Eingelangt am 15.10.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,
Maximilian Köllner, Julia Herr und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend
Ermittlungen in der Strafsache „Commerzialbank Mattersburg (CBM)“
II
Mit 2985/AB vom
29.9.2020 wurde die erste diesbezügliche Anfrage von der Justizministerin
beantwortet. Unklar bleibt aber weiterhin, warum die WKStA in den Jahren 2015
und 2016 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen hat (angeblich
„kein Anfangsverdacht“). Aufklärungsbedürftig ist daher
weiterhin – in Anbetracht der vom Whistleblower im Jahr 2015 geäußerten
detaillierten strafrechtlichen Vorwürfe – die Beauftragung der FMA
mit der weiteren Prüfung und der Verzicht der WKStA auf selbständige
Ermittlungen. Besonders problematisch erscheint jetzt im Nachhinein die
Beauftragung der OeNB mit der weiteren Bankprüfung durch die FMA, die
damals gerade bei der CBM eine Vor-Ort-Prüfung durchführte.
Zur
Aufklärung des Kriminalfalls „Commerzialbank Mattersburg“ wurde
im Landeskriminalamt Burgenland die „SoKo Commerz“ eingerichtet. Diese
Soko Commerz hat mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)
zu kooperieren, wobei nach der StPO die WKStA das Ermittlungsverfahren leitet
und über dessen Fortgang und Beendigung entscheidet.
Medienberichten
zu Folge wird nun gegen immer mehr Personen wegen des Verdachts der Begehung
von Straftaten (z. B. Verdacht der Bestechung und der Geschenkannahme) bzw. der
Beteiligung an denselben ermittelt und diese werden einvernommen. Es ergibt
sich zudem nach den letzten Presseberichten der Eindruck, dass mutmaßlich
viele kriminelle Taten in diesem Zusammenhang nicht vom Vorstand allein zu
verantworten sind, sondern eine Reihe von Personen bei der Begehung dieser
Straftaten eingebunden waren bzw. aktiv mitgewirkt haben: sowohl BankmitarbeiterInnen
als auch externe BeraterInnen und DienstleisterInnen (z. B.
Berufsgeheimnisträger). In diesem Fall besteht wohl der Verdacht von
„Organisierter Kriminalität“ (d. h. Bildung einer „kriminellen
Vereinigung“).
Die
unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehende
Anfrage:
- Warum wurde die weitere Prüfung
der vom Whistleblower im Jahr 2015 geäußerten strafrechtlichen Vorwürfe
durch die WKStA an die FMA und von dieser an die OeNB übertragen?
- Wie lautete 2015 der
Prüfauftrag der WKStA an die FMA im Wortlaut?
- Wie lautete der Prüfauftrag
der FMA an die OeNB im Wortlaut?
- Ist es richtig (laut Standard vom 29.9.2020),
dass die OeNB 2015 die Malversationen mit den ihr erlaubten Mitteln nicht
finden konnte und bestimmten Hinweisen nicht nachgehen durfte?
- Wenn ja, welche damals geltenden gesetzlichen
Regelungen bzw. interne Prüfrichtlinien haben diese Ermittlungen erschwert
bzw. welche Mittel waren zum Nachweis dieser Vorwürfe und zur
Aufklärung nicht erlaubt?
- Teilen auch Sie die Auffassung,
dass die OeNB für diese strafrechtlichen Ermittlungen/Prüfungen
(Vor-Ort-Prüfungen der CMB) nur begrenzte Befugnisse besaß?
- Entspricht der im Standard zitierte
fünfseitige Bericht (laut Standard vom 29.9.2020, „…in
dem sie anmerkten, was sie alles nicht prüfen dürfen. Zudem
stellten sie Vermutungen an, warum die Vorwürfe des Whistleblowers
gar nicht stimmen können“) der OeNB an die FMA der damaligen
Rechtslage?
- Welchen Fehleinschätzungen
unterlag damals die OeNB in ihrem Bericht aus der Sicht des Justizressorts
?
- Warum wurde dieser Bericht nicht auch
an die WKStA ausgefolgt?
- Wegen welcher Straftaten wird in
dieser Strafsache aktuell gegen verdächtige Personen ermittelt (bitte
um Aufzählung/Darstellung der Straftatbestände)? Wie viele
Personen sind dies? Wie viele davon waren bzw. sind MitarbeiterInnen der
Commerzialbank Mattersburg?
- Wegen welcher Straftaten wird in
dieser Strafsache aktuell gegen beschuldigte Personen ermittelt?
12. Welche Personen werden von
der WKStA als Beschuldigte im laufenden Ermittlungsverfahren geführt? Wie
viele waren bzw. sind MitarbeiterInnen der Commerzialbank Mattersburg?
- Ist das Innenressort befugt, dem
Leiter bzw. den Mitgliedern der SoKo Commerz Weisungen zu erteilen, oder
ist dies ausschließlich der WKStA vorbehalten? Wenn ja, wie viele
und welche Weisungen wurden zu welchem Zeitpunkt bis dato erteilt?
- Wem gegenüber hat die Soko
Commerz zu berichten? Wie viele Berichte wurden bereits erstattet? Welche
Adressaten liegen vor? Wurden seitens des Justizressorts Weisungen
erteilt? Wenn ja, wie viele und welche Weisungen wurden zu welchem
Zeitpunkt bis dato erteilt?
