3132/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.08.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Sanierung der Austro Control

 

Mit Gesellschaftsvertrag vom 15.12.1993 wurde die „Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung“ (ACG) gegründet und zu FN 71000m im Firmenbuch eingetragen. Alleiniger Gesellschafter ist die Republik Österreich, vertreten durch die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie, mit einer gänzlich einbezahlten Stammeinlage von € 25 Mio.

Die Gründung der ACG ist erfolgt, um mit 01.01.1994 die hoheitlichen Aufgaben des vormaligen Bundesamtes für Zivilluftfahrt zu übernehmen und auf privatwirtschaftlich organisierter Basis abzuwickeln.

Nach ihrer Selbstbeschreibung ist die ACG verantwortlich für einen sicheren und wirtschaftlichen Ablauf des Flugverkehrs im österreichischen Luftraum, mit täglich bis zu 4.000 kontrollierten Luftfahrzeugen und über einer Million Flugbewegungen im Jahr. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr.

Dem Geschäftsbericht der ACG für das Jahr 2019 ist zu entnehmen, dass das Wachstum in der Luftfahrt 2019 stagnierte. Die europaweite Wachstumsrate im Enroute Verkehr (d.h. im oberen Luftraum) betrug lediglich 0,8 %. Im österreichischen Luftraum zeigte sich hingegen ein Anstieg der Flugbewegungen um 5 %.

Die Umsatzerlöse der ACG im Jahr 2019 haben € 317,9 Mio betragen, wovon € 226,2 Mio (71,15 %) auf Streckengebühren und € 46,9 Mio (14,75 %) auf An- und Abfluggebühren entfielen.

Als Unterstützung für die Arbeit der meteorologischen Abteilung der ACG im Bereich Neue Services wurde im Jahr 2006 die 100%-Tochter MeteoServe Wetterdienst GmbH (FN 213555b) gegründet. MeteoServe spricht Kunden aus dem B2B-Bereich mit professionellen Wetterdienstleistungen an, darunter bis vor Kurzem auch die ASFINAG – Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (FN 92191a).

Eine weitere 100%-Tochter der ACG ist die ACG International, die Schulungen, Coachings und Projektunterstützung im regulativen Bereich anbietet.

An der FCS Flight Calibration Services GmbH mit Sitz in Braunschweig (Deutschland) hält die ACG eine Beteiligung von 20 %. Diese Gesellschaft führt v.a. umfangreich Flugvermessungen vor der ersten betrieblichen Nutzung neu installierter Flugnavigationsanlagen durch.

Im Jahr 2014 wurde als Joint Venture gemeinsam mit FAB-CE (Functional Airspace Block Central Europe)-Partnern die FABCE AVIATION SERVICES LTD nach slowenischem Recht mit Sitz in Brnik gegründet. ACG hält an dieser Gesellschaft 16,67 % mit einem Nominale in Höhe von € 6.000,00. Ziel dieser Beteiligung ist es, bestimmte Vorhaben wie z.B. öffentliche Ausschreibungen, Beschaffungsvorhaben oder sonstige Aktivitäten effizient abwickeln zu können.

Zwischen ACG und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ist für die Jahre 2017 bis 2020 ein Rahmenvertrag abgeschlossen. Mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung besteht laut Geschäftsbericht 2019 ein Rahmenvertrag auf unbestimmte Zeit.

Dem Geschäftsbericht der ACG für 2019 ist weiters zu entnehmen, dass der Mitarbeiterstand im Berichtszeitraum sowohl nach Köpfen wie auch auf Vollzeitbasis angestiegen ist.

Der Lagebericht gemäß § 243 UGB, datiert vom 06.03.2020, bildet einen integrierenden Bestandteil des Geschäftsberichtes 2019. Diesem Lagebericht zufolge wird bei den Dienstleistungseinheiten auf der Strecke ein Zuwachs von 1,9 % erwartet, im Bereich An-/Abflug ein solcher von 2,4 %. Die wirtschaftlichen Aussichten für das Jahr 2020 werden generell als gut, wenn auch leicht geringer als 2019 eingeschätzt.

Insgesamt wird mit Stichtag 06.03.2020 von einem weiteren Wachstum des Flugverkehrs im österreichischen Luftraum ausgegangen, sofern außerordentliche Ereignisse wie z.B. Pandemien mit negativen Auswirkungen auf den Flugverkehr ausbleiben.

