3706/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.10.2020
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Anfrage

 

der Nationalratsabgeordneten Rosa Ecker, MBA

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend der überstrengen Formvorschriften für Testamente

 

Im Jahr 2017 gab es hinreichende Änderungen im Erbrecht, die Testamente fälschungssicherer machen sollen. Seit dieser Reform sind allerdings zahlreiche Formerfordernisse notwendig, um ein gültiges Testament überhaupt errichten zu können. Die „Krone“ berichtete diesbezüglich und nennt nur einige Beispiele der strengen Formerfordernisse:

   Wer sein Testament am Computer verfasst, muss es nicht nur ausdrucken und eigenhändig unterschreiben, sondern auch händische Zusätze hinzufügen wie etwa „Mein Wille“, „Das will ich“ oder dergleichen. Tut man dies nicht, ist das Testament ungültig, auch wenn auf dem Papier deutlich das Wort „Testament“ steht.

   Mündliche Testamente sind abgeschafft. Es gibt nur ein drei Monate gültiges Nottestament (etwa bei Todesgefahr). Wer meint, seinen Letzten Willen den Familienmitgliedern bereits mittgeteilt zu haben und nichts mehr schreiben zu müssen, irrt.

   Ein Testament, das aus mehreren Blättern besteht, soll fest verbunden werden.

   Testamentszeugen müssen ihrer Unterschrift händische Zusätze hinzufügen, wie „als Zeuge der letztwilligen Verfügung“. Tun sie das nicht, ist das Testament ungültig.

Fest steht, dass Gesetze primär so zu gestalten sind, dass diese auch von allen Bürgern und insbesondere von älteren Menschen leicht eingehalten werden können, ohne dass hierzu einschlägige juristische Kenntnisse notwendig sind. Dass dies zurzeit nicht der Fall ist, zeigt die zunehmende Fehlerquote und vor allem die vermehrten Aufträge hinsichtlich der Überprüfung oder Anfechtung von Testamenten.

Denn im schlimmsten Fall führt ein ungültiges Testament ohne gesetzlicher Erben dazu, dass das Vermögen des Erblassers dem Staat zufällt.

Einem Bericht der „Oberösterreichischen Nachrichten“ zufolge kann davon ausgegangen werden, dass etwa tausende Testamente formungültig sind, was in etwa 30% der errichteten Testamente entspricht. Die oberösterreichische Notariatskammer spricht, bezogen auf die zahlreichen neuen Formerfordernisse, von der Auferlegung einer „Menge Aufgaben, bei denen es zu Problemen kommen kann“.

 

In diesem Zusammenhang stellen die nachstehenden unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Das Regierungsprogramm sieht keine Vereinfachung der Formvorschriften bezüglich der Errichtung von Testamenten vor - ist in absehbarer Zeit eine Reform hinsichtlich der Formerfordernisse vorgesehen?

2.    Wenn „Ja“, wann kann mit einer solchen Reform gerechnet werden?

3.    Wenn „Nein“, warum ist keine Vereinfachung der Formvorschriften vorgesehen?

4.    Wird die Zahl ungültiger Testamente erfasst?

5.    Wenn „Ja“, wie viele ungültige Testamente gibt es seit der Reform 2017?

6.    Wenn „Nein“, warum besteht kein Interesse hinsichtlich der Erhebung der Zahl ungültiger Testamente?

7.    Wie viele ungültige Testamente wurden seit der Reform 2017 beeinsprucht?

8.    Wie viele Testamente wurden vor der Reform 2017 beeinsprucht?

9.    Sofern es keine Erhebung hinsichtlich der beeinspruchten Testamente seit der Reform 2017 gibt: Warum besteht kein Bedarf diese Zahl zu evaluieren?

10. Warum gibt es keine Mitteilungspflicht der Notare oder Rechtsanwälte gegenüber ihren Klienten, um jene darauf hinzuweisen, die Gültigkeit des errichteten Testamentes überprüfen zu lassen?

11. Wie viele Missbräuche gab es nachweislich vor den Änderungen der Formvorschriften? Bitte um Nennung konkreter Zahlen!

12. Wie viele Missbräuche gab es nachweislich nach Änderung der Formvorschriften? Bitte um Nennung konkreter Zahlen!

13. Sofern es keine Evaluierung der Missbrauchszahlen gibt: Aus welchen Anlass wurden sodann die Formerfordernisse derart komplex ausgestaltet?

14.  Wie viele Testamente waren seit der Reform 2017 ungültig und haben schlussendlich dazu geführt, dass mangels gesetzlicher Erben das Vermögen es Erblassers dem Staat zu kommt? Bitte um Nennung konkreter Zahlen!

15. Wie viele Testamente waren vor der Reform 2017 dahingehend ungültig, sodass schlussendlich das Vermögen des Erblassers dem Staat zugekommen ist?

16. Gab es Kampagnen, die auf die neuen Details, wie privat erstellte Testamente gültig zu verfassen sind, aufmerksam gemacht haben, als die Reform 2017 in Kraft getreten ist?

17. Wenn „Ja“, welche Kampagnen waren dies und in welcher Form wurden ältere Menschen darauf aufmerksam gemacht?

18. Wenn „Nein“, warum gab es derartige Kampagnen nicht und sind künftig Info-Kampagnen geplant?