4204/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.11.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Studie "Zielland Österreich"

 

Am 7.10.2020 verkündeten Sie und Ihr Generalsekretär Helmut Tomac den Start des Projekts "Zielland Österreich". Im Rahmen dieses Projektes soll bis zum voraussichtlichen Abschluss am 31.12.2022 wissenschaftlich untersucht werden, wann und warum Migrant_innen Österreich als Zielland auswählen. In der Aussendung des Innenministeriums heißt es über die Ziele und Methoden der Studie wie folgt:

Um die Migration in seiner Gesamtheit besser verstehen zu können, soll das Projekt "Zielland Österreich" die dahinterliegenden Faktoren und Mechanismen, insbesondere in Bezug auf Österreich, untersuchen und beleuchten. Dabei sollen zentrale Forschungsfragen zu den Faktoren der Sekundärmigration beantwortet werden, wie "Wer trifft die Migrations- bzw. Zielstaaten-Entscheidung?", "Welche Faktoren sind relevant für den Verbleib vor Ort bzw. in der Region?" oder "Welche -Rolle spielen beispielsweise soziale Netzwerke, staatliche Unterstützungsleistungen, Bildung, Beschäftigung, Kommunikationskanäle oder auch Schlepper?". Diese Informationen liefern die Basis für die Entwicklung von treffsicheren und zielgruppenorientierten Maßnahmen, um nachhaltige Perspektiven vor Ort zu schaffen.

Das Forschungsdesign zeichnet sich durch einen Methodenmix aus qualitativen und quantitativen Verfahren aus, wobei ein Schwerpunkt auf die Befragung der entsprechenden Zielgruppen gelegt wird. Dabei sollen alle Migrationsphasen abgebildet werden, beispielsweise jene vor der Migrationsbewegung, beim Transit bzw. entlang der Route und bei der Ankunft in Europa (Zielland).

Der Fokus der Untersuchung liegt auf den Herkunftsländern Afghanistan, Irak, Syrien und Nigeria, wobei der Kreis der Länder durchaus auch ausgeweitet werden kann.

(OTS des BMI vom 7.10.2020, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201007_OTS0079/korrektur-zu-ots0043-nehammer-start-des-projekts-zielland-oesterreich).

Durchgeführt wird die Studie allerdings nicht durch von Ihrem Ressort unabhängige Expert_innen, sondern durch eine interne sektionsübergreifende Arbeitsgruppe unter Leitung von Mag.a Dr.in Linda Jakubowicz vom Institut für Wissenschaft und Forschung der Sicherheitsakademie (SIAK) des Innenministeriums. Kofinanziert wird das Projekt vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (kurz AMIF).

Am 27.10.2020 haben Sie zusammen mit Ihrem italienischem Amtskollegen in Rom angekündigt die EU-Kommission beim Verhandeln von Drittstaatsabkommen stärker in die Pflicht nehmen zu wollen. Die EU Kommission könnte in dieser Frage einen größeren Verhandlungsdruck als die einzelnen Mitgliedsstatten erzeugen. Ebenfalls kündigten Sie eine neue Plattform gegen illegale Migration (Joint Operational Platform) mit Sitz in Wien an. Diese  'Koordinierungsplattform' wird ihren Sitz in Wien haben, ist aber keine neue EU-Agentur. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Was ist die Forschungsfrage der Studie?

2.    Welche Erkenntnisse wollen Sie für Ihr Ressort durch diese Studie generieren?

3.    Welche fachliche Qualifikation weisen die Ersteller_innen der Studie auf?

a.    Nach welchen Kriterien wurden diese ausgewählt?

4.    Warum wird die Studie rein mit internen Mitteln des BMI durchgeführt?

5.    Wie wird die wissenschaftliche Qualität der Studie überprüft?

6.    Gab es die Überlegung die Studie von unabhängigen Wissenschaftler_innen im Auftrag des BMI durchführen zu lassen?

a.    Wenn ja, warum hat man sich dann doch für eine interne Erstellung entschieden?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

7.    Welche Institutionen und Experten/innen werden an der Erstellung der Studie beteiligt sein? Bitte um genaue Aufgliederung.