- Wie lautet hinsichtlich der laufenden
bzw. anstehenden Ermittlungen die derzeit aktuelle Prioritätenliste
der WKStA?
- Wie viele Personen werden im Rahmen
der laufenden Ermittlungen als Beschuldigte bzw. als Verdächtige
geführt? Wie viele wurden bereits einvernommen? Wie viele davon haben
sich der Aussage entschlagen?
- Befinden sich darunter auch „Berufsgeheimnisträger“?
Wenn ja, wie viele? Welche Berufe üben diese aus?
- Wie viele Personen wurden als
Zeugen bereits einvernommen? Wie viele davon haben sich der Aussage
entschlagen?
- Befinden sich unter diesen Zeugen auch
„Berufsgeheimnisträger“? Wenn ja, wie viele? Welche
Berufe üben diese aus?
- Wurden bereits bei den
Staatsanwälten, die in den Jahren 2015 und 2016 sowie 2018 mit den illegalen
Geschäften der Commerzbank Mattersburg befasst waren, Einvernahmen
durchgeführt? Wenn ja, bei welchen Staatsanwälten und zu welchem
Zeitpunkt?
- Warum wurde in der Staatsanwaltschaft
trotz dieser detaillierten Informationen des Whistleblowers kein
Anfangsverdacht gesehen und auf selbständige Ermittlungen verzichtet?
- In wie vielen Fällen wurde im
Zuge der Ermittlungen eine Sicherstellung (§ 110 StPO) bzw. eine
Beschlagnahme (§ 115 StPO) von Vermögenswerten durchgeführt?
Wie hoch ist insgesamt deren sichergestellter bzw. beschlagnahmter Vermögenswert?
- Soll aus Sicht des Justizressorts
eine Verwertung sichergestellter bzw. beschlagnahmter Vermögenswerte
durchgeführt werden? Wenn nein, warum nicht?
- Welche Erlässe sind
hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in
Geltung (bitte um Aufzählung der Erlässe)?
- Welche Erlässe kommen in
diesem Fall zur Anwendung?
- Wurde der Leitfaden des BMJ
„Vermögensrechtliche Anordnungen“ bereits
überarbeitet?
„
- Bei wie vielen Personen wurden bis
dato Hausdurchsuchungen durchgeführt (§ 117 Abs. 2 StPO)? Welche
Ergebnisse wurden erzielt?
- Gab es auch Hausdurchsuchungen bei „Berufsgeheimnisträgern“?
Wenn ja, welchem Berufsstand gehören diese an? Welche Ergebnisse
wurden erzielt?
- In wie vielen Fällen wurden
bis dato Auskünfte aus dem Kontenregister und Auskünfte
über Bankkonten und Bankgeschäfte von der Staatsanwaltschaft nach
einer gerichtlichen Bewilligung angeordnet und diese auch durchgeführt
(§ 116 StPO)? Welche Ergebnisse wurden erzielt? Wurden auch derartige
Auskünfte bei „Berufsgeheimnisträgern“ eingeholt?
- In wie vielen Fällen wurde
eine Beschlagnahme von Briefen durch die Staatsanwaltschaft angeordnet und
nach gerichtlicher Genehmigung vorgenommen (§135 Abs.1 StPO)? Welche
Ergebnisse wurden erzielt?
- In wie vielen Fällen wurde
Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung eingeholt
(§ 135 Abs. 2 StPO)? Welche Ergebnisse wurden erzielt?
- In wie vielen Fällen wurde
eine Anlassdatenspeicherung angeordnet und durchgeführt (§ 135
Abs. 2b StPO)? Welche Ergebnisse wurden erzielt?
- In wie vielen Fällen kam es zu
einer Überwachung von Nachrichten (§ 135 Abs. 3 StPO)? Welche
Ergebnisse wurden erzielt?
- In wie vielen Fällen wurde
eine optische und akustische Überwachung von Verdächtigen/Beschuldigten
durchgeführt (§ 136 StPO)? Welche Ergebnisse wurden erzielt?
- Wurde der Rechtsschutzbeauftragte
mit der Prüfung und Kontrolle all dieser Anordnungen besonderer
Ermittlungsmaßnahmen beauftragt? Wenn ja, wann erfolgte dies
jeweils?
- Wurde von diesem die
Durchführung jener jeweils genehmigt? Wenn nein, welche Maßnahmen
nicht?
- Wie viele der durch diesen
Kriminalfall geschädigten Personen haben gegenüber der SoKo
Commerz bzw. der WKStA bereits einen Privatbeteiligtenanschluss (PbA)
erklärt?
- Wurden und werden Zeugen, die durch
diesen Kriminalfall geschädigt wurden, nachweislich über die
Möglichkeit des Privatbeteiligtenanschlusses (PbA) von der SoKo
Commerz bzw. der WKSTA informiert?
- Wie viele Amtshaftungsklagen gegen
die Republik Österreich wurden bereits gerichtlich eingebracht? Wie
hoch sind insgesamt der jeweilige Streitwert und die Klagssummen?
- Wann ist aus Sicht der SoKo Commerz
bzw. des BMJ mit einem Ende der Ermittlungsverfahren und den Anklage-Erhebungen
zu rechnen?