3449/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.09.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Kunst‚ Kultur‚ öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Lukaschenkos Luxusurlaub im Jahr 2002 auf Kosten des ÖOC?

 

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hält sich durch Negativschlagzeilen konstant auf den Titelblättern in der internationalen Medienberichterstattung, angefangen von Wahlbetrug und politischer Korruption, über das Verschwinden von politischen Gegner_innen bis hin zum brutalen Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung, die seit Wochen zu hunderttausenden gegen Lukaschenko auf die Straßen geht, ist alles dabei.

Das autoritäre Regime Lukaschenkos ist jedoch kein Novum, bereits vor 18 Jahren wurde der sog. letzte Diktator Europas aufgrund mangelnder Menschenrechtsstandards in Weißrussland von der EU mit einem Kontaktverbot auf Regierungsebene belegt - und war just in diesem Jahr auf einem ÖOC-finanzierten Luxusurlaub in Tirol zu Gast.1 2002 verbrachte Alexander Lukaschenko samt Familie und Anhang auf Einladung des damaligen Casinos Austria-Generaldirektors Leo Wallner in seiner gleichzeitigen Funktion als ÖOC-Präsident einen ca. 14-tägigen Luxusurlaub mit Rundumbetreuung, angefangen von Skilehrer_innen, über ein Eishockey-Match, ärztliche Betreuung, bis hin zur Abend-Unterhaltung durch DJ Ötzi, die sich übrigens allein auf ca. EUR 43.564 belaufen hat.2 Alles in allem soll der Tirol-Urlaub des Diktators über EUR 200.000 ausgemacht haben - Kopien der Rechnungen liegen den NEOS vor und finden sich im Anhang.

Da das ÖOC jährlich Bundes-Fördermittel in der Höhe von mehreren Millionen Euro erhält, gilt es hier besonders genau darauf zu achten, woher das Geld gekommen ist. Alleine in der aktuellen Förderperiode erhält das ÖOC lt. BSG-Homepage einen Fixbetrag von EUR 2.333.122 plus Entsendungskosten für 2020 idHv EUR 1.257.000, also insgesamt eine Bundesförderung von EUR 3.590.122.3 Hierbei handelt es sich um Steuergeld in Millionenhöhe für eine Organisation, die scheinbar über undurchsichtige Konten bzw. "Schwarzgeldkonten", wie sie in der damaligen Medienberichterstattung bezeichnet wurden, den Luxusurlaub für einen Diktator finanzierte. Durch die Finanzierung dieses Urlaubs dürfte man sich v.a. wirtschaftliche Vorteile am weißrussischen Markt erhofft haben. So soll Wallner-Gefolgsmann und Casinos-Direktor Gerhard Skoff damals laut Profil folgendes gesagt haben: " Wenn Weißrussland ein Casino will, dann haben wir die besseren Karten."4

Karl Stoss, Nachfolger von Leo Wallner als Präsident des ÖOC und seit 2007 auch Generaldirektor der Casinos Austria AG, veranlasste im November 2009 die Klärung der Causa "Geheimkonten" durch eine Prüfungskommission, mit dem Ziel, einen Bericht vorzulegen und einen "rundum erneuerten und sauberen ÖOC" zu präsentieren.5 Dieser Bericht fand angeblich "Hinweise auf Geldflüsse außerhalb der ordentlichen Buchführung", veröffentlicht wurde der Prüfungsbericht jedoch nie.

Es scheint hier einer genaueren parlamentarischen Kontrolle der Fördermittelverwendung zu bedürfen, die ohnehin in Österreich seit jeher jeglicher Transparenz entbehrt und nach dem Gießkannen-Prinzip Fördermittel verteilt, die in den Strukturen und bei den Funktionären versiegen, sodass zu wenig Geld bei den Sportler_innen ankommt. Im Sinne der Transparenz und angesichts der uns vorliegenden Rechnungen, die oben beschriebenen Luxusurlaub von Lukaschenko im Jahr 2002 und die Finanzierung durch das ÖOC eindeutig darlegen, muss hier dringend Klarheit geschaffen und die unrechtmäßige Verwendung von Bundessport-_scroll_external/attachments/image2020-9-16_12-44-47-bfed8ce904d1a02b336df2037d2796d729ffa7f76f2ad0a89cf264c3d9b70f40.pngFörderungsmitteln unbedingt verhindert werden.

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1 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20020316_OTS0008/profil-lukaschenko-auf-geheimbesuch-in-oesterrreich

2 https://www.falter.at/zeitung/20141224/der-machtspieler/3f72e4e786

3 https://www.bundes-sport-gmbh.at/organisationen-mit-besonderer-aufgabenstellung-im-sport/

4 siehe Fn. 1

5 https://www.diepresse.com/540181/wie-viele-konten-braucht-das-ooc

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Der Tirol-Urlaub von Alexander Lukaschenko im Jahr 2002 wurde offenbar über ein geheimes Konto des ÖOC finanziert. Wie stellen einerseits das ÖOC, andererseits Sie als Sportminister sicher, dass solche Konten nicht auch weiterhin existieren und für Finanzierungen verwendet werden, die ganz klar nicht in den Bereich Sportförderung fallen?

a.    Wie stellen Sie außerdem sicher, dass auf solchen Konten nicht auch Teile der Bundessportförderung landen?

2.    Sind Ihnen die Konten des ÖOC bekannt, auf die die jährliche Bundessportförderung überwiesen wird und handelt es sich dabei um offizielle Konten des ÖOC?

