4308/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.11.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Besetzung und Befugnisse des ÖBIB-Nominierungs- und ÖBAG-Beteiligungskomitees

 

Im Jänner 2018 hatte der türkis-blaue Ministerrat die Neubesetzung jenes Komitees beschlossen, das in der Staatsholding ÖBIB und ihrem Nachfolger ÖBAG darüber entschied, wer in die Aufsichtsräte der Unternehmen mit Staatsbeteiligungen entsendet wird. Ex-Finanzminister Hartwig Löger sowie sein Nachfolger, der damalige Kanzleramtsminister, Gernot Blümel (beide ÖVP) übernahmen die Mandate der beiden ehemaligen Minister Thomas Drozda (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP). Anstelle von Günter Geyer, Chef der Vienna Insurance Group, zog der damalige Hofer-Geschäftsführer Günther Helm in das einflussreiche Gremium ein. Andritz-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Leitner blieb als einziges Altmitglied bestehen. 

NEOS kritisierten schon damals, dass es sich bei dieser Rochade um eine parteipolitische Besetzung handelt. Es geht um das "Schaffen von gut bezahlten Jobs für die eigenen Leute" und das "Sichern eigener Pfründe", erklärte NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn nach Bekanntwerden der Zusammensetzung des Nominierungskomitees (siehe u.a.: https://www.derstandard.at/story/2000072926420/oevp-finanzminister-bestaetigt-neue-koepfe-in-oebib-nominierungskomitee). 

Leider sollte Kollege Schellhorn mit seiner Kritik recht behalten: Im Februar 2019 wurde Günther Helm gleich selbst als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBAG bestellt. Im selben Jahr spendete die österreichischen Tochter der Drogeriekette Müller, in deren Geschäftsführer Helm inzwischen gewechselt hatte, mindestens 45.000 Euro an die ÖVP (siehe u.a.: https://www.derstandard.at/story/2000107655580/drogeriekoenigfruchtsaftimperium-tycoon-die-anderen-oevp-spender).

Seit der von ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid und COFAG-Vorstand Bernhard Perner in ihrer Zeit im Kabinett des Finanzministers vorangetriebenen Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG ist das Nominierungskomitee Geschichte. Stattdessen gibt es nun ein Beteiligungskomitee, das in der Praxis nicht mehr als ein simpler Beirat des Alleinvorstands zu seien scheint. Dies birgt die Gefahr, dass der ÖBAG-Vorstand in Sachen Beteiligungsmanagement und Auswahl der Aufsichtsräte ohne jedwede Kontrolle verfügen kann. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wurde von Seiten des Finanzministeriums jemals geprüft, ob es Zusammenhänge zwischen Bestellungen durch das Nominierungskomitee und Spenden an die Regierungsparteien gab?

a.    Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam diese Überprüfung und wer war für sie verantwortlich?

b.    Wenn nein, wieso nicht?

2.    Hatte Günther Helm als Mitglied des Nominierungsausschusses selbst für seine Entsendung in den Aufsichtsrat der ÖBAG gestimmt? 

a.    Wurde von ihm sein Interesse an oder "Bewerbung" um einen Aufsichtsratsposten in der ÖBAG persönlich an das Nominierungskomitee gerichtet? 

b.    Wurde von ihm sein Interesse an oder "Bewerbung" um einen Aufsichtsratsposten in der ÖBAG persönlich an den ÖBAG-Vorstand gerichtet?

c.    Wurde sein Interesse an oder "Bewerbung" um einen Aufsichtsratsposten in der ÖBAG über eine/n Dritte/n an das Nominierungskomitee gerichtet?

d.    Wurde sein Interesse an oder "Bewerbung" um einen Aufsichtsratsposten in der ÖBAG über eine/n Dritte/n an den ÖBAG-Vorstand gerichtet?

3.    Wie liefen die Prozesse der Entscheidungsfindung des Nominierungskomitees im Detail ab? 

a.    Haben Regierungsmitglieder Kandidat_innen für Aufsichtsratsbesetzungen vorgeschlagen?

b.    Durfte jedes Mitglied neue Kandidati_innen nominieren? 

c.    Musste die Entscheidung einstimmig erfolgen? 

d.    Wer hatte das letzte Wort bei der Nominierung neuer Aufsichtsräte?

4.    Wer durfte an den Sitzungen des Nominierungskomitees teilnehmen?

a.    Haben auch Nicht-Mitglieder daran teilgenommen?

5.    Waren die Sitzungen des Nominierungskomitees vertraulich?

6.    Gab es Protokolle der Sitzungen des Nominierungskomitees? 

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung dieser Protokolle. 

7.    Wie oft hat das Nominierungskomitee seit seiner Neuformierung Anfang 2018 getagt? Bitte um Übermittlung des Sitzungskalenders inklusive Teilnehmerlisten. 

8.    Welche Pflichten und Befugnisse hat das neue Beteiligungskomitee? 

9.    Welche Institutionen und Personen sind aktuell im Beteiligungskomitee vertreten? 

a.    Wer ist für diese Zusammensetzung letztverantwortlich?

10. Wer nominiert und bestimmt die Mitglieder des Beteiligungskomitees?

11. Welche Pflichten und Befugnisse hat das Beteiligungskomitee konkret gegenüber dem ÖBAG-Vorstand? 

12. Wie oft hat das Beteiligungskomitee seit seiner Formierung getagt? Bitte um Übermittlung des Sitzungskalenders inklusive Teilnehmerlisten. 

13. Hat das Beteiligungskomitee seit seiner Formierung Aufsichtsräte vorgeschlagen bekommen?

a.    Wenn ja: Bitte um Übermittlung einer Liste der Personen inklusive der infragegekommenen Mandate und Zeitpunkte.

14. Hat das Beteiligungskomitee seit seiner Formierung Personen in Aufsichtsräte von Unternehmen mit ÖBAG-Beteiligung entsendet?

a.    Wenn ja: Bitte um Übermittlung einer Liste der Personen inklusive ihrer Mandate und Bestellungszeitpunkte.