3331/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.09.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend  Causa Jan Marsalek und die mutmaßlichen Verbindungen in das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV)

BEGRÜNDUNG

 

In den letzten Wochen ist von den Medien Schritt für Schritt das Netzwerk rund um den Ex-Wirecard Manager Jan Marsalek aufgedeckt worden, wie der Focus in einem Artikel mit dem Titel: „Das geheime Netzwerk des Jan M.“ berichtet[1]. Ebenso die österreichischen Tageszeitungen der „Standard“[2] und die „Presse“[3], sowie das Nachrichtenmagazin „Profil“[4] .Dieses Netzwerk zieht sich von hohen ehemaligen Politikern bis hin zu Verbindungen in den russischen militärischen Geheimdienst. Und mitten in diesem Netzwerk findet sich ein Mitarbeiter des österreichischen Landesverteidigungsministeriums.

Brigadier Mag. Gustenau arbeitet in der Direktion für Sicherheitspolitik im Bundesministerium für Landesverteidigung und war bis Februar 2020 auch der Verbindungsbeamte des BMLV in den Nationalen Sicherheitsrat. Er hat außerdem in seiner Funktion in der Direktion für Sicherheitspolitik an der Kooperation mit dem FPÖ-nahen Institut für Sicherheitspolitik (ISP) gearbeitet. Dieses FPÖ-nahe Institut ist nun Teil der Untersuchungen im Zuge der Ermittlungen rund um die Ibiza Affäre und die mutmaßliche Käuflichkeit der schwarz-blauen Bundesregierung.

 

Mag. Gustenau wird mehrmals in Dokumenten rund um das fragwürdige „Aufbauprojekt“ in Libyen genannt und ist ebenfalls in der Österreich Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG) vertreten, welche zum Kontaktaufbau von Marsalek genutzt wurde.

Herr Mag. Gustav Gustenau war nachweislich, sogar auf Bestehen von Jan Marsalek persönlich, bei dem Treffen im April 2017, beim Essen im Münchner Restaurant “Käfer” und bei dem Treffen im Februar 2018 in der Villa von Jan Marsalek in München eingeladen und anwesend.

Grund für das Treffen im Februar war die Entwicklung eines Aufbauprojekts in Libyen unter dem Titel „Stabilisierung und Migrationsmanagement in Libyen: Neue Ansätze zur Sicherheit und organisierten Kriminalitätsbekämpfung“, welches von Gustav Gustenau an die Innovation & Planning Agency (IPA) mit Schreiben vom 13.12.2017 in Auftrag gegeben wurde und vom damaligen BMLVS und BMVIT finanziert werden sollte. Initiiert wurde das Projekt von Herrn Mag. Gattringer im Namen der Unternehmensberatung Repuco.

Ein Bild, das Screenshot enthält.

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Herr Mag. Wolfgang Gattringer ist der Geschäftsführer der Unternehmensberatungsfirma Repuco und war in der Zeit von 2003 bis 2007 stellvertretender Kabinettschef im von der ÖVP geführten Bundesministerium für Inneres. Innenminister zu Beginn seiner Tätigkeit als stellvertretender Kabinettschef war damals Ernst Strasser. Strasser hatte wiederum eine gemeinsame Firma mit Florian Stermann, dem Generalsekretär der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG).

Das Projekt Libyen ist über einen Kooperationsvertrag mit dem BMLV tatsächlich zustande gekommen, er wurde vom Stv. Direktor der Sicherheitspolitik und Kollege von Wolfgang Gattringer, nämlich Herrn Mag. Gustav Gustenau, unterzeichnet.

Mag. Gustenau sollte auch gemeinsam mit Herrn Mag. Gattringer für eine weitere Finanzierung durch das BMDW bzw. BMWFW und das BMVIT sorgen.

Das Ziel war für fast alle Beteiligten klar: Jan Marsalek wollte nicht ein Aufbauprojekt in Libyen hochziehen, sondern ein Projekt, um die Migrationsströme im Mittelmeerraum zu kontrollieren. Hier ein Ausschnitt aus dem Kurzprotokoll aus dem gemeinsamen Treffen von Jan Marsalek, Gattringer, Gustenau und Kleinschmidt in München:

Ein Bild, das Person, Front, Mann enthält.

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Ein mir zugegangener E-Mail-Verkehr zwischen Mag. Gustenau und Andrey Chuprygin, zeigt einen vertrauten Kontakt zwischen den beiden und ebenso eine Beteiligung von Russland bei dem Projekt „Libyen“. Das ist dementsprechend spannend, da einerseits Andrey Chuprygin Verbindungen zum russischen militärischen Geheimdienst GRU nachgesagt wird, wie eben auch Jan Marsalek. Ein Auszug:

Ein Bild, das Messer enthält.

