3139/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.08.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Silvan, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

betreffend der möglichen Einmietung der Allgemeinen Unfallversicherung in das „Gebäude der Kaufmannschaft“, Schwarzenbergplatz 14 und Lothringerstraße 4,6,8,10 in 1040 Wien, das im Eigentum des Fonds der Wiener Kaufmannschaft steht. Der Fonds der Wiener Kaufmannschaft wiederum unterliegt der Kontrolle der Wirtschaftskammer Wien, deren Präsident ist DI Walter Ruck ist.

 

Der zur Wiener Wirtschaftskammer gehörende „Fonds der Wiener Kaufmannschaft“ besitzt eine Repräsentative Immobilie am Wiener Schwarzenbergplatz (Haus der Wiener Kaufmannschaft, Schwarzenbergplatz 14 sowie die direkt angrenzenden Häuser Lothringerstraße 4, 6, 8 und 10). Die Liegenschaft ist seit ca. einem Jahr leerstehend, alle Versuche einen Mieter zu finden waren bislang erfolglos. Die Leerstandskosten sind hoch. Es besteht am Wiener Immobilienmarkt schon seit einiger Zeit ein Überangebot an modernen Büroflächen. Mit der Coronakrise verschärft sich dieser Zustand (sinkende Nachfrage, Home-Office, etc.) und die Chancen der Wirtschaftskammer einen lukrativen Mieter zu finden schwinden.

 

Nun soll die von Funktionären der Wiener Wirtschaftskammer geführte und dominierte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) den Freunden der Kammer aus der Patsche helfen. Die Arbeitgebervertreter der ÖVP-Fraktion haben zusammen mit dem ÖAAB/FCG-Vertreter unter der Führung des Obmanns und Funktionärs der Wiener Wirtschaftskammer DI Marion Watz – ohne adäquate Diskussion und Vorbereitung in Windeseile – in der Sitzung des Verwaltungsrates der AUVA am 30. Juli 2020 die Einmietung der AUVA in die Immobilie Schwarzenbergplatz beschlossen. Es sollen die bisherigen Quartiere der AUVA-Hauptstelle (20., Adalbert-Stifter Straße 65-67) und der Landesstelle Wien (20., Webergasse 4) veräußert werden und die beiden Dienststellen in das alte repräsentative Stadtpalais aus dem Jahr 1902 einziehen.

 

Aufsichtsbehörde über die AUVA ist das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. In dieser Eigenschaft stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.      Ist es richtig, dass der Vertreter der Aufsichtsbehörde, ersucht hat, den in Rede stehenden Punkt von der Tagesordnung der Sitzung des AUVA-Verwaltungsrats vom 30. Juli 2020 abzusetzen?

a)      Wenn ja, was waren die Gründe dafür, und warum wurde diesem Anliegen seitens der AUVA nicht entsprochen?

b)      Welche Fragen wurden seitens des Aufsichtskommissärs im Vorfeld der Sitzung bzw. in der Sitzung selbst an die AUVA zu diesem Thema gestellt?

c)      Wurde eine dieser Fragen bislang beantwortet?

d)      Ist es richtig, dass der Vertreter der Aufsichtsbehörde die Vorgangsweise der AUVA in Zusammenhang mit der Vorlage dieses Beschlussantrags wörtlich als „hastig“ bezeichnet hat, wenn ja, was waren die Gründe für dies Einschätzung?

 

2.      Erfordert das beschlossene Vorhaben eine Genehmigung des Gesundheitsministeriums?
a) Wenn ja, wird diese erteilt?

b) Wenn nein, warum nicht?

