3753/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.10.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt

betreffend Folgeanfrage - Fragwürdige Studie des ÖIF zu "Sozialen Brennpunkten" und Integration

 

 

Am 12. August 2020 haben NEOS eine parlamentarische Anfrage an die Bundesministerin für Integration gestellt, die sich mit der aufgrund ihrer mangelnden wissenschaftlichen Qualität umstrittenen Studie zum Thema "Soziale Brennpunkte im Kontext von Migration und Integration" beschäftigt. Die Anfragebeantwortung, die die Bundesministerin am 12. Oktober übermittelt hat, ist allerdings mangelhaft und symptomatisch für den Umgang der türkisen Volkspartei mit parlamentarischen Verfahren sowie der Opposition. Es scheint so, als hätte man vonseiten des Ministeriums kein Interesse daran, die mangelhafte wissenschaftliche Qualität besagter Studie zu thematisieren und für die Zukunft solche mangelhaften Publikationen zu verhindern.

Dass der ÖIF als "ausgegliederte Einrichtung in privatrechtlicher Form" nicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht unterliegt, ist rein rechtlich betrachtet korrekt, das bedeutet für den Bereich der Integrationspolitik jedoch faktisch, dass der allergrößte Teil der Maßnahmen, Kompetenzen und Prozesse im Bereich Integration sich der parlamentarischen Kontrolle entzieht. Der ÖIF soll laut Regierungsprogramm zu der zentralen Kompetenzstelle für Integration in Österreich werden, alle wichtigen Maßnahmen, Inhalte, Prozesse, Sanktionen etc. werden vom Ministerium zum ÖIF hin ausgelagert. Es ist, wie wir zum wiederholten Male herausstellen (siehe z.B. 3742/J), höchst problematisch, dass die Integrationsministerin durch diese Auslagerung eines für die Gesellschaft so zentralen Politikfeldes gleichzeitig die Verantwortung auslagert, zu bestimmten Maßnahmen, Vorgängen und eben auch Studien Auskunft zu geben. Neben diesem demokratiepolitisch äußerst bedenklichen Vorgehen der Ministerin ist jedoch noch bedenklicher, dass sie nicht einmal auf jene Fragen antwortet, die klar in ihren Kompetenzbereich fallen und zu deren Beantwortung sie durchaus verpflichtet ist. Diese Art und Weise der Anfragebeantwortung ist eine klare Missachtung des Parlaments, führt die parlamentarische Anfrage als wichtiges parlamentarisches Kontrollinstrument ad absurdum und ist demokratiepolitisch äußerst bedenklich.

Besonders absurd ist die Weigerung der Integrationsministerin, Fragen zu dieser sog. Studie zu beantworten, da sie selbst diese sog. Studie im Rahmen einer Pressekonferenz persönlich präsentiert hat und auch ganz konkrete Maßnahmen aus ebendieser Studie abgeleitet hat (z.B. das geplante "Frühwarnsystem" der Ministerin). Man möchte also meinen, die Ministerin kann Fragen zu einer Studie, die sie als klare Handlungsgrundlage für ihre ministerielle Tätigkeit heranzieht, auch beantworten. Insbesondere zur ursprünglichen Frage 8 zum Stand der Einrichtung des von der Ministerin selbst angekündigten "Frühwarnsystems" bleibt sie klare Antworten schuldig. Frage 8 hat insgesamt 7 Unterfragen (a-g), wovon die Ministerin keine einzige auch nur annähernd beantwortet. Diese Folgeanfrage dient daher der Klärung der durch die enorm mangelhafte Anfragebeantwortung weiterhin offenen Fragen, die sich klar an die Ministerin richten und in deren Kompetenzbereich sowie unter das parlamentarische Interpellationsrecht fallen - inhaltlich verweisen wir auf die ursprüngliche Anfrage, deren Inhalt und Kritik nach wie vor aufrecht und unaufgeklärt bleiben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Bezugnehmend auf die ursprüngliche Frage 2: Da Sie als Integrationsministerin im Rahmen Ihrer ministeriellen Tätigkeit diese Studie persönlich präsentiert haben, werden Sie bzw. wird das Integrationsministerium auch die Vorwürfe der Unwissenschaftlichkeit prüfen und sich ggf. öffentlich von der sog. Studie distanzieren?

a.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Werden Sie in Zukunft dafür Sorge tragen, dass Studien, die Sie als Integrationsministerin persönlich präsentieren und auf denen Sie Ihr weiteres ministerielles Handeln begründen (siehe z.B. "Frühwarnsystem"), alle notwendigen und allgemein gültigen wissenschaftlichen Standards erfüllen, um die Seriosität Ihrer Maßnahmen zu gewährleisten?

3.    Die ursprüngliche Frage 8 bezieht sich auf eine von Ihnen angekündigte Maßnahme, nämlich die Einführung eines "Frühwarnsystems", basierend auf den Ergebnissen der sog. Studie - wie oben erwähnt, haben Sie keine einzige der in Ihren Kompetenzbereich fallenden Fragen beantwortet. Daher hier noch einmal ursprüngliche Frage 8: Sie nehmen laut eigenen Aussagen besagte sog. Studie auch als Handlungsaufforderung, um ein "Frühwarnsystem" zur Messung des Bevölkerungsanteils mit Migrationshintergrund in einem Stadtteil, der Vereinstätigkeiten und Arbeitsmarktbeteiligung, des Bildungsniveaus und der Social Media-Aktivitäten bestimmter Gruppen einzuführen. Gibt es bereits Pläne zur Umsetzung eines solchen "Frühwarnsystems"?

a.    Wenn ja, wann soll dieses eingerichtet werden?

b.    Welche Institutionen/Personen sollen in die Einrichtung dieses "Frühwarnsystems" eingebunden werden?

c.    Welche budgetären Mittel sollen dafür verwendet werden und werden diese aus anderen Integrations-Bereichen abgezogen?

d.    Werden auch zivilgesellschaftliches (NGOs) und wissenschaftliches Know How aus dem Integrationsbereich sowie die Betroffenen selbst in die Etablierung eines solchen Systems eingebunden?

e.    Wie gewährleisten Sie, dass ein solches "Frühwarnsystem" hinsichtlich der heiklen Daten nicht missbräuchlich verwendet wird und wie kommen Sie an das notwendige Datenmaterial?

f.     Ist ein solches "Frühwarnsystem" überhaupt notwendig, wenn man bedenkt, dass solche Monitoring-Aufgaben in Verbindung mit Sicherheitsaspekten eigentlich beim BVT bereits einen fixen Zuständigkeitsbereich haben?

g.    Planen Sie, dieses Monitoringsystem weiterhin als "Frühwarnsystem" zu bezeichnen und wenn nein, steht bereits ein Name fest?