3064/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.08.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Sonderprivilegien für ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid

Über den beruflichen Lebenslauf sowie die machtpolitischen Manöver Thomas Schmids ist in den vergangenen Wochen und Monaten medial ausführlich berichtet worden. Der nunmehrige Alleinvorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) wird in den laufenden Ermittlungen zur sogenannten Casinos-Affäre als Beschuldigter geführt. Im laufenden Untersuchungsausschuss kristallisierte sich unter anderem heraus, dass der ehemalige Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium maßgeblich in Absprachen mit der Novomatic AG hinsichtlich eines neuen Glücksspielgesetzes involviert gewesen sein soll (siehe: https://www.derstandard.at/story/2000118637489/tuerkises-finanzministerium-plante-ohne-fpoe-liberalisierung-des-gluecksspiels).

Schmid, der laut Berichten mehrerer BMF-Mitarbeiter_innen ausgesprochen zielstrebig und machtbewusst sein dürfte, hat sich allem Anschein nach sogar aktiv in den ÖBAG-Bestellungsprozess eingemischt, indem er die Ausschreibung auf sich selbst "maßschneiderte". Whatsapp-Chats legen nahe, dass er sich als BMF-Kabinettschef bzw. Generalsekretär mit Mitarbeiterin Melanie Laure über die Ausschreibungskriterien beriet. Laure kam aus dem JVP-Bundesvorstand und wechselte mit Schmid als Kommunikationschefin der ÖBAG und Geschäftsführerin der Immobilien- und Industriebeteiligungen GmbH in die Führungsetage der staatlichen Beteiligungsagentur. Ihr damaliger wie nunmehriger Vorgesetzter monierte, dass die Ausschreibung beinhalte, der neue Alleinvorstand solle über "internationale Erfahrung" verfügen. "Ich bin aber nicht international erfahren", schrieb Schmid, "ich habe immer in Österreich gearbeitet." Laure kalmierte: "Man kann das ja verbinden" mit dessen Tätigkeiten in Brüssel und im BMEIA. "Ihr denkt, das reicht?", gab Schmid zu Bedenken, von seiner eigenen Qualifikation offenbar wenig überzeugt (siehe: https://orf.at/stories/3174207/). "Dr. W. meinte natürlich, können es aber gerne raustun, wenn du willst", so Laure im Dezember 2018. Dr. W. ist eine Headhunterin, mit der sie bezüglich der Ausschreibung konferierte und die im Sommer 2018 davon ausgegangen war, nicht für die ÖBAG, sondern für Schmid zu arbeiten (siehe: https://www.derstandard.at/story/2000118871505/ausschreibung-beeinflusst-auftraege-an-headhunter-neue-vorwuerfe-gegen-oebag-chef). 

Mit dem von ihm in seiner Rolle als BMF-Kabinettschef auf den Weg gebrachten ÖBAG-Gesetz, wodurch die als GmbH organisierte ÖBIB in eine Beteiligungs AG umgewandelt wurde, baute er sich sein eigenes Firmenimperium. So berichtete etwa der Standard im November 2019 (siehe: https://www.derstandard.at/story/2000111695627/thomas-schmid-kurz-vertrauter-im-zentrum-der-casinos-affaere): 

Dennoch gilt das Öbag-Gesetz als das Meisterstück des unter Finanzminister Hans Jörg Schelling zum Generalsekretär Avancierten. Es räume der Staatsholding und ihrem Manager eine "weitreichende Machtposition" ein. Das war freilich erst unter Schellings Nachfolger Hartwig Löger möglich, der sich alles aus der Hand nehmen ließ, wie ein ÖVPler attestiert. "Wenn jemand auch nur ein wenig Ahnung hat, gibt er diese Rechte nicht aus der Hand. Das Gesetz habe sich Schmid quasi selbst geschrieben, der habe seinen Machiavelli auswendig gelernt und im Finanzministerium eine unglaubliche Machtdynamik entwickelt. Niemand habe sich gewehrt, keiner habe sich gekümmert – obwohl in der Öbag Milliarden der Republik stecken. "Das war politischer Wahnsinn", meint ein Auskenner.

In diesem Graubereich zwischen Staat und teilstaatlicher bzw. teilprivater Industrie, in dem öffentliche und private Interessen zunehmend miteinander verschwimmen, hat sich der türkise Aufsteiger offenbar auf Anhieb wohl gefühlt: Mit der neuen ÖBAG zog Schmid gleich einmal in ein luxuriöses Penthouse-Office um, laut BMF-internen Quellen musste selbst das Diensthandy ein goldenes Iphone sein. Der Standard über das neue ÖBAG-Büro: Am 17. Oktober lud der neue Chef der Staatsholding Öbag in die neue Residenz im Penthouse des Volksbanken-Gebäudes in der Wiener Kolingasse. Dass der langjährige Generalsekretär im Finanzministerium seine Funktion anders anlegt als seine Vorgänger, lässt sich nicht nur an der neuen Adresse ablesen. Schmid setzte sich bei seinem ersten großen öffentlichen Auftritt – nicht zufällig knapp nach der Nationalratswahl – mithilfe hochkarätiger Gäste in Szene. (siehe: ibd.)