 

3.      Wurde der Betriebsrat in diese Entscheidungen miteingebunden?

a)      Wenn ja, wie lautet die Empfehlung des Betriebsrates?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 

4.      In der Sitzung des Verwaltungsrats wurde seitens der Befürworter des Beschlusses argumentiert, dass ein Zeitdruck dahingehend bestünde, dass es gelte, ein günstiges Angebot rasch zu nützen, also gewissermaßen eine sich bietende Gelegenheit nicht zu versäumen. Dem stehen Aussagen von Bediensteten gegenüber, wonach bereits vor einem Jahr davon die Rede gewesen wäre, die AUVA würde in das Haus der Kaufmannschaft einziehen. Im Lichte dieser Argumentation stellen sich folgende Fragen:

a)      Wann fanden die ersten Gespräche der AUVA über die Möglichkeit einer Einmietung der AUVA in dieses Gebäude statt?

b)      Sind die ersten diesbezüglichen Gespräche rezenten Datums oder liegen sie bereits länger zurück?

c)      Wer führte seitens der AUVA und seitens der Fonds der Kaufmannschaft bzw. der Wirtschaftskammer Wien diese Gespräche bzw. war in diese eingebunden?

d)      Seit wann steht das in Rede stehende Gebäude „Haus der Kaufmannschaft“ leer?

 

5.      Die AUVA weist in der Begründung ihrer Vorgangsweise u. a. darauf hin, dass das Büro der AUVA im Rahmen eines Reformprozesses beauftragt wurde, eine räumliche Zusammenführung der Standorte der Hauptstelle und der Landesstelle Wien zu prüfen. Das diesbezügliche Projekt wäre zu dem Schluss gekommen, dass eine Zusammenführung jedenfalls „an einem neuen Standort“ erfolgen soll und die bestehenden Gebäude folglich veräußert werden sollen.

a)      Sind Ihnen die Unterlagen dieses Projekts, die zu diesem Ergebnis geführt haben, bekannt?

b)      Wenn nicht, haben Sie die Absicht, diese anzufordern?

c)      Mit welchen Mehrkosten durch die zusätzliche vorübergehende Übersiedlung in das Haus des Fonds der Wiener Kaufmannschaft (Kosten Übersiedlung, Kosten Personalaufwand das für die Übersiedlung wenn auch nur stundenmäßig abgestellt werden muss, Kosten Adressänderung in Schriftstücken, Standardbriefen, Homepage, usw…) ist zu rechnen?

 

6.      Haben Sie in Anbetracht der Tragweite der Angelegenheit die Absicht, die seitens des erwähnten AUVA-internen Projekts gezogenen Schlüsse einer eigenen unabhängigen Überprüfung zuzuführen?

 

7.      In der Antragsbegründung verweist die AUVA auf ein Gutachten einer Firma M.O.O.C.ON GmbH, das bei einem Variantenvergleich einen Mietpreis von EURO 17.- pro m2 ansetzt, unter dem eine Anmietung von Flächen vorteilhaft wäre.

a)      Ist Ihnen dieses Gutachten bekannt?

b)      Wenn nicht, werden Sie es anfordern?

c)      Haben Sie in Anbetracht der Tragweite der Angelegenheit die Absicht, diesbezüglich ein eigenes, unabhängiges Gutachten zu beauftragen?

 

8.      Im Antrag werden die Gebäudebetriebskosten für die bestehenden Liegenschaften mit rund 5 Millionen Euro beziffert.

a)      Ist Ihnen bekannt, wie diese Zahl konkret zustande kommt?

b)      Besteht aus Ihrer Sicht der begründete Verdacht, dass diese Zahl künstlich hoch angesetzt bzw. „hingerechnet“ wurde?

c)      Wie hoch ist – selbst unter der Annahme dieser fünf Millionen Euro - der Quadratmeterpreis für die Betriebskosten der AUVA für die bestehenden Gebäude pro Monat?

d)      Wie stellt sich dies im Vergleich zu jenen Kosten dar, die im „Haus der Kaufmannschaft“ zu zahlen wären?

e)      Wenn man der Annahme folgen würde, dass eine vorübergehende Einmietung zum Beschlussantrag angegebenen Quadratmeterpreis für die AUVA wirtschaftlich sinnvoll wäre, wäre es dann nicht geradezu geboten, auch Angebote von anderen Anbietern von Büroräumlichkeiten einzuholen?

f)       Ist dies seitens der AUVA erfolgt, oder wurde ausschließlich mit dem Fonds der Kaufmannschaft gesprochen?

