3451/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.09.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, 

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Corona-Ampel Chaos   

 

Am Abend des 3. September haben Sie nur wenige Tage vor Schulbeginn eine Verordnung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für das Schuljahr 2020/21 erlassen. Darin wurden auch die Maßnahmen verordnet, die die Schulen je nach Corona-Ampel Schaltung umzusetzen sind. Überraschend war allerdings, dass die für den Schulbereich geltende Ampel Schaltung nicht auf die durch die Bundesregierung seit Monaten angekündigte Corona-Ampel Bezug nimmt, sondern in §13 vielmehr ein eigene „Schulampel“ eingerichtet wird[1]:

 

 

Am 6. September 2020 haben Sie daher gegenüber Martin Thür im Rahmen eines Interviews in der ZIB2 folgendes gesagt:

Thür Martin (ORF)

„Jetzt haben Sie eigentlich sogar noch vor dem Gesundheitsminister Ihre Corona-Ampel vorgelegt. Rein rechtlich sind das eigentlich zwei unterschiedliche Instrumente, das heißt, Sie könnten Ihre Corona-Ampel auch unabhängig von jener des Gesundheitsministers schalten. Haben Sie das vor oder wird das genau immer die gleiche Schaltung bleiben?“

 

Faßmann Heinz

Das wird die gleiche Schaltung bleiben, ich würde es nicht für sinnvoll erachten, wenn wir die österreichische Bevölkerung mit zwei unterschiedlichen Ampelschaltungen um Aufmerksamkeit ersuchen. Aber sie haben schon recht, damit wir hier eine eindeutige rechtliche Grundlage haben, haben wir gleichsam eine eigene Definition, wann grün, gelb und orange zu betreiben ist, in unsere Verordnung aufgenommen. Aber wir werden uns immer der Corona-Ampel des Gesundheitsministeriums bedienen.“

 

Nur wenige Tage später wurden allerdings – ungeachtet der Ampelschaltung und des bereits geltenden Maßnahmenkatalogs - eine allgemeine Maskenpflicht für Schulen angekündigt. Die entsprechende Verordnung musste daher bereits nach einer Schulwoche angepasst werden. Auch bei „grün“ ist nun an den Schulen außerhalb des Klassenzimmers eine Maske zu tragen.  Auf Grund der schnell steigenden Infektionszahlen stufte die Corona-Kommission am 14. September sieben Bezirke auf „orange“ – also die aus virologischer Sicht zweithöchste ‚Sicherheitsstufe‘.

Wiederum für Überraschung sorgte, dass trotz der Umstellung der Coronavirus-Ampel des Gesundheitsministers, die „Schulampel“ auf „gelb“ blieben. Damit änderte sich an den Schulen nicht viel – zur Verwirrung von Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen, denn eigentlich hatte es geheißen, dass bei Ampelfarbe Orange die Oberstufe in den Heimunterricht wechselt. Auch die Absage von Schulveranstaltungen, Singen nur noch im Freien und Lehrerkonferenzen nur noch online wären die Folge der Ampelfarbe Orange gewesen. Entgegen ihrer Ankündigung zum Schulstart schaltet die Ampel wohl jetzt doch unabhängig von jener des Gesundheitsministeriums.

Grundsätzlich ist es gut, dass die SchülerInnen der Oberstufe nach nur einer Woche in der Schule nicht wieder nach Hause geschickt wurden. Allerdings führt sich die Ampel damit völlig ad absurdum: Keiner kennt sich mehr aus, was die verschiedenen Farben für die Schulen bedeuten. Bei grün Masken für alle und bei orange keine zusätzlichen Maßnahmen?