8.    Wird es eine Kooperation zur Erstellung der Studie mit einschlägigen Experten/innen österreichischer und internationaler Hochschulen geben?

a.    Wenn ja, mit welchen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Wird es eine Kooperation zur Erstellung der Studie mit einschlägigen Experten/innen österreichischer und internationaler NGOs geben?

a.    Wenn ja, mit welchen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wird es ein externes Review durch Expert_innen österreichischer und internationaler Hochschulen geben?

a.    Wenn ja, welche Expert_innen genau und warum diese?

b.    Wenn nein, warum?

11. Wird die Studie einem externem Review durch einschlägige NGOs übergeben werden?

a.    Wenn ja, welchen NGOs und warum diesen?

b.    Wenn nein, warum?

12. Warum haben Sie sich dafür entschieden den Schwerpunkt der Studie auf Befragungen der entsprechenden Zielgruppen zu legen?

a.    Wer wird diese Befragungen durchführen und wie werden die Interviewer_innen geschult?

b.    Wie werden die Auskunftspersonen ausgewählt bzw. wie wird die Repräsentativität der Stichprobe ermittelt/sichergestellt?

c.    Wie erfolgt der Zugang zur Zielgruppe? 

d.    Welche Kriterien muss eine Person aufweisen, um als geeignete Auskunftsperson zu gelten?

e.    Wie repräsentativ sind die ausgewählten Personen?

f.     Welche forschungsethischen Richtlinien werden eingehalten?

g.    Wird das Studiendesign/der Fragebogen einer unabhängigen Ethikkommission vorgelegt?

                                      i.Wenn ja, welcher?

                                    ii.Wenn nein, warum nicht?

h.    Wie wird eine potentielle Re-Traumatisierung der vulnerablen Zielgruppe (Kriegsvertriebene) vermieden und welche Maßnahmen werden hierfür gesetzt?

13. Nach welchen Kriterien wurde entschieden, dass der Fokus der Studie auf den Herkunftsländern Afghanistan, Irak, Syrien und Nigeria liegen wird?

a.    In Ihrer Aussendung heißt es, dass der Kreis der Länder noch erweitert werden kann. Aufgrund welcher Kriterien können noch Länder in die Studie aufgenommen werden?

b.    Laut der Vorläufigen Asylstatistik mit Stand August 2020 (https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2020/Asylstatistik_August_2020.pdf) waren im Jahre 2020 die 5 antragsstärksten Länder Syrien, Afghanistan, Irak, Marokko und Somalia. Nigeria befand sich nicht einmal unter den Top 10. Warum liegt der Fokus nicht auf den Top 5 bzw. Top 10 antragsstärksten Ländern?

14. Welche Methoden werden, neben den Befragungen, in der Studie noch verwendet werden?

15. Werden andere Forschungsergebnisse zu diesem Thema in der Studie berücksichtigt werden? 

a.    Wenn ja, welche?

16. Wie hoch ist das für das Projekt "Zielland Österreich" vorgesehene Budget?

a.    Wie viel davon ist für die Studie vorgesehen?

b.    Für was soll das restliche Budget verwendet werden? Bitte um genaue Aufgliederung.

17. Welche konkreten Schritte haben Sie bzw. Ihr Ressort bisher wann unternommen, um die EU-Kommission bei Verhandlungen von Rückführungsabkommen mit Drittstaaten zu unterstützen?

18. Planen Sie in Zukunft Schritte auf EU-Ebene zu unternehmen und wenn ja, welche genau?

19. Gab es bisher zusammen mit anderen EU-Staaten Verhandlungen über Rückführungsabkommen mit Drittstaaten?

a.    Wenn ja, mit welchen EU-Staaten und welchen Drittstaaten jeweils wann?

b.    Was war das Ergebnis dieser Verhandlungen?

20. Welche Staaten sind schon bzw. werden Mitglied der neuen Plattform gegen illegale Migration (Joint Operational Platform) sein?

21. Warum wurde Wien als Sitz der Plattform ausgewählt?

a.    Stellt Ihr Ressort oder ein anderes Ressorts hier Unterstützungen in Form von Räumlichkeiten, finanziell oder andere zur Verfügung?

                                      i.Wenn ja, welche genau und seit wann?

                                    ii.Wenn ja, in welchem Kostenumfang?

22. Was wird die genaue Aufgabe dieser Plattform sein?