 

9.      In der Antragsbegründung wird auf beträchtliche Investitionen – insbesondere im Bereich des Brandschutzes – verwiesen, die durch eine Übersiedlung in das Haus der Kaufmannschaft vermieden werden können. In diesem Zusammenhang stellen sich nachstehende Fragen:

a)      Welche Investitionen wären – insbesondere im Bereich des Brandschutzes – in welchem der beiden aktuellen Standorte notwendig?

b)      Wie hoch wären die diesbezüglichen Kosten und gibt es dazu bereits Untersuchungen?

c)      Gibt es aktuelle eine behördliche Auflage, die derartige Maßnahmen zeitnah einfordert?

d)      Wenn ja, seit wann und warum wurden diesbezüglich keine Schritte gesetzt?

e)      Wenn nein, warum sind derartige Aussagen in der Antragbegründung festgehalten?

f)       Gibt es – abgesehen vom Brandschutz – noch andere zwingende Sanierungserfordernisse, die einem selbst mittelfristigen Fortbetrieb der bestehenden Standorte entgegenstehen würden?

g)      Würden im Haus der Kaufmannschaft keinerlei Adaptierungskosten für die AUVA entstehen?

h)      Wenn doch, wie hoch wären diese und auf wie viele Jahre werden diese seitens der AUVA auf den Quadratmeterpreis umgelegt?

i)        Welche Kosten werden seitens der AUVA für den Umzug in Ansatz gebracht?

 

10.  Die bestehenden Gebäude in der Adalbert Stifter Straße beherbergen nicht nur Büroräumlichkeiten sondern beispielsweise auch ein Rechenzentrum, eine Sicherheitstechnische Prüfstelle sowie Forschungseinrichtungen und Küchen.

a)      Könnten diese Einrichtungen ebenfalls im Haus der Kaufmannschaft Platz finden?

b)      Wenn nein, wo werden diese künftig situiert sein und welche Kosten werden dafür in Ansatz gebracht?

c)      Wie beurteilen Sie den Umstand, dass dem seitens des Büros beantragten und seitens der DienstgebervertreterInnen im Verwaltungsrat gefassten Beschlusses zur Anmietung des „Hauses der Kaufmannschaft“ kein schriftliches Angebot seitens des potentiellen Vermieters vorliegt, sondern lediglich auf Aussagen „maßgeblicher“ Personen verwiesen wird?

d)      Wie beurteilen Sie den Umstand, dass trotz der in der Sitzung geäußerten Einwände des Vertreters Ihres Hauses die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AUVA (Landesstelle Wien und Hauptstelle) unmittelbar nach der Sitzung über den Beschluss in der Weise informiert wurde, dass der Umzug fix beschlossen sei, ohne auf die dafür notwendige und nicht vorliegende Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde hinzuweisen, und überdies bereits einen Termin für die Übersiedlung der Landesstelle Wien mit Ende des Jahres 2020 anzukündigen?

e)      Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die AUVA in einem Schreiben an die MitarbeiterInnen vom 7. August 2020 formuliert wird, dass es „nun gilt“, diesen Prozess …..erfolgreich umzusetzen“ und „Informationen bezüglich der nächsten Schritte“ für „die kommenden Tage“ angekündigt werden?

f)       Teilen Sie die Auffassung, dass das Setzen weiterer Vorbereitungshandlungen für die Umsetzung dieses Beschlusses oder gar die Verursachung diesbezüglicher Kosten durch den Generaldirektor bzw. den Verwaltungsrat der AUVA vor der ministeriellen Genehmigung unzulässig sind?

g)      Wenn ja, haben Sie die Absicht, der AUVA Führung dies mitzuteilen?

h)      Wie beurteilen Sie den Umstand, dass im Schreiben Generaldirektor Mag. Bernart und Obmann DI Mario Watz an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hauptstelle und der Landesstelle Wien vermerkt ist, dass „die Weitergabe an Dritte nicht gestattet ist“?

i)        Haben Sie eine Erklärung für die besondere Geheimhaltung, die seitens des Generaldirektors Mag. Bernart und des Obmanns DI Watz offenkundig angestrebt wird?

j)        Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die Belegschaftsvertretung erst durch die Vorlage des Beschlussantrags von dem Übersiedlungsvorhaben in Kenntnis gesetzt wurde?

k)      Sind Sie der Meinung, dass durch die Vorgangsweise den Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes hinreichen entsprochen wurde?