Die Ampel sollte ein Werkzeug zur Einschätzung der epidemischen Lage auf Basis von Schlüsselindikatoren sein. Sie hätte ein Instrument dafür sein sollen, die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der gesetzten Maßnahmen zu erhöhen, ein Mittel, um das Vertrauen der Bevölkerung zu stärken und um Orientierung zu geben, wie die Situation in der Region, in der ich lebe, gerade einzuschätzen ist. Im engsten Sinne des Wortes „Ampel“: sie hätte eine Kreuzung regeln sollen. Je nach Farbe, wissen Menschen österreichweit was zu tun ist: weiterfahren, Tempo mindern und Acht geben, oder Stopp und stehen bleiben.

Was bleibt ist aber das schiere Gegenteil: Verunsicherung und Chaos. Niemand kennt sich mehr aus. Entgegen der Ankündigungen werden Maßnahmen von der Bundesregierung nun wieder unabhängig von der Corona-Ampel getroffen. Welche Bedeutung die Ampel für die Menschen bzw. für das politische Handeln hat, bleibt offen: damit stellt sich natürlich auch die Frage, wie es mit der Schul-Ampel weiter geht. Die erwähnte Verordnung dazu ist weiter in Kraft, ob nun schulspezifische Maßnahmen an Hand des von Ihnen ausgearbeiteten Ampelsystems getroffen werden (also laut Verordnung umgesetzt werden) oder laufend abgeändert wird, ergibt sich aus den medialen Ankündigungen bisher aber nicht. Unklar ist auch, wie in Zukunft die Ampel-Schaltung vorgenommen wird.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1)       Warum haben Sie eine eigene Corona-Ampel für die Schulen eingeführt?

a.       War dies mit dem Bundeskanzler abgesprochen?

b.       War dies mit dem Gesundheitsminister abgesprochen?

c.       War dies eine Empfehlung von ExpertInnen? Wenn ja, welche ExpertInnen haben diese Empfehlung ausgesprochen?

d.       Wenn nein, wer berät Sie für die Schulampel?

 

2)      Im Rahmen des Zib2 Interviews am 6. September haben Sie betont, dass es zu gleicher Schaltung der allgemeinen Corona-Ampel und „Ihrer“ Schulampel kommen soll, da zwei unterschiedliche Ampelschaltungen in Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Bevölkerung nicht sinnvoll seien. Folglich sicherten sie zu: „[…] wir werden uns immer der Corona-Ampel des Gesundheitsministeriums bedienen.“ Nicht einmal eine Woche später kam alles anders: entgegen der Ankündigungen blieben in sieben Bezirken die Schulen auf „gelb“, während die Corona-Kommission auf „orange“ um stufte. Warum?

a.       Haben Sie daher (auf Basis der von Ihnen dazu bereits getätigten Aussagen) Empfehlung abgegeben, Schulen ebenfalls auf „orange“ einzustufen?

                                                   i.      Wenn nein, warum nicht?

b.       Haben Sie sich dazu mit dem Gesundheitsminister ausgetauscht? Wenn ja, welche Position hat dieser vertreten?

c.       Haben Sie sich dazu mit dem Bundeskanzler ausgetauscht? Wenn ja, welche Position hat dieser vertreten?

 

3)      In §13 Abs 1 der Verordnung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für das Schuljahr 2020/21 wird festgehalten, dass die Schulbehörde die Ampelphase anordnen kann, den Gesundheitsbehörden wird die Möglichkeit der Mitwirkung an der Entscheidung ermöglicht. Wie kommen Ampel-Schaltungen der Schulbehörde nun in der Praxis zustande? Bitte um detaillierte Beschreibung des Prozesses, sowie Angabe der mitwirkenden Personen und ihrer jeweiligen Entscheidungskompetenz.

a.       Mit welchen Entscheidungskompetenzen sind Sie als Bildungsminister ausgestattet?

b.       Wer berät Sie über die Schaltung der „Schulampel“? Bitte um Übermittlung der Namen der Personen.

 

4)      Wann und auf welchen Wege haben Sie die Schulleitungen sowie die Eltern oder Erziehungsberechtigten über die Abkoppelung der „Schulampel“ von der Corona Maßnahmen Ampel informiert? Bitte um Übermittlung des Informationsschreibens für Schulen und Eltern.

