3051/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.08.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend AUA Rettungspaket & Plan B

 

NEOS liegen Dokumente der außerordentlichen Sitzung des Austrian Airlines Aufsichtsrats vom 4. Juni 2020 vor. Diese bestätigen bereits kolportierte Teile des Rettungspakets:

·         300 Millionen Euro in Krediten

·         Besicherung durch die der AUA gehörenden (und nun an eine Firma namens NewCo übertragenen und zurückgeleasten) Flieger

·         Verkauf von 24 Flugzeugen um mindestens 55,5 Millionen Euro

·         Zuschüsse der Lufthansa (150 Millionen) und der Republik Österreich (150 Millionen)

Spezifisch wird der Aufsichtsrat ersucht, 

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zuzustimmen.

Der Kapitalbedarf von 600 Millionen Euro errechnet sich aus einer bis 2023 laufende Finanzprognose von PwC. Nach der prognostizierten Entwicklung im Flugreisemarkt ist nur eine Bedienung von Fremdkapitalaufnahme von 300 Millionen realistisch. Weitere 300 Millionen müssen daher in der Form von Eigenkapitalzuschüssen (die nicht zurückzuzahlen sind) gewährt werden. Davon kommen 150 Millionen von der Lufthansa, 150 weitere Millionen von der Republik Österreich.

Im Detail sagt PwC:

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Diese Auflagen umfassen:

1.    Hauptquartier bleibt in Wien

2.    Wartung bleibt in Wien

3.    Drehkreuz bleibt in Wien (mit Spezifikationen)

4.    Umwelt- und Nachhaltigkeitsauflagen (mit Spezifikationen)

Bei allen Auflagen gilt ein Wirtschaftlichkeitsvorbehalt:

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Rückzahlungen:

·         Die Tilgung für den 300 Millionen Kredit erfolgt über 6 Jahre zu 1% p/a.

·         Die erste Rückzahlungsrate wird am 31.12.2021 (20%) überwiesen, danach halbjährlich 10%. Letzte Tilgung am 31.12.2025.

·         Besichert wird der Kredit zu 90% durch die Cofag, 10% durch das Bankenkonsortium.

Verstöße gegen die Auflagen werden von einem Stiftungsrate bewertet. Dieser besteht aus 5 Mitgliedern, von denen 2 von der ÖBAG bestellt werden, aber alle von der Lufthansa die Zustimmung benötigen. Verstöße gegen die vertraglichen Bestimmungen werden durch einfache Mehrheit festgestellt. Eine Eskalation bedarf nur der Stimmen der 2 ÖBAG Mandatare. Im Eskalationsprozess tritt ein Gremium von 4 Personen zusammen (CEO und Stiftungsvorstand der ÖBAG und 2 Lufthansa Vorstände). Gibt es keinen Mehrheitsbeschluss, treffen sich der österreichische Finanzminister und ein Vorstand der Lufthansa. Wird ein Verstoß festgestellt aber keine Einigung zur Korrektur erzielt, wird eine Pönale fällig.

Im Detail:

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Diese Regelungen eröffnen in Folge weiter Fragen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Der Mindestverkaufspreis der Flugzeuge ist mit 55.5 Millionen Euro für 24 Flieger (Durchschnittspreis 2,3 Millionen Euro) extrem niedrig. Auf Basis welcher Annahmen errechnet sich dieser Preis?

a.    Wäre es unter diesen Umständen finanziell zu rechtfertigen, die Flugzeuge einzumotten und erst zu verkaufen, wenn sich der Markt erholt hat?

2.    Die AUA veräußert ihre Flugzeuge an die in Luxemburg ansässige Firma NewCo und least sie dann von dieser zurück. Das Dokument aus der Hauptversammlung betont, dass Luxemburg keine Steueroase ist, und dass die anfallende Körperschaftssteuer weiterhin in Österreich zu entrichten ist. Diese Formulierung ist schwammig, da nur auf Körperschaftssteuer verwiesen wird, nicht aber auf andere Steuern oder die Berechnungsgrundlage für den zu versteuernden Gewinn. Hat sich das Finanzministerium versichert, dass die geplante Kapitalverlagerung nach Luxemburg tatsächlich zu keiner Verringerung der Steuerleistung im Vergleich zu einem Modell, bei dem die Assets in Österreich verblieben, führen wird?

a.    Aus welchem Grund ist die Verlagerung der Flugzeuge nach Luxemburg absolut notwendig? Warum könnte die NewCo nicht auch in Österreich registriert werden?