 

11.  Wie im Kurier vom 15. Juni 2019 zu lesen war, wurde die Entscheidung zur vorzeitigen Ablöse von Dr. Helmut Köberl als Generaldirektor der AUVA durch den jetzigen Generaldirektor Mag. Alexander Bernart maßgeblich durch den Präsidenten der Wiener Wirtschaftskammer, DI Walter Ruck, getroffen.

a)      Sehen Sie den Verdacht als gegeben an, dass es sich bei der maßgeblich durch Mag. Bernart und den (ebenfalls dem der Wiener Wirtschaftskammmerpräsidenten nahestehenden) AUVA-Obmann DI Mario Watz betriebenen Anmietung des Hauses der Kaufmannschaft um eine Gegenleistung für die Unterstützung bei der Erlangung ihrer Positionen  handelt bzw. dass die Unterstützung durch den Wiener Kammerpräsidenten DI Walter Ruck für die genannten Personen bereits in Hinblick auf diese Gegenleistung gewährt wurde?

b)      Würde sich herausstellen, dass die vorgeschlagen Vorgangsweise zwar zum Nutzen des Fonds der Wiener Kaufmannschaft und des WKW Präsidenten
DI Walter Ruck, jedoch zum Schaden der AUVA wäre, würde dies Ihrer Ansicht nach den Tatbestand der Untreue erfüllen?

c)      Wie beurteilen Sie die kolportierte Sichtweise der Wirtschaftskammer (online Medium „Zack Zack“ vom 15. August“) wonach sie bei der AUVA die Rolle des „Eigentümervertreters“ wahrzunehmen habe.

d)      Gibt es für die Verwertung der Standorte der AUVA-Hauptstelle und der Landesstelle Wien bereits Interessenten aus der Immobilienbranche?

e)      Sind Ihnen Gerüchte zu Ohren gekommen, wonach auch die Immobilieninvestoren Rene Benko und Georg Stumpf Interesse an den Standorten in der Adalbert-Stifter Straße sowie in der Webergasse gezeigt hätten?

 

12.  Wie hoch sind die monatlichen Mietkosten für das Haus des Fond der Wiener Kaufmannschaft die seitens der AUVA zu entrichten sind (entsprechende moderne Bürokomplexe werden aktuell um rund 12-13 EUR pro Quadratmeter vermietet)?

13.  Welche anderen Möglichkeiten wurden diesbezüglich in Betracht gezogen? Wurden Vergeichsangebote eingeholt und wie hoch wären die diesbezüglichen Kosten im Vergleich gewesen?

 

14.  Welches Einsparungspotential sehen Sie durch die Übersiedlung der AUVA Haupt- und Landesstelle in das Haus des Fonds der Wiener Kaufmannschaft gegeben?

 

15.  Welche weiteren Vorteile erwarten Sie sich durch eine vorübergehende Übersiedlung in das Haus des Fonds der Wiener Kaufmannschaft?

 

16.  Wurde die bauliche und technische Eignung des Gebäudes des Hauses des Fonds der Wiener Kaufmannschaft vor der Beschlussfassung geprüft?

a)      Wenn ja von wem?

b)      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

c)      Wenn nein, warum nicht?

 

17.  Welche Investitionen sind seitens der AUVA zu tätigen, um das Gebäude bezugsfertig zu machen?

 

18.  Wie groß ist die Fläche die der AUVA im Haus des Fonds der Wiener Kaufmannschaft zur Verfügung stehen wird?

 

19.  Wie groß sind die jeweiligen Flächen die derzeit Landes- und Hauptstelle zur Verfügung stehen?

 

20.  Ist auf Grund der Platzverhältnisse im Haus des Fonds der Wiener Kaufmannschaft nach einer Übersiedlung angedacht, das Arbeiten im „Home Office“ weiter zu forcieren?

a)      Wenn ja, mit welchen Kosten für die Anschaffung der diesbezüglich notwendigen Ausstattung ist zu rechnen?

b)      Wenn ja, wurde der Betriebsrat in die diesbezüglichen Planungen eingebunden und wie sieht der Betriebsrat der AUVA dieses Vorhaben?