3963/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.10.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Missstände in der Bezauer Wirtschaftsschule (BWS) in Vorarlberg

 

Im gegenständlichen Fall der Bezauer Wirtschaftsschulen (BWS) liegen den Abgeordneten Unterlagen zu gravierenden Malversationen vor. Es steht dabei der Verdacht auf Veruntreuung, Geldwäsche, Amtsmissbrauch, Betrug, Steuer- und Sozialabgabenhinterziehung sowie Schwarzzahlungen an Bundesbedienstete und Private seitens des ehemaligen Direktors der Schule und nunmehrigen Leiters des Pädagogischen Dienstes der Bildungsdirektion Vorarlberg, Mag. Andreas K., im Raum.

Im Kern geht es um folgende Vorwürfe: die von der Schule durchgeführten Praxiseinsätze (im wesentlichen gewerbliche Veranstaltungen) wurden als Schulveranstaltungen, sohin im Rahmen der Schul- und damit Hoheitsverwaltung abgeführt. Die korrespondierenden Einkünfte wurden jedoch widerrechtlich nicht der zweckgebundenen Gebarung des Bundeskonto der Schule zugeführt und damit dem Schulträger Bund entzogen.

Die Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe Bezau (kurz BWS Bezauer Wirtschaftsschulen) ist eine berufsbildende mittlere und höhere Schule mit ca 400 Schüler_innen und unterhält die Schultypen:

·         Handelsakademie

·         höhere Lehranstalt für Tourismus

·         Hotelfachschule GASCHT - Gastgeber Schule für Tourismusberufe

·         Werkraumschule

Die BWS wurde zwischen 2005 und 2017 vom Direktor Mag. Andreas K. geleitet, der dann zum Landesschulrat für Vorarlberg (nunmehr Bildungsdirektion) wechselte.

Mit Ermittlungsbericht vom 26. Februar 2020 übermittelt hat das Finanzamt Bregenz der Staatsanwaltschaft Feldkirch ein den Abgeordneten vorliegendes Konvolut mit Ermittlungsergebnissen aus einem Finanzstrafverfahren.

Aus den Ermittlungen ergibt sich eine strafrechtliche Verdachtslage nach §§ 133,153, 302 StGB - Hintergrund dürften widerrechtlich abgerechnete "Praxiseinsätze" der Schüler_innen gewesen sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.

In den einzelnen Schulformen der BWS sind Praktika im Ausmaß von 24-32 Wochen vorgeschrieben. Darüber hinaus legte der Direktor großen Wert auf gewinnorientierte "Praxiseinsätze", die zahlreich durchgeführt wurden.

Diese Praxiseinsätze sind im wesentlichen gewerbliche Cateringveranstaltungen, die teilweise in der Schule in Bezau, teilweise vor Ort bei den Auftraggebern stattfanden.

Dabei wurden diese Praxiseinsätze vom Direktor zu Schulveranstaltungen (§13 SchUG) erklärt. Durch diese Erklärung zu Schulveranstaltungen bzw. schulbezogenen Veranstaltungen wurde augenscheinlich im Rahmen der Schulverwaltung (Hoheitsverwaltung) agiert. Abgerechnet wurden die Veranstaltungen/Praxiseinsetzen jedoch über den privatrechtlichen Verein „Verband der Freunde und Förderer der Bezauer Wirtschaftsschulen“ (VFF), mit (Alt-)LAbg. Theresia F., ÖVP, als Obfrau. Dem Verein flossen auch die Gewinne zu.

Eine dieser Veranstaltungen ist zB die alljährliche Schifffahrt der ÖVP-Teilorganisation Vorarlberger Seniorenbund am Bodensee mit jeweils ca 1400 Gästen. Der Seniorenbund schrieb die Veranstaltung aus, der Direktor übernahm die Organisation. Traditionell führte die Bewirtung bei der Schifffahrt die BWS durch. Andere Einsätze betrafen die Handwerksausstellung 2014, die Dornbirner Frühjahrsmesse und den jährlichen Medienempfang des Vorarlberger Landesregierung.

