3290/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.09.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Hannes Amesbauer und Christian Lausch

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Terroralarm in Grazer Justizanstalt

 

Lorenz K. ist im April 2018 von einem Schwurgericht in Wien wegen Beteiligung an versuchtem Mord in zwei Fällen, jeweils in Form einer terroristischen Straftat für schuldig erkannt wurden und zu neun Jahren Haft verurteilt. Nun wurde medial bekannt, dass sich ebendieser Lorenz K. vom Gefängnis aus erneut terroristisch betätigt haben soll. Der zuletzt in der Justizanstalt Graz-Karlau inhaftierte und rechtskräftig verurteilte IS-Terrorist soll verbotenerweise Zugriff auf ein internetfähiges Smartphone gehabt haben.

 

„[…] Seit Anfang November 2019 unterhielt er sich nach Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) unter dem Pseudonym Khalid Intiqami über seinen Instagram-Account mit mehreren Personen, die mit dem IS sympathisierten. Via Instagram, aber auch auf anderen Kanälen soll Lorenz K. Propaganda für die Terror-Miliz betrieben haben. […]“, berichtete die Kleine Zeitung am 11. August 2020. Doch damit nicht genug, soll er versucht haben einen seiner Gesprächspartner laut BVT zu einem Sprengstoffanschlag in Deutschland oder Österreich anzustiften und diesem einen Anleitung zur Herstellung eines Sprengsatzes angeboten haben. Dahingehend soll laut Berichterstattung die Staatsanwaltschaft Graz mittlerweile Ermittlungen aufgenommen haben.

 

Ende Juli soll vom Grazer Landesgericht für Strafsachen eine Durchsuchung der Zelle von Lorenz K. sowie seine körperliche Untersuchung bewilligt worden sein, um allenfalls vorhandene Kommunikationsgeräte, Speichermedien, SIM-Karten oder Bombenbau-Anleitungen sicherstellen zu können. Laut Informationen der APA sei der genannte inhaftierte Straftäter mittlerweile in ein anderes Gefängnis verlegt worden.

 

Weiters wurde darüber berichtet, dass Lorenz K. nach seiner Inhaftierung vom Verein „Derad“ betreut worden sein soll. Dies sei eine NGO, die mit sogenannten Interventionsgesprächen bei fanatisierten Häftlingen eine Abkehr vom radikalislamistischem Gedankengut bewirken will. „Derard“ soll in einem Bericht im Zuge des Wiener Strafverfahren gegen den IS-Anhänger Lorenz K. betont haben, dieser befinde sich „auf einem guten Weg“ und Deradikalisierung sei „kein Sprint, sondern ein Marathonlauf“. „[…] Dass Ende Jänner 2018 im damaligen Haftraum des 19-Jährigen Zeichnungen mit IS-Kämpfern und einer Verteufelung der US-Flagge gefunden wurden, interpretierte Derad als ‚subtile Methode‘ einer Provokation, ‚die er in der Zelle zur Schau stellt‘“, so die Kleine Zeitung abschließend.

(Quelle: https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5851552/Plaene-von-JA-GrazKarlau-aus_Wieder-TerrorAlarm-um-verurteilten)

 

Nunmehr soll der sogenannte „Bubi-Bomber“ in die Justizanstalt Graz-Jakomini überstellt worden sein. „Wer glaubt, dass er jetzt von anderen Häftlingen isoliert wird, der irrt“, berichtete die Kronen Zeitung am 14.8.2020. Demnach würde sein Akt unter Verschluss geführt, weil der Fall so brisant sei. Nach seiner Durchsuchung durch Beamte des Verfassungsschutzes und der Verlegung in die JVA Graz-Jakomini, so der Bericht, sollte er gemäß Verfassungsschutz-Insidern, eigentlich unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen untergebracht sein. „[…] Doch dem ist offenbar nicht so, was für Kopfschütteln und Unverständnis in Justizkreisen sorgt! Zwar ist der drahtige und gut trainierte junge Mann laut ‚Steirerkrone‘-Informationen in einer Einzelzelle untergebracht. Die ersten beiden Tage nach der Haftüberstellung war er auch für den Sonderspaziergang eingeteilt. Das bedeutet, dass er von anderen Häftlingen isoliert spazieren gehen muss. Doch das hat sich mittlerweile geändert! Nun darf der offenbar äußerst gefährliche Insasse auf Anweisung der Anstaltsleitung mit der Abteilung zum Spaziergang ausrücken! Somit hat er alle Möglichkeiten, Kontakte zu schließen und weitere Pläne zu schmieden! Innerhalb der Haftanstalt soll er außerdem zu Vorführungen von nur einem Justizwachebeamten begleitet werden. Zum Vergleich: In anderen Gefängnissen werden Insassen seines Kalibers von drei Mitgliedern der Einsatzgruppe – also extra geschultem Personal für besonders gefährliche Insassen und Situationen – eskortiert! Ob das vernünftig ist? Wenn man Justiz-Experten fragt: nein!“, ist im Artikel zu lesen.

(Quelle: https://www.krone.at/2210646)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    In welchen Justizanstalten war Lorenz K. zu welcher Zeit seit seiner Verurteilung im April 2018 untergebracht?

2.    Wie waren die jeweiligen Haftbedingungen für Lorenz K. zu welcher Zeit im Detail?

3.    Wie oft wurde Lorenz K. im Rahmen seiner Haftstrafe vom psychologischen Dienst oder anderen Betreuungsfachdiensten begutachtet bzw. betreut?

