3540/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.09.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend anhängige Verfahren im Zusammenhang mit der ALSAG-Abgabe

 

Der österreichische Altlastenatlas bietet ein geographisches Informationssystem sowie ein tabellarisches Verzeichnis der Altlasten für jedes Bundesland. Jene Flächen, die bspw. als sanierungsbedürftig bewertet werden, werden im Altlastenatlas angeführt. Die Novellierung des ALSAG (ALSAG-Novelle 2019) sieht vor, dass Flächen vermehrt recycelt werden sollen. Das bedeutet, dass industriell/gewerblich vorgenutzte Flächen, die ihre Funktion verloren haben, mittels umwelttechnischer und wirtschaftspolitischer Maßnahmen wieder zum ursprünglichen Nutzungspotenzial zurückfinden sollen.

 

Ziel dieser „Bemühungen“ ist es, Flächenversiegelungen entgegenzuwirken und bestehende Flächen zu nutzen. Auf vielen dieser Flächen befinden sich jedoch noch alte Bausubstanzen, sodass eine Rekultivierung der Flächen nur dann gewährleistet ist, wenn solche Bauwerke entfernt werden. Bei Abbruch von alten Bausubstanzen entsteht gemäß Altlastensanierungsgesetz eine Abgabenpflicht. Obwohl das Gesetz die Möglichkeit zum Recycling von Bau- und Abbruchabfällen vorsieht und dieses ausdrücklich erwünscht ist, geht diese Vorgehensweise mit enormen Kosten einher. Eine umfassende Dokumentation, eine sogenannte Schad- und Störstofferkundung und weitere Pflichten verursachen hohe Kosten, die für viele abschreckend sind. Die aktuellen Vorgaben des ALSAG führen daher zur absurden Situation, dass die Bebauung von unbelasteten Grundstücken weitaus attraktiver erscheint als Maßnahmen zum Flächenrecycling. Gesetzliche Vorschriften und Steuern verteuern jede Nutzung einer alten Bausubstanz bzw. eines bereits bebauten Grundstückes derart, dass viele diese umweltfreundliche Möglichkeit gar nicht erst in Betracht ziehen.

 

Das ALSAG wurde ursprünglich dafür geschaffen, die Umwelt vor wilden Deponien und gefährlichen Stoffen zu schützen. Bei der Lagerung und Verwertung von Abbruchmaterial müssen Unternehmen aber neben dem Altlastensanierungsgesetz noch zahlreiche andere Gesetze und Verordnungen beachten. Zum Problem dabei werden vor allem der Umfang und die Komplexität der Rechtsvorschriften. „Wenn Betrieben bei der Einhaltung der Normen nur ein Fehler passiert, entsteht ex lege die Abgabenpflicht.  Allerdings sind mittlerweile auch Juristen mit der Anwendung dieser Gesetzeskombinationen in der Praxis heillos überfordert.“[1]

Der Hauptkritikpunkt am Altlastensanierungsgesetz besteht laut Bericht der WKO (Mag. (FH) Werner Bleiberger, Obmann der Fachgruppe Entsorgungs- und Ressourcenmanagement Kärnten, Geschäftsführer KAB Kärntner Abfallbewirtschaftung GmbH) vor allem in der „fehlenden Rechtssicherheit bei der Inanspruchnahme von Ausnahmetatbeständen, die an ein komplexes Geflecht unpräzise formulierter Bedingungen geknüpft sind. Schon unwesentliche Versäumnisse, auch nur kleinste formale juristische Fehler, lösen eine Beitragspflicht aus, die in ihrer Höhe existenzbedrohend sein kann. Die unwesentlichen vermeintlichen Übertretungen, die eine Beitragspflicht begründen, stehen dabei in der Regel in gar keinem Zusammenhang mit der abfallwirtschaftlichen Tätigkeit wie z.B. der Verwertung von mineralischen Baurestmassen. Die Vorgaben des Altlastensanierungsgesetzes verunsichern die Betroffenen und führen dazu, dass mineralische Abfälle keiner Verwertung zugeführt sondern auf Deponien abgelagert werden.“[2]

