3402/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.09.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Anzeigen wegen Zwangsheirat

 

„Obwohl Zwangsheirat eine Straftat ist, für die bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft drohen (§ 106/1/3 StGB), schätzen Expert/innen, dass in Österreich jährlich um die 200 Mädchen und junge Frauen von Zwangsheirat betroffen sind. Es sind dies meist Mädchen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die bereits in zweiter oder dritter Generation hier leben. Aber auch Mädchen, die aus dem Heimatland einem in Österreich lebenden Mann zugesprochen werden, sind davon betroffen. Da sie dann meist ohne Ausbildung und Sprachkenntnisse in einem fremden Land leben müssen, ist deren Abhängigkeit oft besonders bedrohlich. Auch die Rechte junger Männer sind verletzt, wenn sie von ihren Eltern ungewollt verheiratet werden, aber ihr Spielraum ist in der Situation dennoch meist größer als der von Mädchen. […] Familien zwingen ihre Kinder - meist ihre Töchter, aber auch Söhne - zur Heirat aus vielerlei Begründungen: kulturelle Wertvorstellungen, innerfamiliärer Druck, aber auch wirtschaftliche Gründe. […]“, ist auf der Homepage gewaltinfo.at, die als Initiative des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend deklarierte wird, zu lesen.

(Quelle: https://www.gewaltinfo.at/themen/2013_08/zwangsehen-oesterreich.php)

 

Ein bewegendes Beispiel einer solchen Zwangsheirat brachte im Jänner 2019 „Der Standard“, in dem eine Ashen über ihre Geschichte erzählt.

(Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000096425293/geschichte-einer-zwangsheirat-ich-war-doch-noch-ein-kind)

 

Im Februar 2020 berichtet die Tageszeitung „heute“ über den Verein „Orient Express“, der von Zwangsheirat bedrohte Mädchen betreut. Demnach wurden durch den Verein, laut eigenen Angaben, im Jahr 2018 zum Thema Zwangsheirat 402 Beratungen durchgeführt, im Jahr 2019 bereits 456. Weiters würde der Verein beobachten, dass die Klientinnen, sie würden hauptsächlich aus Afghanistan, Syrien, Tschetschenien, Serbien, der Türkei und dem Irak stammen, immer Jünger würden.

(Quelle: https://www.heute.at/s/zwangsheirat-in-wien-madchen-werden-immer-junger-40723872)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Anzeigen wurden jeweils in den Jahren 2015 bis 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 – gegliedert nach Bundesländern – gemäß § 106 Strafgesetzbuch oder anderer Straftatbestände im Zusammenhang mit Zwangsheirat erstattet?

2.    Gegen wie viele Tatverdächtige wurde jeweils in den Jahren 2015 bis 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 – gegliedert nach Bundesland, Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsstatus – gemäß § 106 Strafgesetzbuch oder anderer Straftatbestände im Zusammenhang mit Zwangsheirat ermittelt?

3.    Mit welchen Ministerien, Organisationen oder Vereinen arbeitet die Polizei im Zusammenhang mit Einsätzen und Ermittlungen betreffend Zwangsheirat (beispielsweise betr. Opferbetreuung, Täterberatung usw.), unter Erläuterung der jeweiligen Zusammenarbeit, zusammen?

4.    Welche Kosten entstanden dem Bundesministerium für Inneres jeweils in den Jahren 2015 bis 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 im Zusammenhang mit etwaiger Zusammenarbeit mit Ministerien, Organisationen oder Vereinen betr. Zwangsheirat?