3289/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.09.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Abgesagte Bahnprojekte

Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sieht keinen Bedarf eines mehrgleisigen Ausbaus oder einer Unterflurtrasse im Raum Bregenz, wie die "Neue Vorarlberger Tageszeitung" am 29. August 2020 berichtet. (1)

Wie bereits 2003 von einer Machbarkeitsstudie und von mehreren Seiten (wie der Initiative "mehramsee") festgestellt, besteht eine Notwendigkeit eines mehrgleisigen Ausbaus und einer besseren Anbindung an Deutschland und die Schweiz. Selbiges gilt für den Güterbahnhof Wolfurt, wo Güter auf auf LKW verladen und somit auf die Straße verlagert werden müssen, um den eingleisigen Streckenabschnitt nach Deutschland (z.B. Anschluss an den Umschlagbahnhof Ulm) zu überbrücken. Die Ministerin sieht dies aber anders. So heißt es in Ihrem Schreiben an den Bregenzer Bürgermeister:

"Ein umfangreicher Ausbau der Strecke Bregenz–Lochau–Hörbranz, wie er in der von Ihnen (Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart Anm.) angesprochenen Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2003 analysiert wurde, ist nicht geplant, da in verkehrlichen Untersuchungen kein Bedarf für einen derartigen Ausbau festgestellt werden konnte. Die Untersuchungen wurden in enger Abstimmung mit Deutschland und der Schweiz durchgeführt."

Der Bedarf und die Notwendigkeit, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlegen, wurde aber noch im Regierungsprogramm festgelegt. Auf Seite 116 heißt es etwa: 

"Der Güterverkehr hat großes Potential, einen wesentlichen Beitrag für die Erreichung der Pariser Klimaziele zu leisten. Er soll energieeffizient, umwelt- und klimaschonend abgewickelt und die Chancen dieses Effizienzsprungs für den Beschäftigungs- und Wirtschaftsstandort sollen umfassend genützt werden."  Folgende Ziele sind Regierungsprogramm in Bezug auf den Güterverkehr formuliert: 

·         Gütertransport auf der Schiene und Verlagerung voranbringen

·         Sicherung und Ausbau von intermodalen Verlademöglichkeiten, um die Effizienz des Gütertransports auf der Schiene zu steigern: Forcierung und Förderung betrieblicher Gleisanschlüsse, inkl. Instandhaltung und Betrieb; bei Neuwidmung von Industrie- und Gewerbegebieten sollen Anschlussbahnen forciert werden.

·         Verstärkter Transport bahnaffiner Güter auf der Schiene

Noch im Februar schien dies auch dem Standpunkt der Ministerin zu entsprechen, aus einer Presseinformation vom 27. Februar 2020 hervorgeht. Dort heißt es: "Die vergangenen Monate hätten einmal mehr gezeigt, warum das Vorantreiben der Ökologisierung der Transportsysteme nicht nur sinnvoll, sondern schlicht notwendig sei [...]. Dies schaffe nicht nur Probleme für die menschliche Gesundheit, für die Ökosysteme oder die Klimabilanz, sondern auch für den Warenverkehr selbst, gab Gewessler zu bedenken. Damit die Akzeptanz für den Güterverkehr nicht komplett verloren gehe, brauche es rasch wirksame politische Lösungen; dazu habe sich die Bundesregierung auf allen Ebenen bekannt." Während sich diese Presseinformation auf den Transit- und Güterverkehr in Tirol bezieht, stellt sich die Frage, warum die Verlegung des Güterverkehrs auf die Schiene nicht auch für Vorarlberg gelten solle. Hinzu kommt, dass künftig zusätzliche Personenzüge von Zürich nach München verkehren werden, was die Strecke noch stärker auslasten wird. Damit bleibt aber weniger Spielraum für zusätzliche Güterzüge.