 

5)      Laut §13 Abs 2 C-SchVO 2020/21 kommen „neben den allgemeinen epidemiologischen Daten des örtlichen Einzugsgebietes einer Schule insbesondere die Zahl der infizierten und erkrankten Schülerinnen und Schüler, der mit Infizierten oder Erkrankten im gleichen Haushalt lebenden oder in direktem Kontakt gestandenen Schülerinnen und Schüler, der Anteil der nicht erklärbaren Erkrankungen und Infektionen von Schülerinnen und Schülern, oder die Bündelung von Infektionen oder Erkrankungen bei bestimmten, nachvollziehbar zuordenbaren, Klassen oder Schülergruppen in Betracht.“ Bitte um Darstellung des Prozesses der Entwicklung dieser Indikatoren für das örtliche Einzugsgebiet einer Schule sowie auf Bezirksebene Wer erhebt welche Zahlen im Detail:

a.       Zahl der infizierten SchülerInnen und erkrankte SchülerInnen

b.       Der mit Infizierten oder Erkrankten im gleichen Haushalt lebenden oder in direktem Kontakt gestandenen SchülerInnen

c.       Anteil der nicht erklärbaren Erkrankungen und Infektionen von SchülerInnen

d.       Bündelung von Infektionen oder Erkrankungen und Infektionen bei bestimmten, nachvollziehbar zuordenbaren, Klassen oder Schülergruppen

 

6)      Wo erfolgt die Zusammenschau und Bewertung dieser Zahlen, die in Folge die jeweilige „Schulampel“ schaltet? Bitte um Angabe aller involvierten Personen und ihrer Zuständigkeiten.

a.       Wer hat Zugriff auf diese Daten?

b.       Wie werden diese Daten geschützt?

 

7)      In welchem Verhältnis kommen die in §13 Abs 2 C-SchVO 2020/21 erwähnten schulspezifischen Daten und der allgemeinen epidemiologischen Daten zur Anwendung? Bitte um detaillierte Angabe des Gewichtungsfaktors.

 

8)      Mit welchem Gewichtungsfaktor kamen die einzelnen Indikatoren für die Ampel-Schaltung am 13. September (Entscheidung Schulen in den 7 Bezirken bleiben „gelb“) zur Anwendung. Bitte um Auflistung des Faktors je Indikator.

 

9)      Mit welchem Gewichtungsfaktor kommen die einzelnen Indikatoren für die Ampel-Schaltung derzeit (Stand: Zeitpunkt der Anfragenbeantwortung) zur Anwendung. Bitte um Auflistung des Faktors je Indikator.

 

10)   Wurden seit der ersten Ampelschaltung (03.09.2020) bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage immer dieselben Gewichtungsfaktoren eingesetzt? Bitte um Angabe der verwendeten Gewichtungsfaktoren je Entscheidungsfall.

 

11)   Wird es weiterhin eine schulspezifische Corona-Ampel geben?

a.       Wenn ja, warum?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

12)   Soll die Verordnung in derzeitiger Fassung weiterhin gültig sein oder planen Sie diese außer Kraft zu setzen?

 

13)   Wie planen Sie die Eltern und die Schulleitungen kontinuierlich über die Änderungen der Ampelschaltung zu informieren?

 

a.       Welche Vorlaufzeit ist bei einer Änderung der Ampelfarbe vorgesehen, damit sich die Schulen und Eltern auf die Änderungen einstellen oder vorbereiten können?

b.       In den letzten Wochen erhielten Schulen und Eltern vor allem über Pressekonferenzen Information über die Änderung der Ampelfarbe? Über welches Medium sollen Eltern und Schulen zukünftig informiert werden?

c.       Wer ist für die schnelle Weitergabe der Information über die geltende Ampelphase an Schulen und Eltern verantwortlich?



[1] https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2020_II_384/BGBLA_2020_II_384.html