3286/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.09.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Umgang mit anonymen Informationen im Fall Commerzialbank

 

Medienberichten (ZIB1 vom  20.08.2020; Ö1 Morgenjournal am 21.08.2020, https://www.krone.at/2214990) gab ein Whistleblower schon vor fünf Jahren sehr konkrete Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, die sich in der Commerzialbank Mattersburg abspielen. Am 2.Juli 2015 meldete sich die Person schriftlich bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft:

"Vorstandsvorsitzender Martin Pucher schafft seit Jahren Millionen zur Seite. ... Dieses Geld wird verwendet ... im Fußballverein Mattersburg ... sowie zur persönlichen Bereicherung." In der Berichterstattung wird sich auf Ermittlungsakten berufen, aus denen hier zitiert wird.

"Zu diesem Zweck hat er falsche Konten angelegt. Die lauten zwar auf den Namen von physischen ... Personen. Diese haben jedoch keine Ahnung ... und wissen auch nicht, dass 'ihre' Konten heillos überzogen sind ... mit 6- oder 7-stelligen Beträgen". Zudem nannte er besondere Merkmale der Fake-Konten inklusive interner Codes. Die Reaktion der WKStA folgte am nächsten Tag mit der Bitte um weitere Auskünfte, die aber auch der Whistleblower nicht liefern konnte. Er versuchte allerdings die Beamten, mit denen er in Kontakt war, davon zu überzeugen, dass diese Informationen ausreichen müssten, um diese Konten zu finden. Den Berichten zufolge wurden die erhaltenen Informationen dann an die Finanzmarktaufsicht (FMA) weitergeleitet. Diese, sowie die OeNB-Bankprüfer konnten die anonymen Vorwürfe allerdings nicht verifizieren.

Was nun bis Juli 2020 brauchte, um aufgedeckt zu werden, hätte offensichtlich schon 2015 offen gelegt werden können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

A: Anlassfall Commerzialbank Mattersburg

1.    Wie und wann wurde der Akt bearbeitet? (Um Angabe der einzelnen Arbeitsschritte sowie Zeitpunkt der Bearbeitung wird ersucht.)

2.    Wurden bei dieser Anzeige jemals informelle Erkundigungen durchgeführt?

3.    Wenn ja, worin bestanden diese Erkundigungen?

4.    Wenn nein, weshalb nicht?

5.    Welche konkreten Ermittlungshandlungen wurden nach Eingang der Anzeige im einzelnen getätigt?

6.    Wann wurden die Informationen aus den anonymen Anzeigen jeweils an die Finanzmarktaufsicht weitergeleitet?

a.    Wurde die Überprüfung der Informationen durch die FMA seitens der StA nachverfolgt?

                                  i.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Wurden 2015 die vom Whistleblower genannten Konten überprüft?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, weshalb nicht? 

c.    Wie ist es möglich, dass diese trotz der vorhandenen Informationen unentdeckt blieben?

8.    Wie, mit welchem Verfahrensschritt und welcher Begründung wurde die Anzeige 2015 erledigt?

9.    Woran hat es der StA 2015 konkret gefehlt?

a.    An einem Anfangsverdacht, an Beweisen - weshalb?

                                  i.    Waren die vorgebrachten Informationen zu unklar, zu unsubstantiiert oder dergleichen?

10. Wurde Martin Pucher oder andere Führungspersönlichkeiten der Commerzialbank 2015 mit den Vorwürfen aus der Anzeige konfrontiert?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

11. Wurde mit dem Hinweisgeber über das BKMS Kontakt aufgenommen?

12. Wurde mit dem Hinweisgeber auf anderen Wegen Kontakt aufgenommen?

13. Wurden Ermittlungen aufgenommen?

a.    Wenn ja, laufen die Ermittlungen noch und wie ist ihr derzeitiger Stand?

b.    Wenn nein, warum nicht?

                                  i.    Mit welcher Begründung verneinte die WkStA das vorliegen eines Anfangsverdachts?

14. Wurde der Hinweisgeber über den Stand der Ermittlungen in Kenntnis gesetzt? 

a.    Wenn nein, warum nicht?

15. Nach welchen konkreten strafrechtlichen Delikten wird derzeit in der Causa "Commerzialbank" gegen wie viele Beschuldigte ermittelt?

16. Wie hoch ist die derzeit bekannte Schadenssumme?

17. Nach welchen abgabenrechtlichen Delikten wird derzeit gegen wie viele Beschuldigte ermittelt?

18. Welche Ermittlungshandlungen wurden seit Bekanntwerden der Vorwürfe 2020 wann jeweils gesetzt?

19. Wie viele Beschuldigte wurden inzwischen einvernommen?

20. Wie viele Zeugen wurden inzwischen einvernommen?

21. Wann kann mit dem Abschluss der Ermittlungen gerechnet werden?

22. Wurden in der Causa Weisungen von der OStA oder vom Ministerium erteilt?

a.    Wenn ja, welch, wann von wem und mit welchem Inhalt?

23. Wie viele Berichte wurden seitens der StA bereits an die OStA/das Ministerium gelegt?

24. Wurden bereits Vorhabensberichte vorgelegt?

a.    Wenn ja, wann welche mit welchem Inhalt?

25. Wurden bereits Vorhabensberichte genehmigt?

a.    Wenn ja, wann welche mit welchem Inhalt?

26. Wurden bereits Vorhabensbericht nicht genehmigt?

a.    Wenn ja, wann welche mit welchem Inhalt und weshalb?

 

B: Für die Jahre seit 2014 wird um folgende statistische Daten ersucht: (Angabe nach einzelnen Jahren)

1.    Wie viele anonyme Anzeigen wurden über das BKMS-System jeweils eingebracht?

2.    Wie werden die Anzeigen bearbeitet?

3.    Werden die Hinweisgeber über die weitere Vorgehensweise der WKStA in Kenntnis gesetzt?

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

4.    Wie lange dauert die durchschnittliche Bearbeitung einer anonymen Anzeige?

5.    Wie viele der über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen blieben gänzlich unbearbeitet?

6.    In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen wurde das Verfahren nach Überprüfung eines Anfangsverdachts unmittelbar (ohne Erkundigungen und ohne Ermittlungen) eingestellt?

7.    In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen kam es zu formlosen Erkundigungen?

8.    In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen kam es zu einem Kontakt mit dem Hinweisgeber über das BKMS?

9.    In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen kam es zu einem Kontakt mit dem Hinweisgeber in anderer Form?

10. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingebrachten Anzeigen kam es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch

a.    die WKStA?

b.    eine andere örtlich zuständige Staatsanwaltschaft? (Um Aufgliederung nach OLG Sprengeln wird ersucht.)

11. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren wurde nach einem Ermittlungsverfahren Anklage erhoben?

12. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren kam es im staatsanwaltschaftlichen Verfahren zu einer Diversion?

13. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren wurde das Verfahren eingestellt?

14. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren kam es im Hauptverfahren zu einer Verurteilung?

15. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren kam es im Hauptverfahren zu einem Freispruch?

16. In wie vielen Fällen von über das BKMS-System eingeleiteten Verfahren kam es im Hauptverfahren zu einer Diversion?