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Auch die Erkenntnis, dass die dünne Aktenlage in der Direktion für Sicherheitspolitik zu diesem Projekt zur Notwendigkeit einer internen Untersuchung geführt hat, wirft Fragen zur Tätigkeit von Brigadier Gustav Gustenau auf. Ebenso soll noch erwähnt werden, dass nach einem Zufallsfund im Rahmen der Datenauswertung der WKStA vom 23. April 2020 im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren 17 St 5/19d (Vereine) es bei der Auswertung der SMS von Johann Gudenus zu einem Informationsabfluss von klassifizierten Akten und Informationen gekommen ist. Dass diese Informationen von Jan Marsalek kommen ist sehr wahrscheinlich, fraglich ist nur, von wem und von wo hat Jan Marsalek klassifizierte Informationen und wer hat Zugang zu diesen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Sind Ihnen die Vorwürfe aus oben genanntem Artikel betreffend Brigadier Gustav Gustenau bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann?

 

2.    Sind die Vorwürfe bereits vor der medialen Berichterstattung an Sie herangetragen worden?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie daraufhin bereits veranlasst?

 

3.    Mit welchen Tätigkeiten war Brigadier Gustenau genau in der Direktion für Sicherheitspolitik betraut?

 

4.    Hatte Brigadier Gustenau noch in anderen Abteilungen als in der Direktion für Sicherheitspolitik gearbeitet?

a.    Wenn ja, in welchen?

b.    Wenn ja, in welchem Zeitraum?

 

5.    An welchen Projekten hat Brigadier Gustenau gearbeitet?

 

6.    Aus den Akten des Untersuchungsausschusses geht hervor, dass Brigadier Gustenau an der Kooperation mit dem freiheitlichen Institut (ISP) für Sicherheitspolitik gearbeitet hat. Was waren in dem Projekt seine genauen Tätigkeiten?

a.    Haben noch andere Mitarbeiter aus der Direktion für Sicherheitspolitik an diesem Projekt gearbeitet?

b.    Wenn ja, wer?

c.    Gab es dazu interne Besprechungen?

d.    Wenn ja, wann haben diese stattgefunden und wer hat daran teilgenommen?

e.    Wer hat die Entscheidung über die Durchführung von Kooperationsveranstaltungen getroffen?

 

7.    Brigadier Gustenau war ebenfalls in das „Aufbauprojekt in Libyen“ involviert und hat sogar die Beauftragung an Kilian Kleinschmidt unterschrieben. Was waren in dem Projekt seine genauen Tätigkeiten?

a.    Haben noch andere Mitarbeiter aus der Direktion für Sicherheitspolitik an diesem Projekt gearbeitet?

b.    Wenn ja, wer?

c.    Gab es dazu interne Besprechungen?

d.    Wenn ja, wann haben diese stattgefunden und wer hat daran teilgenommen?

e.    Wer hat die Entscheidung über die Durchführung von Kooperationsveranstaltungen getroffen?

 

8.    Brigadier Gustenau hat am 13.12.2017 Kilian Kleinschmidt und seine Firma Innovation & Planning Agency (IPA) mit der Konzepterstellung für ein Projekt in Libyen beauftragt im Gegenzug für 20.000€ vom BMLV. Wurde diese Summe tatsächlich ausgezahlt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, wer hat diese Ausgabe bewilligt?

c.    Wenn ja, gab es noch weitere Zahlungen an Kilian Kleinschmidt oder dessen Firma?

d.    Wenn nein, aus welchem Grunde nicht?

e.    Wenn ihnen diesbezüglich keine Unterlagen vorliegen, wie erklären Sie sich das und welche weiteren Schritte werden Sie setzen?

 

9.    Gab es Versuche durch Brigadier Gustenau Geld aus anderen Ministerien über Kooperationen mit dem BMLV zu lukrieren?

a.    Wenn ja, mit welchen anderen Ministerien?

b.    Wenn ja, in welcher finanziellen Höhe?

 

10. Neben Brigadier Gustenau war auch der ehemalige stellvertretende Kabinettschef des Innenministeriums Wolfgang Gattringer und dessen Firma Repuco laut Protokollen an dem „Aufbauprojekt in Libyen“ beteiligt. Gab es bzw. gibt es aktuell eine Kooperation zwischen dem BMLV und Repuco (Führen Sie bitte Kooperationen seit 2017 an)?

a.    Wenn ja, wie lautet der Inhalte dieser Kooperationen?

b.    Geben Sie auch die finanziellen Leistungen des BMLV an Repuco für jede Kooperation an.  

 

11. Brigadier Gustenau war laut Protokollen auch bei mehreren Projektmeetings (Zeitraum April 2017 - Mai 2018) betreffend dieses „Aufbauprojekts“ im Ausland. Waren diese Reisen offizielle Dienstreisen von Brigadier Gustenau?

a.    Wenn ja, wann waren diese?

b.    Wenn ja, war noch jemand aus dem BMLV dabei?

