herkunftsland und Land der Außerlandesbringung)?

7.    Wie wurde seit 2017 durch welche Stelle bzw. welche zuständige Behörde sichergestellt und kontrolliert, dass die abgeschobenen oder abzuschiebenden UMF sich nach ihrer Ankunft in Sicherheit befinden würden (bitte um Aufschlüsselung bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung nach Jahr, Monat und Herkunftsland)?

a.    Welche Behörde kontrolliert wie oft die Sicherheit der UMF in diesem Ablauf?

b.    Welche Fälle wurden seit 2017 gemeldet, in denen die Sicherheit wie nicht sichergestellt werden konnte und was wurde dagegen wann von wem unternommen?

8.    Welcher Ablauf oder welches System wurde durch welche Stelle(n) in allen Fällen, in denen UMF seit 2017 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung abgeschoben wurden, durchgeführt, um eine direkte Übergabe von den österreichischen Behörden an die KJH Stellen oder die Eltern sicherzustellen?

a.    Wenn kein sicheres System zur Übergabe vorhanden ist, warum nicht und was wurde stattdessen wann von welchem Organ unter wessen Zuständigkeit fallend unternommen (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat und Herkunftsland)?

9.    Wurde in den Fällen der seit 2017 abgeschobenen oder abzuschiebenden UMF stets eine klare Zuständigkeit für die Übergabe jener UMF, entweder bei den Eltern oder KJH Einrichtungen in den Herkunftsländern benannt?

a.    In welchen dieser Fälle bestand eine Zustimmung der Eltern und in welchen Fällen eine Zustimmung der KJH Stelle (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat und Herkunftsland, bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung)?

                                      i.Wie wurde die Identität der betroffenen Personen durch wen wann wo kontrolliert?

b.    In welchen Fällen übernahmen die KJH Behörden der Herkunftsländer die Minderjährigen nach Ankunft am Flughafen (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat und Herkunftsland)?

                                      i.Wie wurde die Identität der betroffenen Personen und Zugehörigkeit zur KJH durch wen wann wo kontrolliert?

c.    In welchen Fällen übernahmen Eltern die Minderjährigen nach Ankunft am Flughafen (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Monat und Herkunftsland, bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung)?

                                      i.Wie wurde die Identität der betroffenen Personen durch wen wann wo kontrolliert?

d.    An wen wurden die Minderjährigen stattdessen übergeben, wenn sie weder den Eltern, noch den Kinder- und Jugendhilfebehörden übergeben wurden?

                                      i.Wer kontrollierte wann wo und wie die Identitäten oder Zugehörigkeit zu welcher Organisation oder Organ der betroffenen Personen?

e.    Wenn UMF KJH Einrichtungen übergeben werden, welche Schritte wurden im Vorfeld wann durch wen getätigt, um das Kindeswohl nach Ankunft der UMF in KJH Einrichtungen in den Herkunftsländern sicherzustellen (bitte um Aufschlüsselung nach den einzelnen Abschiebungen von UMFs von 2017 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung)?

                                      i.Wie oft findet eine Kontrolle durch wen statt und an wen wird diese berichtet?