3701/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.10.2020
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Wolfgang Zanger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Insolvenz der ATB Spielberg GmbH

 

Die ATB Austria Antriebstechnik mit Sitz im steirischen Spielberg und seit knapp zehn Jahren in fester Hand von chinesischen Eigentümern, erlebt schon seit Oktober 2018 schwierige Zeiten. Zuerst dachte man nach Auftragseinbrüchen, die Situation werde 2019 besser, doch es wurde eher schlechter. Im April 2020 schickte die ATB Spielberg rund 400 Mitarbeiter u.a. aufgrund der Corona Probleme in Kurzarbeit. „Durch die Coronakrise sind leider sowohl Lieferanten, zum Beispiel in Italien, aber auch Kunden ausgefallen“, erklärt der Betriebsratschef, der knapp 300 Arbeiter im Spielberger Werk vertritt, zum damaligen Zeitpunkt.

 

Im Juli 2020 kommt es dann noch schlimmer: Gleich 360 von 400 Mitarbeiter stehen vor der Kündigung. Das Elektromotorenwerk in Spielberg steht damit quasi vor dem Aus. Zuletzt sind dort vor allem Motoren für Haushaltsgeräte gebaut worden, aber auch etwa Motoren für Rasenmäher. Das Werk ist seit 2011 im Besitz der chinesischen Wolong Gruppe. Laut dem Unternehmen sollen in Spielberg nur die Entwicklungsabteilung erhalten bleiben mit etwa 40 Mitarbeitern. Die Produktion soll innerhalb Europas verlagert werden. Als Begründung werden unter anderem Corona-bedingte Auftragsausfälle genannt. Schon seit April war ein Großteil der Mitarbeiter in Kurzarbeit.

 

Trotz massivem Widerstand der Arbeiter, die zu Hunderten gegen die Schließung des Werks demonstrierten, zog der Motorenspezialist ATB schließlich die Produktion aus Spielberg ab. 360 Jobs fielen weg, nur ein kleines Team sollte am Standort weiterarbeiten.

 

Der Industrielle Mirko Kovats, Ex-Eigentümer der ATB in Spielberg, hat die "völlig unnötige Schließung eines wettbewerbsfähigen österreichischen Industriestandortes durch den chinesischen Eigentümer" kritisiert. Kovats ortet hinter dem damaligen Verkauf an die chinesische Wolong-Gruppe und den nun angekündigten Kündigungen eine "offensichtlich langfristig geplante Schließungsstrategie nach erfolgtem Technologietransfer". Kovats kritisierte auch den seiner Ansicht nach damals zu niedrigen Verkaufspreis: Um 60 Mio. Euro sei die ATB vom Insolvenzverwalter "quasi verschenkt" worden. Er selbst habe einen Kaufpreis von 110 Mio. Euro ausverhandelt. "Ist man hier – trotz mahnender Stimmen – der chinesischen Eroberungstaktik erlegen?", fragt Kovats. Er bedauerte einen "nicht umkehrbaren Technologietransfer" etwa von geräuschlosen Großgeneratoren für Atom-U-Boote oder umweltfreundliche effiziente Kleinmotoren nach China.

 

Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) teilte indessen mit, dass Aktiva von 6 Millionen Euro Passiva in Höhe von 43 Mill. Euro gegenüberstehen sollen. Damit beläuft sich die Überschuldung auf rund 37 Mill. Euro. Das Verfahren wurde bereits eröffnet. Die Coronakrise habe die ohnehin schon prekäre wirtschaftliche Lage von ATB Spielberg „massiv verschärft“, teilte das Unternehmen mit. Der KSV wies auf den steigenden Kostendruck hin.

 

Ende August dann der Kahlschlag: Die Medien titelten „Spielberg ist passé“. Das Konkursgericht hatte der ATB AG – sie steht im Alleineigentum der chinesischen Wolong-Gruppe – den Zuschlag für den Maschinenpark der ATB GmbH in Spielberg erteilt. Das teilte die ATB-Gruppe in einer Aussendung mit: „Die Produktion in Spielberg wurde daher, wie angekündigt, eingestellt und die betreffenden Produktionsmittel innerhalb der ATB Gruppe aufgeteilt und verlagert.“ Die Sanierung der GmbH könne so „planmäßig“ umgesetzt werden.

 

Nach der Kündigung von 360 Mitarbeitern reichten die chinesischen Eigentümer als weiteren Schritt, die Kündigung aller zwölf Betriebsräte bei Gericht eingereicht. Laut Arbeitsverfassungsgesetz darf ein Betriebsrat nur nach Zustimmung eines Gerichtes gekündigt werden. „Wir können und wollen Betriebsräte nicht anders behandeln wie andere Mitarbeiter“, heißt es vonseiten der ATB.

 

Politisch ist der gesamte Hergang rund um die ATB-Insolvenz brisant, denn SPÖ-Abgeordneter Matznetter saß bzw. sitzt laut Firmenbuchauskunft FirmenABC gemeinsam mit dem ehemaligen SPÖ-Nationalratsabgeordneten Peter Wittmann seit Jahren im Aufsichtsrat der ATB. „Er muss also seit Jahr und Tag gewusst haben, was die chinesischen Eigentümer der sogenannten WOLONG-Gruppe mit der ATB und dem Standort Spielberg vorhaben. Es kann ja wohl nicht sein, dass Matznetter und Wittmann als sozialdemokratische Aufsichtsratsmitglieder der ATB von der Insolvenz und der damit zusammenhängenden Geschäftsgruppe WOLONG nichts gewusst haben“, kritisierte der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger.

 

Zanger fordert daher volle Aufklärung vonseiten der Bundes- und Landes SPÖ über die Rolle des sozialdemokratischen Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer Österreich Christoph Matznetter im Zusammenhang mit der Insolvenz der Firma ATB in Spielberg.

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

ANFRAGE

 

1.     Kam es im Zeitraum 2015-2020 zu Abgabenstundungen oder einem Abgabenerlass des Bundesministeriums für Finanzen gegenüber folgenden Firmen:

a.  ATB Spielberg GmbH

b.  ATB Austria Antriebstechnik Aktiengesellschaft

c.   WOLONG INVESTMENT GmbH

2.     Wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum bzw. zu welchem Zeitpunkt für die einzelnen Firmen:

a.  ATB Spielberg GmbH

b.  ATB Austria Antriebstechnik Aktiengesellschaft

c.   WOLONG INVESTMENT GmbH

 

3.     Kam es zu einer Kontaktaufnahme bzw. Gesprächen und Interventionen gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen bzw. einzelnen Organwaltern für die Firmen:

a.  ATB Spielberg GmbH

b.  ATB Austria Antriebstechnik Aktiengesellschaft

c.   WOLONG INVESTMENT GmbH

 

4.     Wenn ja, fanden solche Kontaktaufnahmen bzw. Gespräche und Interventionen durch den Wirtschaftskammervizepräsidenten SPÖ-NAbg. Dr. Christoph Matznetter oder / und NAbg. a.D. Dr. Peter Wittmann statt?