3314/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.09.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend

betreffend Krankenkassen für die Kinderbetreuungsgeld-Abwicklung geeignet?

 

Regelmäßig vermeidbare Streichungen des Kinderbetreuungsgeldes

Es kommt in Österreich leider durchaus öfter vor, dass Krankenkassen Kinderbetreuungsgeld-Bezieher_innen nachträglich die Kinderbetreuungsgeld-Leistungen streichen bzw. kürzen. Das Ärgerliche daran ist, dass die Krankenkassen die Kinderbetreuungsgeld-Bezieher_innen bei vermeidbaren Kürzungen bzw. Streichungen oft vorab nicht entsprechend informieren, wenn Fristen versäumt werden könnten. Trade-off der Kassen: informiere ich die betroffenen Versicherten oder informiere ich sie nicht, um Leistungen streichen bzw. kürzen zu können. Es kürzlich erreichten den NEOS-Parlamentsklub wieder mehrere entsprechende Bürgeranfragen, wobei z.B. in einem Fall berichtet wurde, dass einer Mutter mit mehreren Kindern das Kinderbetreuungsgeld gestrichen wurde, weil sie eine Frist versäumt hatte. Die ÖGK hat sich leider nicht die Mühe gemacht, die Mutter rechtzeitig zu informieren.

Keine klaren Vorgaben des Ministeriums und fehlende Kundenorientierung bei den Krankenversicherungsträgern

Die Problematik, dass Betroffene beim Kinderbetreuungsgeld vorab nicht über mögliche Fristversäumnisse hingewiesen werden, hat vor kurzem erst bei der SVA (jetzt SVS) Wellen geschlagen (2229/J XXVI. GP). Auch bei der Wiener Gebietskrankenkasse (jetzt ÖGK) folgender grotesker Fall zugetragen: "Wien. Beim Kinderbetreuungsgeld ist mit Formalitäten nicht zu spaßen. Eine Mutter, die für ihre heute fünfjährige Tochter die einkommensabhängige Variante zwölf plus zwei Monate (auf beide Partner verteilt) bezogen hat, muss 1518 Euro zurückzahlen. Und zwar nur deswegen, weil sie die Krankenkasse nicht zeitgerecht darüber informierte, dass sie auch die zehnte Mutter-Kind-Pass-Untersuchung pünktlich durchgeführt hatte. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) jetzt bestätigt (10 ObS 157/14g)." (1) Hier fehlen offensichtlich die klaren Vorgaben des Ministeriums.

Sind die Krankenversicherungsträger geeignet für die Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes?

Diese vielen vermeidbaren Kinderbetreuungsgeldstreichungen zeigen auf, dass die österreichischen Sozialversicherungsträgern bis heute nicht verinnerlicht haben, was "Selbstverwaltung" bedeutet. Selbstverwaltung bedeutet, dass nicht behördenhaft starr nach Gesetzestext vorgegangen wird, sondern dass kundenorientiert gearbeitet wird, wie beispielsweise in den Wettbewerbskassensystemen (Schweiz, Deutschland, Holland). So hätte eine moderne, kundenorientierte Krankenasse die Eltern rechtzeitig über die mögliche Fristversäumnis informiert oder den Eltern eine Fristverlängerung zugestanden. Da die Krankenkassen aber sehr häufig nicht in der Lage sind, diese Flexibilität walten zu lassen, stellt sich die Frage, ob die Krankenkassen zu Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes geeignet sind.

 

Quellen:

(1) https://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/4814776/Arztnachweis-versaeumt_Geld-fuer-Kind-retour


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wie vielen Bezieher_innen von Kinderbetreuungsgeld wurde nachträglich das Kinderbetreuungsgeld gestrichen bzw. gekürzt? (2014-2019, in Köpfen, nach Jahr, nach SV-Träger, nach Kinderbetreuungsgeld-Variante)

2.    Aus welchen Gründen wurde das Kinderbetreuungsgeld gestrichen bzw. gekürzt? (2014-2019, in Köpfen, nach Jahr, nach SV-Träger, nach Kinderbetreuungsgeld-Variante, nach Grund)

3.    In wie vielen Fällen wurden die Bezieher_innen noch vorab informiert, um die Streichung bzw. Kürzung zu vermeiden? (2014-2019, in Köpfen, nach Jahr, nach SV-Träger, nach Kinderbetreuungsgeld-Variante, nach Grund)

4.    Wie viel Kinderbetreuungsgeld wurde ausbezahlt? (2014-2019, in Euro, nach Jahr, SV-Träger, nach Kinderbetreuungsgeld-Variante)

5.    Wie viel Kinderbetreuungsgeld wurde gestrichen/gekürzt? (2014-2019, in Euro, nach Jahr, nach SV-Träger, nach Kinderbetreuungsgeld-Variante)

6.    Welche Terminbenachrichtigungsdienste (Zuschriften, Anrufdienste, Apps, automatische e-mail-Benachrichtigungen,...) bieten die SV-Träger, um die Bezieher_innen von Kinderbetreuungsgeld auf Fristen hinzuweisen? (je SV-Träger)

7.    Wie viele Benachrichtigungen gaben es? (2014-2019, nach Jahr, SV-Träger, nach Terminbenachrichtigungsdienst)

8.    Bis wann wird der Mutter-Kind-Pass Teil von ELGA und flächendeckend elektronisch ausgerollt sein?

9.    Welche konkreten Vorgaben machen Sie den Krankenkassen für die Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes?

10. In welcher Höhe bekamen die SV-Träger für die Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes Verwaltungsersätze vom Bund? (2014-2019, nach Jahr, SV-Träger)

11. Welche Maßnahmen setzen Sie, um die SV-Träger (endlich) zu Kundenorientierung zu bewegen?

12. Welche Verbesserungen sind bei den SV-Trägern angedacht, um Fälle wie den oben geschilderten künftig zu verhindern?

13. Gibt es Ihrerseits Überlegungen, die Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes auf eine andere Art als über die SV-Träger zu organisieren?

14. Was spricht gegen eine Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes durch die Bezirksverwaltungsstellen?

15. Effizienterer Verwaltungsvollzug durch Transparenz. Aufwand für die Anfragebeantwortung: 

a.    Wie viele Personen insgesamt waren bei der Anfragebeantwortung involviert?

b.    Wie viele Arbeitsstunden insgesamt fielen für die Anfragebeantwortung an? (Angabe in Halbstunden, z.B. 1,5h)

c.    In welchem Ausmaß könnte eine strukturierte, laufende Datenoffenlegung (Transparenz) diesen Aufwand reduzieren? (Angabe in % und/oder Stunden)