3.    Wurde von Seiten des Ministeriums sichergestellt, dass ab 2002 kein Geld mehr auf obiges und andere inoffizielle Konten des ÖOC geflossen ist und wenn ja, welche Maßnahmen wurden hierzu ergriffen?

a.    Sollten doch Mittel der Bundessportförderung auf obiges oder andere inoffizielle Konten des ÖOC geflossen sein,um wie viel Geld handelt es sich und was passiert nun damit?

4.    Sind Ihnen folgende angehängten Rechnungskopien bekannt und wenn ja, können Sie mit absoluter Sicherheit sagen, dass diese nicht durch Mittel der Bundessportförderung bezahlt wurden?

5.    Laut Wallner kam das Geld für Lukaschenkos Luxusurlaub nicht von den Casinos Austria. Ist Ihnen bekannt, von wem der Urlaub damals finanziert wurde und wenn ja, wer waren die beteiligten Personen, Organisationen und Unternehmen?

6.    Ist Ihnen bekannt, dass Lukaschenko mit Unternehmer_innen, Vertreter_innen anderer Sportorganisationen oder Politiker_innen bei seinem damaligen Urlaubsaufenthalt Kontakt hatte und wenn ja, mit wem genau?

7.    Der damalige ÖOC-Präsident Leo Wallner hat offensichtlich seine Position als Sportfunktionär dazu genutzt, um unter einem Vorwand seine wirtschaftlichen Interessen als Casinos Austria Generaldirektor am weißrussischen Markt zu befördern, und das auf Kosten der österreichischen Steuerzahler_innen. Wie stellen Sie sicher, dass Sportfunktionen wie die Präsidentschaft des ÖOC nicht dazu misbraucht werden, wirtschaftliche Interessen zu befördern?

a.    Welche Konsequenzen gibt es für solch ein Verhalten?

b.    Welche präventiven Regelungen gibt es, um einen solchen Interessenskonflikt von vornherein zu vermeiden?

8.    Halten Sie als zuständiger Minister es für bedenklich, einer Organisation wie dem ÖOC Bundessportfördermittel in der Höhe von mehreren Millionen Euro jährlich zu überweisen, wobei diese klar mit der Finanzierung des Luxusurlaubes von Diktator Lukaschenko im Jahr 2002 durch angefügte Rechnungen in Verbindung gebracht werden kann?

9.    Halten Sie es für vertretbar, dass eine Sportorganisation einen autoritären Diktator wie Lukaschenko nach Österreich und noch dazu auf einen Urlaub einlädt und das zu einer Zeit, zu der zu diesem gerade ein Kontaktverbot auf Regierungsebene innerhalb der EU gilt, weil er derart massive Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land begeht?

10.  Liegt Ihnen der von Karl Stoss als damaligem ÖOC-Präsidenten in Auftrag gegebene Prüfungsbericht vor, der anlassbezogen die ÖOC-Finanzgebarung genau untersuchen und Ungereimtheiten wie Geheimkonten und nicht zuordenbare Geldflüsse untersuchen sollte?

a.    Wenn ja, werden Sie diesen Bericht im Sinne der Transparenz vollständig veröffentlichen und wenn ja, wann und wo?

b.    Wenn nein, warum liegt Ihnen besagter Bericht nicht vor, wo es doch offensichtlich berechtigte Zweifel an der Finanzgebarung und korrekten Sportfördermittelverwendung durch den ÖOC gibt und Sie als Sportminister u.a. für die Vergabe der Bundessportförderung verantwortlich sind?

c.     Wenn Ihnen dieser Bericht zwar vorliegt, Sie ihn aber nicht veröffentlichen möchten, warum nicht?

d.    Welche Maßnahmen wurden auf Basis des Prüfberichts gesetzt, den Karl Stoss 2009 in Auftrag gegeben hat und der den zuständigen Behörden übergeben werden sollte?

e.    Wurde dieser Bericht überhaupt jemals an Behörden weitergeleitet und wenn ja, an wen genau?

11.  Der Bund vergibt im Rahmen des BSFG 2017 u.a. Fördermittel an Fixempfänger wie z.B. das ÖOC, ohne dass überprüft werden kann, wofür diese Fördermittel konkret eingesetzt werden. Das widerstrebt jeglichen Transparenzbemühungen. Gedenken Sie daher, in Zukunft auch Fix-Fördernehmer wie das ÖOC in Ihre Transparenzdatenbank aufzunehmen und somit die Verwendung der Fördermittel in diesen Organisationen offenzulegen?

a.    Wenn nein, was spricht im Sinne Ihrer Transparenzbemühungen dagegen, die Verwendung der Fördermittel offenzulegen über den Moment hinaus, in dem sie an Organisationen wie das ÖOC überwiesen wurden?

b.    Warum sollten Ihrer Meinung nach für Organisationen wie das ÖOC andere Transparenzkriterien hinsichtlich der Verwendung der vom Bund erhaltenen Fördermittel und somit Steuergelder gelten, als für Sportverbände, die ebenfalls nachweisen müssen, für was sie die Fördermittel konkret einsetzen?

c.     Wie können Sie zuverlässig garantieren, dass Fördermittel dann auch zweckgebunden verwendet werden?

d.    Wie können Sie zuverlässig garantieren, dass es zu keinen Doppelförderungen kommt?

e.    Wo können Außenstehende dies ebenfalls im Sinne der Transparenz überprüfen?