Diese Praxiseinsätze erfolgten jedoch in der Arbeitszeit der Lehrer, aber auch der Hilfskräfte. Diese Personalkosten trug daher der Bund.

Für diese Praxiseinsätze herrschte Schulpflicht der jeweiligen Schülerinnen und Schüler. Der Regelunterricht entfiel deshalb beziehungsweise erfolgten diese Praxiseinsätze ausschließlich unter Verwendung der Ressourcen der Schule, somit mit Mitteln des Bundes.

Das Finanzamt Bregenz kommt zum Ergebnis: "Diese Einsätze erfolgten eindeutig im Rahmen der Hoheitsverwaltung der Schule. Daher hätten die lukrierten Erlöse zwingend auch dem Bund zugeführt, sprich über das Bundeskonto der Schule abgerechnet werden müssen. "Indem die Erlöse aber über den privatrechtlichen Verein abgerechnet wurden, wurden dem Schulträger (Bund) die entsprechenden Mittel widerrechtlich entzogen."

Das Finanzamt Bregenz beurteilt in seinem Bericht an die Staatsanwaltschaft Feldkirch diese Praxis als "eindeutig rechtswidrig". Es sei auch für schulfremde Personen erkennbar, dass Einkünfte, die im Rahmen der Schultätigkeit lukriert werden, auch eindeutig dem Schulträger Bund zu stehen würden und nicht willkürlich über den Verein "Verband der Freunde und Förderer der BWS" abgerechnet werden hätten dürfen. "Dadurch wurden die Überschüsse aus diesen Praxiseinsetzen der Verfügung durch den Bund und der Kontrolle durch die Buchhaltungsagentur des Bundes entzogen."

Das Finanzamt Bregenz hält gegenüber der Staatsanwaltschaft Feldkirch in seinem Bericht fest, dass der Schaden des Bundes enorm ist.

Alleine in den Jahren 2015 bis 2018 wurde ein "Rohgewinn" vom EUR 72.189,75 erzielt, der rechtswidrigerweise dem Bund entzogen und dem privatrechtlichen Verein VFF unrechtmäßig zugeeignet wurde. Die rechtswidrig entzogenen Gewinne und damit der Schaden zum Nachteil des Bundes alleine der Jahre 2013 bis 2018 errechnet die Finanzstrafbehörde mit EUR 111.324,03.

Darüber hinaus wurden zahlreiche Unregelmäßigkeiten hinsichtlich unversteuerter und rechtswidriger Mittelverwendungen zu Gunsten des Direktors (etwa Kilometergelder), einzelner Lehrer (Honorare) sowie anderen Personals festgestellt.

Als besonders pikant imponiert die Verwendung veruntreuten Bundesvermögens zur Bezahlung einer Geldstrafe der damaligen ÖVP-Abgeordneten Theresia F., Obfrau des VFF wegen Schwarzzahlung von Personal bei der Handwerksausstellung im August 2014 wurde die Obfrau des VFF von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz mit einer Geldstrafe iHv EUR 350,00 belegt. „Die Strafe wurde jedoch vom VFF bezahlt, verbucht sinnigerweise unter der Rubrik "Schülerförderung".

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Die angeführten Vorwürfe wurden Ihnen laut Unterlagen bereits mehrfach zur Kenntnis gebracht. Seit wann, durch wen und in welchem Umfang haben Sie tatsächlich Kenntnis über die genannten Missstände in den Bezauer Wirtschaftsschulen erhalten?

2.    Seit wann haben Sie konkret Kenntnis über die angeführten Schwarzzahlungen an Lehrer_innen, Verwaltungs- oder Hilfspersonal der Bezauer Wirtschaftsschulen?

