4360/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.11.2020
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

betreffend Arzneimittelrückstände im Trinkwasser

 

Spätestens seit dem Anfang der 90er-Jahre ist die Thematik rund um Arzneimittelrückstände im Trinkwasser präsent. In diesen Jahren wurden seitens der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) erstmals Arzneimittelrückstände im Grundwasser nachgewiesen. In einer der letzten Untersuchungen wurden im gesamten Bundesgebiet über 50 Grundwassermessstellen aufgestellt, um unser Wasser auf Rückstände zu überprüfen. Laut Messdaten wurden an sieben Grundwassermessstellen und fünf Trinkwassermessstellen bei zumindest einem Analyse-Durchgang Antibiotikawirkstoffe festgestellt. Die dabei ermittelten Konzentrationen lagen Großteils im Bereich von wenigen Nanogramm pro Liter. Während im Grundwasser neben Sulfamethoxazol weitere Antibiotikarückständen (wie Erythromycin, Lincomycin, Sulfadimidin und Sulfathiazol) detektiert wurden, wurde im Trinkwasser ausschließlich der Wirkstoff Sulfamethoxazol nachgewiesen. Dieser Wirkstoff wird sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin verwendet. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Rückstände keine toxikologischen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Dennoch können aber auch geringe Antibiotika-Konzentrationen (im Nanogramm-Bereich) zur Resistenzbildung von Bakterien beitragen und unerwünschte Synergieeffekte für die Gesundheit herbeiführen.


Ein ähnlicher Bericht bzw. eine Technikfolgen-Abschätzung über Arzneimittelrückstände im Trinkwasser wurde auch im Deutschen Bundestag diskutiert, wo klar zur Sprache kam, dass Arzneimittelrückstände durch Ausscheiden im Grundwasser und in die Gewässer gelangen. Diese Rückständen gelangen dann wiederum durch den Kreislauf in den menschlichen Körper. Beim Genuss von Trinkwasser sei derzeit laut Bericht nichts zu befürchten, aber aus Laborversuchen und ersten Felduntersuchungen gebe es interpretationsbedürftige Hinweise, dass Gewässerökosysteme durch Arzneimittelrückstände in Kombination mit anderen Mikroverunreinigungen beeinträchtigt werden können. Ergebnis war auch, dass insgesamt mehr Human- als Tierarzneimittel verbraucht wurden. In Böden, Oberflächengewässern und insbesondere in Kläranlagenabflüssen seien Arzneimittelrückstände in Konzentrationen von bis zu 10 µg/l, in Einzelfällen aber auch deutlich darüber gefunden worden. In einem Kläranlagenzulauf sei der Spitzenwert von 492 µg/l für das Schmerzmittel Paracetamol gemessen worden. In den Oberflächengewässern, in die Kläranlagen einleiten, finde sich meist eine um mindestens die Hälfte verringerte Konzentrationen. In einigen Regionen, wie dem hessischen Ried und in Teilen Berlins bestehe Handlungsbedarf, weil Grenzwerte überschritten wurden.

Der Bericht skizziert aber dennoch mögliche Schäden wie beispielsweise Beeinträchtigungen des Stoffwechsels, der Fortpflanzungsfähigkeit und des Wachstums, aber auch Verhaltensänderungen und im Extremfall der Tod von Organismen.

Österreich darf zu Recht stolz auf seinen Wasserschatz sein, der angesichts der global zunehmenden Wasserverschmutzung schützenswerter denn je ist. Ausgehend von Experten-Prognosen, wonach der weltweite Wasserbedarf bis 2025 um 40 Prozent steigen wird, ist es unabdingbar, dass Österreichs Wasserqualität im Sinne eines Generationenvertrages uneingeschränkt vor nachhaltiger Verunreinigung geschützt wird.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

 

Anfrage

 

1.    Wurden seitens Ihres Ministeriums Studien in Auftrag gegeben, die Arzneimittelrückstände in unseren Trink-, Grund- oder Oberflächengewässern dokumentiert?

2.    Wenn ja, wann wurde diese Studie in Auftrag gegeben?

3.    Wenn ja, mit welchem konkreten Ergebnis?

4.    Wenn nein, wird man seitens Ihres Ministeriums eine Studie in Auftrag geben?

5.    Wenn ja bei 4., wann?

6.    Wenn nein bei 4., warum nicht?

7.    Sind Sie als Bundesministerium über oben genannten Bericht des deutschen Bundestages informiert?

8.    Wenn ja, seit wann?

9.    Wenn ja, in welcher Form wurden Sie darüber informiert?

10. Wurden in den vergangenen Jahren tierische Erzeugnisse (Lebensmittel tierischer Herkunft) auf Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen untersucht (Aufschlüsselung nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

11. Wenn ja, auf welche Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen wurde untersucht (Aufgeschlüsselt nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

12. Wenn ja, in wie vielen Fällen und bei welchen Erzeugnissen wurden in den einzelnen Jahren Rückstände von Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen festgestellt (Aufgeschlüsselt nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

13. Wenn ja, in wie vielen Fällen wurden die höchst zulässigen Grenzwerten überschritten (Aufgeschlüsselt nach Erzeugnis, Ergebnis und Jahr)?

14. Wenn nein, warum nicht?

15. Wurden in den vergangenen Jahren lebende Tiere auf Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen untersucht (Aufschlüsselung nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

16. Wenn ja, Wenn ja, auf welche Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen wurde untersucht (Aufgeschlüsselt nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

17. Wenn ja, in wie vielen Fällen und bei welchen lebenden Tieren wurden in den einzelnen Jahren Rückstände von Tierarzneimittel und hormonell oder antibakteriell wirksame Substanzen festgestellt (Aufgeschlüsselt nach Jahr und dazugehörigem Ergebnis)?

18. Wenn ja, in wie vielen Fällen wurden die höchst zulässigen Grenzwerten überschritten (Aufgeschlüsselt nach Lebendtier, Ergebnis und Jahr)?

19. Wenn nein, warum nicht?

20. Wird man seitens Ihres Ministeriums weitere Studien in Auftrag geben, die Rückstände von Arzneimitteln in unseren Gewässern dokumentieren?

21. Wenn ja, wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen?

22. Wenn ja, welche Parameter werden für die Untersuchung herangezogen?

23. Wenn ja, wer wird die Studie durchführen?

24. Wenn nein, warum nicht?

25. Welche Maßnahmen wurden in der Vergangenheit seitens Ihres Ministeriums eingeleitet, um unsere Gewässer vor Arzneimittelrückständen zu schützen?

26. Welche Maßnahmen wird man seitens Ihres Ministeriums einleiten, um unsere Gewässer verstärkt vor Arzneimittelrückständen zu schützen?

27. Wird man sich seitens Ihres Ministeriums dafür einsetzen, dass die Zielsetzung des §4 des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung weiterhin verfolgt und umgesetzt wird?

28. Wenn ja, in welcher Form?

29. Wenn nein, warum nicht?

30. Aus welchen Quellen beziehen Sie ihre Informationen über die Verunreinigung der Gewässer bzw. des Trinkwassers mit Arzneimittelrückständen? (Bitte auflisten)

31. Stehen Sie mit den angrenzenden Nachbarstaaten bzw. den Mitgliedern der EU im Austausch über die Gefahr der Verseuchung des Trinkwassers mit Arzneimittelrückständen?

32. Wenn ja, inwiefern?

33. Wenn ja, in welchem institutionellem Rahmen?

34. Wenn nein, warum nicht?