Auch eine unüblich luxuriöse Highend-Limousine durfte nicht fehlen. Schmid habe laut Medienberichten alles darangesetzt, für sich einen Audi A8 zu erwirken, obwohl staatlich bediensteten Manager_innen und Staatsmanager_innen laut österreichischem Beschaffungsregime eigentlich „nur“ ein Dienstwagen im Rang eines 5er-BMW zustünde. „Es sei ein Pool-Auto für mehrere Nutzer (dabei ist er ja alleiniger Vorstand der ÖBAG, Anm.), spielt Schmids eigens engagierter Krisenkommunikator die Bedeutung des Leasingfahrzeugs herunter, das sei im Betrieb auch noch billiger als das kleinere Modell“, berichtete der Standard diesbezüglich (siehe: ibd.). 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 



1.    Auf welche Höhe belief sich der Kaufpreis bzw. beläuft sich die monatliche Miete für das ÖBAG-Penthouse in der Kolingasse im 9. Wiener Gemeindebezirk?

a.    Welche juristische Person ist gegenüber der ÖBAG als Verkäufer_in oder Vermieter_in aufgetreten?

b.    Wer führte im Namen der beteiligten Parteien die Verhandlungen? 

2.    Wie hoch sind die laufenden monatlichen Ausgaben für das ÖBAG-Penthouse (monatlich seit Beginn inkl. Hausbetriebskosten, Bürobetriebskosten, Facility Management, Verpflegung etc.)?

3.    Wer war bezüglich des Umzugs in den Entscheidungsprozess eingebunden:

a.    von Seiten der ÖBIB?

b.    von Seiten der neuen ÖBAG?

c.    von Seiten des BMF?

4.    Wurden andere Immobilien als neues ÖBAG-Büro in Betracht gezogen?

a.    Wenn ja, welche waren das (bitte um Beifügung der Kostenvoranschläge oder konkreter Angebote)? 

b.    Wenn ja, wieso fiel die Entscheidung auf dieses Penthouse und wer traf die endgültige Entscheidung?

c.    Wenn nein, wieso wurden keine anderen Immobilien in Betracht gezogen?

5.    Welche Stelle im BMF ist für die Begutachtung bzw. Beurteilung von Büroankäufen oder Büromieten zuständig? 

a.    Gab es hinsichtlich des Umzugs der ÖBAG ein Begutachtungsverfahren im BMF?

b.    Wurde die Finanzprokuratur eingeschaltet?

6.    Stimmt es, dass Thomas Schmid auf ein goldenes Iphone als Diensthandy bestand? 

a.    Wenn ja, ist es üblich, dass hohe Beamt_innen des BMF und/oder staatlich bedienstete Manager_innen goldene Mobiltelefone zur Verfügung gestellt bekommen?

b.    Wenn nein, was für ein Diensthandy hatte Thomas Schmid als Generalsekretär des BMF und was für eines bekam er ÖBAG-Alleinvorstand (mit der Bitte um Angabe des Herstellers, des Modells und des Kaufpreises sowie etwaiger Extra-Features wie etwa spezieller Hüllen und zusätzlicher Speicherkapazitäten)?

7.    Wer war/ist seit 2017 für die Vergabe dienstlicher Mobiltelefone von Seiten des BMF zuständig?

8.    Stimmt es, dass Thomas Schmid auf einen A8 bestand?

a.    Wenn ja, wer war wann in den Prozess der Übersiedlung und Anschaffung des neuen Autos eingebunden?

9.    Welches Automodell ist für eine_n staatlich bedienstete_n Manager_in wie Thomas Schmid laut Beschaffungsregime zulässig?

a.    Ist ein Audi A8 laut Beschaffungsregime für einen ÖBAG-Alleinvorstand zulässig? 

b.    Welche Dienstwägen fuhren seine Vorgänger_innen in der ÖBIB?

c.    Wodurch wurde sichergestellt, dass der Audi A8, wie von Seiten Schmids behauptet, tatsächlich als Pool-Dienstwagen dient?

d.    Trifft es zu, dass der Audi A8, wie von Seiten Schmids behauptet, im Betrieb billiger ist als die "kleineren" Modelle von Audi?

10. Wer ist für die Kontrolle solcher Extraausgaben von Seiten des BMF zuständig?

11. Kam es noch zu weiteren außertourlichen bzw. unüblichen Extra-Ausgaben und Sonderprivilegien für das ÖBAG-Management?

a.    Wenn ja, welche waren das (mit der Bitte um Auflistung der Positionen und Angabe der jeweiligen Kosten)?

b.    Wenn nein, von wem, wann und auf welchem Weg wurde dies überprüft und daraufhin festgestellt, dass es bisher zu keinen weiteren außertourlichen bzw. unüblichen Extra-Ausgaben und Sonderprivilegien für das ÖBAG-Management gekommen ist?