3.    Seit wann haben Sie in diesem Kontext konkret Kenntnis über den Verdacht der Steuer- und Sozialabgabenhinterziehung, und was wurde in diesem Zusammenhang bislang unternommen?

4.    Inwieweit wurden die angeführten Vorwürfe seitens Ihres Ressorts insgesamt und hinsichtlich der Vereinbarkeit mit §13 SchUG überprüft?

5.    Wie ist der aktuelle Stand der gesamten Prüfung, und wann ist mit einem endgültigen Ergebnis zu rechnen?

6.    Ist Ihnen der Bericht der Buchhaltungsagentur des Bundes GZ 140.000-0254 NP 7/2015, den der Landesschulrat am 12.03.2015 erhalten hat, und in dem Mag. Andreas K. als Direktor der BWS gravierende Verfehlungen vorgeworfen werden, bekannt und wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie in diesem Zusammenhang gesetzt?

7.    Welche Maßnahmen wurden gesetzt, den von der Finanzstrafbehörde ab dem Jahr 2013 als vorläufig bezifferten Schaden der Republik und der Steuerzahler_innen von jedenfalls EUR 111.324,03 in vollem Umfang festzustellen und wieder der Staatskasse zuzuführen?

8.    Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, dass in Ihrem Aufsichtsbereich, den Bezauer Wirtschaftsschulen, die Steuer- und Abgabenpflicht, insbesondere Zahlung der Umsatzsteuer, der Körperschaftssteuer und der EKSt sowie der Sozialabgaben im Interesse der Steuerzahler_innen erfüllt wird?

9.    Wie stehen Sie als oberster Dienstherr angesichts der vorliegenden behördlichen Ermittlungsergebnisse zu Mag. Andreas K.?

a.    Treffen nach den Erhebungen Ihres Ministeriums die Feststellungen der Finanzstrafbehörde zu, dass Mag. K. durch Verrechnung fingierter Kilometergelder alleine zwischen 2013 und 2016 EUR 10.813,50 vom Verein VFF erhalten habe?

b.    Ist in Ihrem Haus geprüft worden, ob solche fingierte Km-Geld Zahlungen strafrechtlich relevant sein könnten?

                                      i.Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

c.    Treffen nach den Erhebungen Ihres Ministeriums die Feststellungen der Finanzstrafbehörde zu, dass Mag. K und seine Cousine Katharina K. für in ihrem Dienst abgehaltene Prüfungen vom Elternverein der Schule Zahlungen in vierstelliger Euro-Höhe angenommen haben?

d.    Ist in Ihrem Haus geprüft worden, ob solche Zahlungen strafrechtlich relevant sein könnten?

                                      i.Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

e.    Entspricht es nach den Erhebungen Ihres Ministeriums den Tatsachen, dass Mag. K. zweckgebundene Fördergelder der EU zum Schüleraustausch von über EUR 100.000,00 rechtswidrig auf dem privaten Vereinskonto 4-000.021.741 bei der Raiffeisenbank Bezau-Mellau-Bizau verwaltet hat?

f.     Trifft es nach den Erhebungen Ihres Ministeriums zu, dass Mag. K. einen Teil der zweckgebundenen EU-Fördergelder zweckentfremdet ausgegeben hat?

g.    Trifft es nach den Erhebungen Ihres Ministeriums zu, dass Mag. K. diese für den Schüleraustausch zweckgebunden Gelder gesetzwidrig freihändig vergeben hat?

h.    Wurden irgendwelche der genannten Geldbeträge zurückbezahlt?

                                      i.Wenn ja, wann und in welcher Höhe?

10. Welche Konsequenzen sind in dieser Angelegenheit zu erwarten?

11. Haben Sie noch das Vertrauen, dass Mag. Andreas K. seinem Amt und der damit verbundene Vorbildwirkung als Pädagogischer Leiter der Bildungsdirektion Vorarlberg gerecht wird?

a.    Wenn ja, worauf gründet dieses Vertrauen?