4.    Weshalb wurde er jeweils vom psychologischen Dienst oder anderen Betreuungsfachdiensten begutachtet bzw. betreut?

5.    Welche Gefährlichkeitsprognosen oder Beurteilungen von Fremd- und Selbstgefährdung des Insassen liegen vor und was sagten diese zu welchem Zeitpunkt konkret aus?

6.    Wie oft und in welcher Form hatte Lorenz K. zulässige Kontakte zur Außenwelt (z.B. Briefverkehre, Besuche, Telefongespräche sowie Ausführungen, unbewachte Ausgänge und Freigang)?

7.    Welche Gegenstände wurden bei der Ende Juli bewilligten Durchsuchung seiner Zelle konkret sichergestellt?

8.    Was ergab die Auswertung dieser sichergestellten Gegenstände bisher?

9.    Welche Gegenstände wurden bei der Ende Juli bewilligten körperlichen Untersuchung konkret sichergestellt?

10. Was ergab die Auswertung dieser sichergestellten Gegenstände bisher?

11. Konnte bereits festgestellt bzw. ermittelt werden, wie Lorenz K. Zugriff zu dem verbotenerweise verwendeten internetfähigen Smartphone erhalten haben könnte?

12. Wenn ja, wie konnte er Zugriff zu dem verbotenerweise verwendeten internetfähigen Smartphone erhalten?

13. Wenn nein, welche denkbaren Möglichkeiten werden dahingehen noch überprüft?

14. Wie viele verbotene Smartphones wurden insgesamt – gegliedert nach den Jahren 2017, 2018, 2019 und im ersten Halbjahr 2020 sowie nach Justizanstalten – bei Insassen von österreichischen Justizanstalten insgesamt festgestellt?

15. Gab es jeweils in den Jahren 2017, 2018, 2019 und im ersten Halbjahr 2020 weitere bekannte Fälle, wo Insassen über verbotene Kommunikationsmedien etwaige Straftaten geplant, dazu angestiftet oder vollzogen haben?

16. Wenn ja, wie viele derartige Fälle sind – gegliedert nach Bundesländer – bekannt?

17. Wenn ja, welche Staatsbürgerschaften hatten die jeweiligen Insassen?

18. Wenn ja, um welche konkreten Straftaten handelte es sich dabei?

19. Welche Anstrengungen und Maßnahmen werden generell unternommen, um so etwas zu verhindern?

20. War Lorenz K. nach seiner Überstellung in die Justizanstalt Graz-Jakomini für den Sonderspaziergang eingeteilt?

21. Wenn ja, warum wurde das veranlasst?

22. Wenn ja, wer hat dies veranlasst?

23. Wenn nein, warum nicht?

24. Hat die Anstaltsleitung tatsächlich angewiesen, dass Lorenz K. wieder mit der Abteilung zum Spaziergang ausrücken darf?

25. Wenn ja, warum wurde das angewiesen?

26. Wenn ja, wie kann unter diesen Umständen ausgeschlossen werden, dass er wiederum versucht Kontakte und Pläne zu schmieden?

27. Wenn nein, hat dies jemand anderes angewiesen bzw. wer?

28. Wird Lorenz K. tatsächlich nur von einem Justizwachebeamten zu Vorführungen begleitet?

29. Wenn ja, warum ist dem so?

30. Wenn ja, wer hat dies veranlasst?

31. Wenn nein, warum nicht?

32. Können Sie gewährleisten, dass in Anbetracht der lockeren Haftbedingungen für diesen äußerst gefährlichen Insassen, die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird?

33. Wenn ja, wie können Sie das begründen?

34. Wenn nein, warum werden die Haftbedingungen in diesem Fall nicht dem Gefährdungspotential angepasst?

35. Wie kam es zu der Betreuung von Lorenz K. durch den Verein „Derart“ nach seiner Inhaftierung?

36. Welche Erkenntnisse, abseits der zitierten Passagen, können dem genannten Bericht vom Verein „Derart“ noch entnommen werden?

37. War dieser Bericht bereits ein Bestandteil des Gerichtsverfahrens, der in der Urteilsfindung Berücksichtigung fand?

38. Hatte dieser Bericht einen Einfluss auf den Vollzug der Haft von Lorenz K?

39. Wenn ja, in welcher Form bzw. welche Vollzugsmaßnahmen wurden daraus abgeleitet?

40. Gibt es seitens des Bundesministerium für Justiz bzw. von nachgelagerten Stellen im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Justiz irgendwelche Verträge oder Vereinbarungen mit dem Verein „Derart“?

41. Wenn ja, um welche Verträge oder Vereinbarungen handelt es sich dabei im Detail?

42. Gibt es Zahlungen, Subventionen oder Förderungen des Bundesministerium für Justiz oder nachgelagerten Stellen im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Justiz an den Verein „Derart“?

43. Wenn ja, um welche Zahlungen, Subventionen oder Förderungen handelt es sich dabei im Detail?

44. Wenn ja, wie hoch waren die Beträge jeweils in den Jahren 2017, 2018, 2019 und im ersten Halbjahr 2020 die an den Verein „Derart“ geflossen sind?

45. Wenn ja, gibt es darstellbare Kosten konkret für die Betreuung von Lorenz K.?