Diese „bürokratischen und finanziellen Steine“, die Privaten und Firmen damit in den Weg gelegt werden, stehen im Widerspruch zum viel zitierten „politischen Bemühen“ der Flächenversiegelung entgegenzuwirken, alte Bausubstanzen zu nutzen und verdichtet zu bauen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Wie hoch sind die jährlichen Einnahmen aus der ALSAG-Abgabe, die sich aus Aushubmaterial, Baurestmassen oder gleichartigen Abfällen aus der Produktion von Baustoffen oder sonstigen mineralischen Abfällen ergeben?

(Mit der Bitte um Aufschlüsselung für die Jahre 2015 bis 2020 und nach Bundesland)

2.    Wofür werden die aus Altlastenbeiträgen zur Verfügung stehenden Mittel, die sich aus Aushubmaterial, Baurestmassen oder gleichartigen Abfällen aus der Produktion von Baustoffen oder sonstigen mineralischen Abfällen ergeben, verwendet?

3.    Wie viele dieser aus Altlastenbeiträgen zur Verfügung stehenden Mittel werden zur Sanierung von Altlasten verwendet?

(Mit der Bitte um Angabe einer Summe und des Prozentsatzes der Gesamtsumme der jährlich eingehobenen ALSAG-Abgabe für die Jahre 2015 bis 2020)

4.    Wie viele Verfahren betreffend der Entrichtung der ALSAG-Abgabe sind österreichweit und in den einzelnen Bundesländern anhängig?

(Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl und Aufschlüsselung nach Bundesländern für die Jahre 2015 bis 2020)

5.    Wie hoch ist jeweils der Betrag der geforderten ALSAG-Abgaben in den anhängigen Verfahren?

(Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl für Österreich und Aufschlüsselung für die Jahre 2015 bis 2020 nach Bundesländern)

6.    Aufgrund welcher Normen wird Unternehmen die Entrichtung der ALSAG-Abgabe vorgeschrieben?

(Mit der Bitte um thematische Gliederung der Normen absteigend nach Häufigkeit)

7.    Wie viele Unternehmen bekommen die Entrichtung der ALSAG-Abgabe vorgeschrieben, weil Baumaterial nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat?

(Mit der Bitte um Aufschlüsselung für die Jahre 2015 bis 2020 und nach Bundesländern)

8.    Wie viele Unternehmen bekommen aufgrund einer fehlenden Genehmigung eine Vorschreibung zur Entrichtung der ALSAG-Abgabe?

(Mit der Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern für die Jahre 2015 bis 2020)

9.    Wie viele Unternehmen bekommen aufgrund formaler Fehler eine Vorschreibung zur Entrichtung der ALSAG-Abgabe?

(Mit der Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern)

10. Welche Summe betrug die bislang höchste bzw. niedrigste Vorschreibung und aus welchem Grund musste das Unternehmen sie entrichten?

11. Gibt es eine Verjährungsfrist für die Entrichtung der ALSAG-Abgabe?

12. Planen Sie eine Novelle des ALSAG, um den Verwaltungs-Aufwand und die formalen Auflagen für Unternehmen zu reduzieren bzw. das Recycling von Baurestmassen und damit das „Bauen im Bestand“ attraktiver zu machen?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

13. Ist es angedacht, die derzeitige Abgabenpflicht dahingehend zu novellieren, dass das „Bauen im Bestand“ attraktiver wird?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

14. Inwiefern erkennen Sie einen Widerspruch zwischen dem Ziel weniger Flächen zu bebauen und der gegenwärtigen Situation, in welcher das Bauen auf der sogenannten „Grünen Wiese“ weitaus günstiger ist, als das Rekultivieren bebauter Flächen?



[1]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20141112_OTS0176/wk-kampagne-gegen-buerokratie-fordert-schluss-mit-schikanen

[2] https://www.wko.at/branchen/information-consulting/entsorgungs-ressourcenmanagement/Update-Niederoesterreich-Ausgabe-33.pdf