Für das Exportland Vorarlberg ist die Bahnverbindung in den Norden von großer Bedeutung, was schon die von Economica erhobenen Warenströme belegen:

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Mit einer Aussendung vom 02.09.2020, also nach dem Besuch der Bundesministerin in Vorarlberg, fordern Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Marco Tittler "'Offenheit' in dieser Frage: 'Bereits mittelfristig könnte ein Ausbau im Großraum Bregenz zwischen Wolfurt und Lindau notwendig werden'“. (2) Offen ist, ob das im direkten Gespräch mit der Ministerin in derselben Deutlichkeit formuliert war.

 

Personenfernverkehr

Es geht außerdem um den Anschluss des Bundeslandes Vorarlberg an die Magistrale für Europa Paris - Wien - Budapest (3) im Rahmen der europäischen Netze (früher TEN 17). In diesem Punkt ist natürlich auch der Personenfernverkehr maßgeblich vom eingleisigen Nadelöhr zwischen Bregenz und der deutschen Grenze betroffen. Es überrascht, dass solche internationalen Bahnprojekte im grün geführten Ministerium nicht auf dem Radar aufscheinen.

Auch der Anschluss an den Großraum München mit seinem internationalen Flughafen ist für das Industriebundesland Vorarlberg mit seinen zahlreichen international tätigen Unternehmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

 

(1) https://epaper.neue.at/vorarlberg/2020/08/28/ministerin-schiebt-unterflurloesung-riegel-vor.neue

(2) https://presse.vorarlberg.at/land/dist/vlk-62172.html

(3) https://www.schwaben.ihk.de/produktmarken/politische-arbeit/verkehrsinfrastruktur-und-verkehrspolitik/bahn/magistrale-fuer-europa-paris-wien-564026

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Gibt es Pläne von Seiten des BMK den Güterverkehr in Vorarlberg von der Straße auf die Schiene zu verlegen?

a.    Wenn ja, wie sehen diese Pläne bei gleichbleibender Schienenkapazität aus?

b.    Welche quantitativen Ziele hat das BMK für diese Verlagerung auf die Schiene gesetzt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Welche genauen "verkehrlichen Untersuchungen" wurden durchgeführt, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass für einen mehrgleisiger Ausbau der Strecke Bregenz-Lochau-Hörbranz kein Bedarf besteht?

a.    Wurde ein Gutachten eingeholt?

                                      i.Wenn ja, bitte dieses Gutachten der Anfragebeantwortung beizulegen.

                                    ii.Wenn ja, wann und bei wem?

                                   iii.Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wo sind diese "verkehrlichen Untersuchungen" einsehbar?

3.    Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen den "verkehrlichen Untersuchungen" und den Ergebnissen der umfassenden Machbarkeitsstudie?

a.    Änderten sich die Rahmenbedingungen in der Zwischenzeit signifikant?

                                      i.Wenn ja, inwiefern?

                                    ii.Wenn nein, weshalb änderten sich die Schlussfolgerungen bezüglich der Notwendigkeit des Bahnprojekts?

4.    Mit welchen Personen hat die "enge Abstimmung" in Deutschland und der Schweiz stattgefunden?

a.    Wurde eine gemeinsame Strategie entwickelt, um den grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehr im Bereich Vorarlberg/Deutschland/Schweiz auszubauen, zu vereinfachen und zu ökologisieren?

                                      i.Wenn ja, wie sieht diese Strategie aus und welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen um diese Ziele zu erfüllen?

                                    ii.Wenn nein, weshalb nicht?

5.    Auf der Strecke Zürich-München werden künftig mehr Personenzüge verkehren - wie viel Kapazität bleibt dann noch für zusätzliche Güterzüge?

6.    Welche Forderungen haben Markus Wallner, Johannes Rauch oder Marco Tittler im Rahmen Ihres Besuches in Vorarlberg am 01.09.2020 in Bezug auf den Bahnausbau in Richtung Deutschland formuliert?

7.    Welche Maßnahmen setzen Sie, um den Anschluss des Bundeslandes Vorarlberg an die internationalen Bahnnetze wie die Magistrale Paris - München - Wien - Budapest zu verbessern?