3763/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.10.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend der Zunahme der psychischen Erkrankungen seit dem Corona-Lockdown

 

 

Im Zuge der Eindämmungsmaßnahmen des Corona-Virus wurden ab Mitte März 2020 österreichweit sämtliche Bildungseinrichtungen geschlossen, Schüler vielfach von Eltern betreut und Kindergärten im Notbetrieb offengehalten. Wochenlang wurde immer wieder angekündigt, dass Kindergärten und Schulen ihren Betrieb wieder aufnehmen würden. Von einem Normalbetrieb konnte aber nach Öffnung der Einrichtungen keinesfalls gesprochen werden. Auch der Schul- und Kindergartenbeginn im Herbst stand ganz im Zeichen von Corona. Abstand halten, Maske tragen, Hände desinfizieren – für die Kinder war und ist der Alltag alles andere als alltäglich und normal. Die Situation ist nach wie vor für Lehrende, Betreuer, Eltern, Schüler, Studierende und Pädagogen gleichermaßen belastend.

 

Doch auch unzählige Unternehmer, die noch nicht wissen, wie sie es durch die Krise schaffen sollen oder ihr Unternehmen bereits schließen mussten sowie Arbeitnehmer, die sich in Kurzarbeit befinden, täglich um ihren Job fürchten müssen oder ihn bereits verloren haben, sind großen psychischen Belastungen ausgesetzt.

Die Ergebnisse rezenter Studien zeigten, dass es vier Wochen nach dem Lock-Down einen signifikanten Anstieg der Depressionssymptomatik gab. Die Zahl hat sich laut Autoren gegenüber der Zeit vor der Krise ca. vervierfacht. 16-29-Jährige – insbesondere SchülerInnen, Personen mit schulpflichtigen Kindern und Arbeitslose – waren am stärksten betroffen. Die Zahl der von Angstsymptomatik betroffenen Personen hat sich verdreifacht.1

 

Laut Anfragebeantwortung (1948/AB zur Anfrage 1978/J) ist davon auszugehen, dass selbst wenn das Virus unter Kontrolle sei, die psychischen Folgen Menschen und Gemeinschaften weiterhin beeinträchtigen werden. Psychosoziale Belastungen, die einerseits durch die Pandemie selbst, aber auch durch Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung (Bedrohung/Verlust der Existenzgrundlage; Einsamkeit und soziale Isolation; fehlende Tagesstruktur; Einschränkungen der Gesundheitsversorgung; erhöhter Stress durch beengte Wohnverhältnisse, durch Home Office bei gleichzeitiger Kinderbetreuung – und damit zusammenhängend Risiko vermehrter Konflikte und häuslicher Gewalt) entstehen, könnten vielfältige psychosoziale Belastungen bei der gesamten Bevölkerung hervorrufen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

 

ANFRAGE

 

1.    Wie hat sich die Zahl der psychisch Erkrankten in Österreich seit Mai 2020 verändert?

2.    Wie hat sich die Zahl der psychisch Erkrankten in Österreich, die sich in therapeutischen Einrichtungen befinden, seit Mitte März 2020 verändert?

3.    Wie sieht die Altersverteilung der psychisch Erkrankten in Österreich für den Zeitraum März 2019 bis März 2020 und von März 2020 bis jetzt aus?

4.    Welche psychischen Erkrankungen nahmen während des Corona-Lockdowns zu?

5.    Welche Berufs- bzw. Personengruppen sind im Zusammenhang mit der Corona-Krise besonders von psychischen Erkrankungen betroffen?

6.    Wurden nach Ende des Corona-Lockdowns gezielte Unterstützungsprogramme für psychisch Erkrankte in Folge der Corona-Krise eingerichtet?

a)    Wenn ja, welche und mit welchen finanziellen Mitteln sind diese ausgestattet?

b)    Wenn nein, warum nicht?

7.    Hat sich der „Corona-Effekt“ auf die psychische Belastbarkeit von Menschen nach Lockerung der Maßnahmen wieder normalisiert?

8.    Konnten aufgrund des Corona-Lockdowns und der Corona-Maßnahmen bereits psychische Langzeitauswirkungen bei Patienten festgestellt werden?

9.    Wurde die GÖG bereits mit der Erarbeitung eines Monitorings zur Verbesserung der Datenlage im Bereich der psychosozialen Gesundheit, Indikatoren und Datengrundlagen für eine regelmäßige Auswertung im Sinne eines „Frühwarnsystems“, beauftragt?

a)    Wenn ja, wie ist der jetzige Stand?

b)    Wenn nein, warum nicht?

10. Gab es im Herbst 2020 eine steigende Nachfrage an Psychotherapie?

a)    Wenn ja, worauf kann dieser Anstieg zurückgeführt werden?

b)    Wenn nein, warum nicht?

11. Wurde – im Rahmen des in der Anfragebeantwortung (1948/AB zur Anfrage 1978/J) genannten Maßnahmenpaketes - die Psychotherapie als Kassenleistung bereits eingeführt?

a)    Wenn ja, wie wurde das Paket angenommen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

12. Inwieweit wurden die in der Zeit der Pandemie zur Verfügung gestellten psychotherapeutischen und klinisch-psychologischen Behandlungen über digitale Hilfsmittel (via Internet oder Telefon) von den Patienten in Anspruch genommen?

(Mit der Bitte um Gegenüberstellung zu den vor der Pandemie üblichen face to face Behandlungen mit den Monaten Jänner 2020 bis September 2020)

13. In der Hochphase der Krise wurden laut Anfragebeantwortung (1948/AB zur Anfrage 1978/J) elektive Operationen reduziert. Wie viele und welche Operationen wurden im Zeitraum von März 2020 bis September 2020 durchgeführt?

14. Wie viele und welche Operationen wurden in Österreich im Vergleichszeitraum von März 2020 bis September 2020 weniger durchgeführt als vor dem Corona-Lockdown?

(Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl und des Prozentwertes)

15. Wurden nach Ende des Lockdowns vermehrt Operationen durchgeführt, um die vorherige Reduktion wieder auszugleichen?

a)    Wenn ja, welche und wie konnte dies unter Berücksichtigung der Corona-Schutzmaßnahmen bewerkstelligt werden?

b)    Wenn nein, warum nicht und wann ist damit zu rechnen, dass diese notwendigen Operationen aufgeholt sein werden?

16. Konnte nach Ende des Lockdowns ab Mitte Mai 2020 ein Anstieg der Selbstmord(versuche) in Österreich und in den einzelnen Bundesländern verzeichnet werden?