3337/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.09.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, 

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Corona-Stress für Eltern – falsche Informationen bezüglich Betreuungsfreistellung   

 

Sie haben gemeinsam mit Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend am 2.9.2020 zum Schulstart einen Brief verfasst, in dem Sie Eltern und Erziehungsberechtigten Unterstützung im Falle kranker Kinder zusagen:

Der bloße Verweis auf die Sonderbetreuungszeit, nicht aber für ArbeitnehmerInnen bereits seit vielen Jahren bestehenden besseren Regelungen, sorgt für einiges an Verwunderung. Im Elternbrief wird vermittelt, dass es für die coronavirusbedingte Betreuung eines Kindes nur die dreiwöchige Sonderbetreuungszeit gebe, die mit den ArbeitgeberInnen vereinbart werden muss und worauf ArbeitnehmerInnen auch keinen Rechtsanspruch haben. Tatsächlich existiert auch eine bezahlte Freistellung mit Rechtsanspruch: Wer aus sonstigen wichtigen persönlichen Gründen verhindert ist – dazu gehört auch die ad hoc Kinderbetreuung – hat einen Anspruch auf bezahlte Freistellung – und das auch mehrmals pro Jahr (§8 Abs. 3 Angestelltengesetz). Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Pflegefreistellung. Damit gibt es für ArbeitnehmerInnen drei Rechtsquellen. Sie haben – über die Gründe kann nur gemutmaßt werden – nur auf die für ArbeitnehmerInnen ungünstigste Variante im Elternbrief verwiesen.

Auch in einer Informationsbroschüre Ihres Ministeriums finden sich nicht korrekte Informationen:

Darin wird erstens unterstellt, dass Eltern und Erziehungsberechtigte für die Betreuung ihres Kindes Urlaub nehmen müssten (dem ist nicht so), und zweitens, dass in solchen Fällen dann wiederum die Sonderbetreuungszeit beim Arbeitgeber beantragt werden muss.

Die Sonderbetreuungszeit wurde ursprünglich für die Phase der Schulschließungen (genauer gesagt für die Phase des ortsungebundenen Unterrichts, es gab auch in der Phase des Lockdowns einen Notbetrieb an Schulen und Kindergärten) beschlossen. In der Parlamentssitzung im Juli wurde sie bis Ende September verlängert. In der Begründung zur Voraussetzung zur Gewährung der Sonderbetreuungszeit wurde klargestellt „Hinsichtlich der Voraussetzungen wird vereinfachend auf die Notwendigkeit der Betreuung abgestellt; die Schließung von Schulen und sonstigen Kinderbetreuungseinrichtungen ist darin miterfasst.

Für DienstgeberInnen ist die Variante finanziell zwar die attraktivere – sie hätten prinzipiell die Möglichkeit, ein Drittel der Entgeltfortzahlungskosten bei Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit vom Bund refundiert zu erhalten – sie tragen aber damit immer noch im Falle von Schulschließungen zwei Drittel der Kosten.

In der Praxis wird diese Möglichkeit ohnehin kaum in Anspruch genommen werden können. In der entsprechenden Richtlinie des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend sowie Buchhaltungsagentur des Bundes wird festgehalten[1] (Zl. 2020-0.461732-2-A vom 27.7.2020):

„Darüber hinaus darf kein anderer Anspruch auf Dienstfreistellung des Arbeitnehmers zur Betreuung seines Kindes oder des Menschen mit Behinderung bestehen (wie etwa nach den einschlägigen Regelungen nach dem Angestelltengesetz, Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch oder dem Urlaubsgesetz).“

Damit wird klargestellt, dass die Sonderbetreuungszeit nur dann durch den Bund bezuschusst wird, wenn kein Anspruch auf Pflegefreistellung oder aus wichtigen persönlichen Gründen (§8 Abs 3 Angestelltengesetz) besteht.

Obwohl die Sonderbetreuungszeit für ArbeitnehmerInnen die ungünstigere Variante, als auch für die ArbeitgeberInnen in der Praxis kaum in Anspruch genommene Variante ist, verweisen sowohl Sie als Bildungsminister, als auch die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend ausschließlich auf diese Variante.

Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend hat nach medialer Kritik zumindest die Informationen auf der Homepage ihres Ministeriums geändert. Sie bleiben den Eltern aber weiterhin die für sie relevanten Informationen schuldig.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1)    An wen wird der zitierte Elternbrief vom 2.9.2020 geschickt?

a.    Wie wird dieser zugestellt?

b.    Wann wird dieser zugestellt?

c.     Wer trägt die Kosten dieses Briefes?

d.    Wie hoch sind die Kosten für die Versendung des Briefes? 

 

2)    Warum verweisen Sie im Elternbrief vom 2.9.2020 ausschließlich auf die Möglichkeit der Sonderbetreuungszeit? Bitte um sachliche sowie rechtliche Begründung dieser Entscheidung.

 

3)    Haben Sie diesen Brief im Vorfeld mit dem Bundeskanzler (mit ihm persönlich oder MitarbeiterInnen von ihm) abgestimmt?

a.    Wenn ja, welche Änderungswünsche wurden angemerkt?

 

4)    Ist Ihnen bewusst, dass Sie eine falsche Information im Falle der Krankheit des Kindes – bei Fieber sind sie krank - gegeben haben?

 

5)    Sollte dies auf einem Irrtum basieren, planen Sie die Eltern und Erziehungsberechtigten noch einmal korrekt – beispielsweise in Form eines erneuten Briefes - zu diesem Thema zu informieren?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

6)    Warum unterstellen Sie in Ihrer Informationsbroschüre zum Schulstart, dass Eltern für die Betreuung ihrer kranker Kinder Urlaub in Anspruch nehmen müssen?

a.    Hat Sie die Ministerin für Arbeit, Familie und Jugend oder MitarbeiterInnen von ihr darum gebeten, diese Information bereitzustellen?

b.    Wurde die angesprochene Informationsbroschüre mit ihr persönlich oder MitarbeiterInnen ihres Ressorts abgestimmt?

 

7)    Sie haben angekündigt, die Regelung der Sonderbetreuungszeit bis Februar 2021 zu verlängern. Wird diese reformiert oder in bestehender Form einfach weiter verlängert?

a.    Wenn ja, was soll geändert werden?

 

8)    Sollte die Regelung der Sonderbetreuungszeit reformiert werden, soll sie weiterhin breit im Falle aller Betreuungspflichten – also auch im Falle kranker Kinder – gelten?

 

9)    Soll der Zuschuss zur Entgeltfortzahlung erhöht werden?

a.    Wenn ja, auf welchen Betrag?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.     Wenn nein, warum sollen die ArbeitgeberInnen an den  Kosten von Schulschließungen oder teilweiser Schulschließungen beteiligt werden?

 



[1] https://www.bmafj.gv.at/Services/News/Coronavirus/FAQ--Sonderbetreuungszeit.html