12. Hat Brigadier Gustenau jemals eine oder mehrere Dienstreisen nach Russland unternommen?

a.    Wenn ja, wann waren diese?

b.    Wenn ja, welche Termine hat Brigadier Gustenau dabei wahrgenommen?

c.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Jan Marsalek getroffen?

d.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Andrey Churpygin getroffen?

 

13. Hat Brigadier Gustenau jemals eine oder mehrere Dienstreisen nach Libyen unternommen?

a.    Wenn ja, wann waren diese?

b.    Wenn ja, welche Termine hat Brigadier Gustenau dabei wahrgenommen?

c.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Jan Marsalek getroffen?

d.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Andrey Churpygin getroffen?

 

14. Hat Brigadier Gustenau jemals eine oder mehrere Dienstreisen nach Abu Dhabi unternommen?

a.    Wenn ja, wann waren diese?

b.    Wenn ja, welche Termine hat Brigadier Gustenau dabei wahrgenommen?

c.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Jan Marsalek getroffen?

d.    Wenn ja, hat sich Brigadier Gustenau bei diesen mit Andrey Churpygin getroffen?

 

15. Brigadier Gustenau war im April 2017 bei einem Treffen im Münchner Lokal Käfer auf Einladung der Somary Stiftung mit Jan Marsalek, Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy, Bayerns Ex- Ministerpräsident Edmund Stoiber, Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg, Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel. War Brigadier Gustenau dort als offizieller Vertreter des BMLV?

 

16. Brigadier Gustenau war bis zum Februar 2020 Verbindungsbeamter des BMLV zum Nationalen Sicherheitsrat. Gab es im Zuge dessen eine Sicherheitsüberprüfung von Brigadier Gustenau?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

17. Hat Brigadier Gustenau als leitender Beamter in der Direktion für Sicherheitspolitik und als Verbindungsbeamter im BMLV und des NSR Zugang zu klassifizierten Unterlagen?

 

18. Brigadier Gustenau hat gemeinsam mit seiner Frau Dr. Elisabeth Gustenau eine Firma namens Greifnet (FN 302599z), die im Sicherheitsbereich tätig ist. Wurde diese Nebentätigkeit vom BMLV überprüft?

a.    Gab es jemals Kooperationen des BMLV mit dieser Firma?

b.    Wenn ja, welche?

c.    Wenn ja, gab es auch finanzielle Leistungen des BMLV an Greifnet?

d.    Wenn ja, in welcher Höhe?

 

19. Frau Dr. Elisabeth Gustenau ist als Ansprechpartnerin von Diamond Aircraft[5] gelistet. Gab es jemals Kooperationen des BMLV mit dieser Firma?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, gab es auch finanzielle Leistungen des BMLV an Diamond Aircraft?

c.    Wenn ja, in welcher Höhe?

 

20. Brigadier Gustenau hat mit dem ehemaligen FPÖ/ BZÖ Politiker und ehemaligen Verteidigungsminister Herbert Scheibner einen gemeinsamen Verein namens „Europäisches Institut für Terrorismusbekämpfung und Konfliktprävention (EICTP)“[6]. Gab es jemals Kooperationen des BMLV mit diesem Verein?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, gab es auch finanzielle Leistungen des BMLV an EICTP?

c.    Wenn ja, in welcher Höhe?

 

21. Brigadier Gustenau ist im Präsidium der Österreichisch - Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG)[7] vertreten, die Jan Marsalek angeblich zum Aufbau von Kontakten verwendet hat. Gab es jemals Kooperationen des BMLV mit der ORFG?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, gab es auch finanzielle Leistungen des BMLV an die ORFG?

c.    Wenn ja, in welcher Höhe?



[1] Focus Ausgabe 33/2020 Seite 28 ff., Das geheime Netzwerk Jan M.

[2] Der Standard (2020): Wie Wirecard-Manager Marsalek mit Behördengeld eine Miliz aufbauen wollte. 19.08., Fabian Schmid, online abrufbar unter: https://www.derstandard.at/story/2000119457088/ex-wirecard-vorstand-marsalek-heimische-behoerden-und-seine-jungs-in (Stand 06.09.2020)

[3] Die Presse (2020): Was Marsalek mit Österreichern für Libyen plante. 19.08., Anna Thalhammer, online abrufbar unter: https://www.diepresse.com/5855089/was-marsalek-mit-ostershyreichern-fur-libyen-plante (Stand 06.09.2020)

[4] Profil (2020): Entdrahtet. 05.09., Stefan Melichar, online abrufbar: https://www.profil.at/wirtschaft/entdrahtet-der-fall-wirecard/401022248 (Stand 06.09.2020)

[5] https://www.kiras.at/landkarte/detail/

[6] https://eictp.eu

[7] https://www.orfg.net/?lang=de&page=6-prsidium-der-orfg&m=20&