Nun, in der Zwischenzeit wissen wir, dass sich diese Erwartung nicht erfüllt hat. Als Folge der COVID-19-Pandemie ist der internationale Luftverkehr massiv eingebrochen. Eine Erholung auf das Niveau vor der Pandemie ist kurz- bis mittelfristig nicht in Sicht. Einem am 01.08.2020 in der Tageszeitung KURIER veröffentlichten Interview mit Geschäftsführerin Valerie Hackl ist zu entnehmen, dass das Unternehmen als Folge der COVID-19-Pandemie einen Verlust von mindesten € 100 Mio erleiden wird und dass die Zahl der Flugbewegungen des Jahres 2019 und damit das Einnahmen-Niveau dieses Jahres erst 2023 wieder erreicht werden wird. Um die Umsatzeinbrüche bis 2022 zu kompensieren, wird mit einem Einsparungsbedarf von insgesamt € 260 Mio gerechnet. Nach Auskunft der Geschäftsführerin Hackl sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie hauptsächlich durch Einsparungen im Personalbereich abgefedert werden. 

Für die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie als Eigentümervertreterin besteht daher in mehrfacher Hinsicht erheblicher Handlungsbedarf, um einerseits die Sicherheit des zivilen Flugverkehrs im österreichischen Luftraum und andererseits die wirtschaftliche Existenz der ACG nachhaltig zu sichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Liegt Ihnen als Eigentümervertreterin laufend aktualisiertes Zahlenmaterial betreffen die Flugbewegungen im österreichischen Luftraum sowie die Einnahmensituation der ACG vor?

a.    Wenn ja:

                                      i.Wie hat sich die Zahl der Flugbewegungen in den ersten beiden Quartalen 2020 im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?

                                    ii.Wie haben sich die Umsatzerlöse der ACG in den ersten beiden Quartalen 2020 im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?

b.    Wenn nein:

                                      i.Warum nicht?

2.    Wurden Sie als Eigentümervertreterin über die Maßnahmen informiert, welche seitens des Aufsichtsrates bzw. seitens der Geschäftsführung der ACG gesetzt werden, um trotz eines massiven Einbruches der Umsatzerlöse als Folge der COVID-19-Pandemie das wirtschaftliche Überleben der ACG und damit die Sicherheit der Zivilluftfahrt im österreichischen Luftraum zu gewährleisten?

a.    Wenn ja:

                                      i.Welche Maßnahmen sind auf Ebene der Gesellschaftsstruktur der ACG und ihrer Tochterfirmen geplant?

                                    ii.Welche Maßnahmen sind im Bereich der Betriebsorganisation geplant?

                                   iii.Welche Maßnahmen sind im Bereich Personal (HR) geplant?

b.    Wenn nein:

                                      i.Warum nicht?

3.    Nach Darstellung der Geschäftsführung wird es zur Sanierung der ACG unausweichlich sein, die Personalkosten zu reduzieren. Wie viele von den ca. 1.000 Arbeitsplätzen (gerechnet aus Vollzeitbasis) werden wegfallen?

4.    Gemäß Eigendarstellung der ACG sieht sich das Unternehmen als "Expertenorganisation", deren wichtigster Wert die rund 1.000 Mitarbeiter_innen (Lotsen, Techniker, Meteorologen) sind. Wie wird im Falle eines Personalreduktion (durch Kündigungen oder als Folge von Gehaltskürzungen) gewährleistet, dass die ACG ihre Dienstleistungen weiterhin in der erforderlichen Qualität erbringt und dadurch die Sicherheit der Zivilluftfahrt im österreichischen Luftraum gewährleistet?

5.    Wird es zu Personalverlagerungen von der Muttergesellschaft ACG in Tochtergesellschaften kommen, welche aufgrund eines niedrigeren Gehaltsniveaus kostengünstiger gestionieren?

a.    Wenn ja:

                                      i.Wie viele Stellen sollen ausgelagert werden?

                                    ii.Wann?

6.    Planen Sie legislative Maßnahmen, um die Personalkosten im Bereich der ACG zu senken oder einen Pensionssicherungsbeitrag einheben zu können?

7.    Sind Sie darüber informiert, dass ein Dienstleistungsvertrag zwischen der ACG-Tochter MeteoServe Wetterdienst GmbH und der ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft aufgelöst worden ist?

a.    Wenn ja:

                                      i.Warum wurde dieser Vertrag aufgelöst?

                                    ii.Welche Auswirkungen hat die Vertragsauflösung auf die wirtschaftliche Situation der MeteoServe Wetterdienst GmbH?

b.    Wenn nein:

                                      i.Wurde der Vertrag verlängert?

                                    ii.Falls nein: Warum liegen der Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie als Eigentümervertreterin darüber keine Informationen vor?

8.    Wurden die Verhandlungen betreffend die Verlängerung des Rahmenvertrages zwischen dem Bundesministerium für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie und der ACG bereits aufgenommen?

a.    Wenn ja:

                                      i.Wird es im Zuge der Verlängerung des Rahmenvertrages aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu einer Änderung der von der Republik Österreich zu erbringenden Gegenleistungen kommen?

                                    ii.Wenn ja: in welcher Art und in welcher Höhe?

b.    Wenn nein:

                                      i.Warum nicht?

                                    ii.Auf welche Weise ist die umfassende und kontinuierliche Sicherheit der Zivilluftfahrt im österreichischen Luftraum gewährleistet?