3.    Der Wirtschaftlichkeitsvorbehalt bleibt im NEOS vorliegenden Dokument in den Details unspezifiziert. Wie im Aufsichtsrat formuliert, könnte jede Auflage mit Hinweis auf höhere Wirtschaftlichkeit einer alternativen Lösung außer Kraft gesetzt werden. Die Lufthansa könnte zum Beispiel darauf verweisen, dass eine gemeinsame Wartung aller Flieger in Frankfurt wirtschaftlicher ist, als an mehreren Standorten, und damit die Auflage, dass die Wartung weiterhin in Wien durchgeführt werden muss, aushebeln. Gibt es in anderen Dokumenten präzisere Definitionen, ab wann eine Auflage aufgrund des Wirtschaftlichkeitsvorbehalts ausgesetzt werden kann?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung.

b.    Wenn nein, wie kann die Republik ihre Interessen an der Beibehaltung des Standorts Wien durchsetzen?

4.    Die Kredite werden durch die der AUA verbleibenden Flugzeuge besichert. Da sich der Flugmarkt wegen der anhaltenden Unsicherheiten durch Corona nur langsam (und unvorhersehbar) erholen wird, ist mit Zahlungsunfähigkeit zu Beginn des Tilgungszeitraums noch eher zu rechnen als gegen Ende. Da die AUA aber nur mithilfe ihrer Flugzeuge Profite (und damit Abzahlungsraten) erwirtschaften kann, wäre eine Pfändung der Flieger zu Beginn des Tilgungszeitraum mit einem Totalausfall gleichzusetzen. Gibt es ein Szenario, in dem die Republik Österreich bei Verfehlen eines Zahlungszieles vor Ende der Sechsjahresfrist tatsächlich auf das Anlagevermögen der AUA in Form ihrer Flugzeuge zurückgreifen könnte?

a.    Wenn ja, bitte um Beschreibung.

5.    Bei Verdacht auf Verletzung einer Auflage besteht ein vorgefertigtes Prozedere, bei dem aber im Endeffekt niemals klare Mehrheiten bestehen. Immer stehen sich gleich viele Repräsentant_innen der Lufthansa wie der Republik gegenüber. Korrektur der Verletzung oder Pönalzahlung bedarf aber einer Stimmenmehrheit. Wird anderswo eine Möglichkeit für ein externes Schiedsgericht oder einen Gang zu Gericht eingeräumt?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung dieses Dokuments.

b.    Wenn nein, wie kann die Republik sich im Streitfall gegen die Lufthansa durchsetzen?

6.    Im Falle der Zahlungsunfähigkeit der AUA innerhalb oder am Ende der sechsjährigen Laufzeit, welche Optionen hätte die Republik außer der Verwertung der zur Kreditbesicherung verpfändeten Flugzeuge?

7.    Es stand auch ein geordneter Konkurs der AUA und ein Neuanfang mit einem neuen strategischen Partner – vorzugsweise einem, der nicht schon Hubs in Europa unterhält und daher nicht mit Wien konkuriert – im Raum. Für so einen Neuanfang wären Flugzeuge wichtig, aber auch ein Rückgriffsrecht auf die Lande- und Abflugsslots der AUA am Flughafen Wien. Die Aufsichtsratsdokumente beziehen sich in keinem Punkt auf diese Slots. Wurden diese nicht in die Verhandlungen eingebunden?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, würden die Slots in die allgemeine Konkursmasse fallen? Wie würde in diesem Fall die Republik Österreich das Drehkreuz Wien in den Händen einer österreichischen Fluglinie (oder Allianz mit Österreichbezug) halten können?

8.    Unter "Gültigkeit der Auflagen" ist zu lesen, dass eine vorzeitige Beendigung durch Tilgung des Kredits jederzeit möglich ist. Bedeutet das, dass sich die Lufthansa jederzeit aus den Auflagen herauskaufen kann und der Standort Wien dann ungeschützt verbleibt?